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US-Patent gefährdet Rich Media Anwendungen

Immer neue Patente und Gerichtsverfahren nähren Zweifel am US-System für die Patentierung von Software. Der Blackberry-Erfinder Research in Motion (RIM) ist schon seit einem halben Jahr in den Schlagzeilen wegen eines Rechtsstreits mit NTP, zuletzt drohte ihm die Schließung seines E-Mail-Dienstes für die Blackberry-Handhelds in den USA. Nun macht das US Patent & Trademark Office mit der Erteilung eines weiteren Patentes die gesamte Internetwirtschaft unsicher.

Immerhin scheint RIM vorerst mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Das US-Patentamt erklärte nur einen Tag vor der Gerichtsverhandlung fünf Patente des Unternehmens NTP endgültig für ungültig. Das könnte den Sieg für RIM bedeuten, zumindest in der anberaumten Sitzung, in der über die Abschaltung des Blackberry-Dienstes entschieden werden soll. Doch NTP kann auch gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

Von Entwarnung in der IT-Industrie kann allerdings keine Rede sein – ganz im Gegenteil. So hat jetzt das bisher wenig bekannte Unternehmen Balthaser, ein Hersteller von Design-Tools, von der US-Patentbehörde Rechte verliehen bekommen, die “Methode, Systeme und Prozesse für das Design und die Erstellung von ‘Rich-Media’-Anwendungen über das Internet”, abdecken. “Das Patent umfasst alle Implementierungen von Rich Media, so etwa Flash, Flex, Java, Ajax, XAML sowie alle Geräte, die auf Rich-Media-Anwendungen über das Internet zugreifen: Desktops, mobile Geräte, Set-Top Boxen und Video-Spiele-Konsolen”, so Neil Balthaser, CEO und Chairman des Unternehmens. Jedoch werde sein Unternehmen in der Lage sein, für beinahe alle Technologien Lizenzen anzubieten.

Damit sind potentiell nicht nur Unternehmen wie Microsoft, Adobe, Yahoo oder andere betroffen, die sehr viel Energie auf multimediale Anwendungen über das Netz verwenden, sondern eben auch wieder einmal RIM. Gerade der mobile Bereich gilt vielen als künftige Spielwiese für Rich Media, wie zum Beispiel das Marktforschungsunternehmen Ovum in einer demnächst erscheinenden Studie zeigen wird. So setzten viele Untenehmen auf Konvergenzen bei Verbrauchern, mobilen Geräten und betrieblichen Anwendungen.

“Diese Ankündigung macht die wachsenden Probleme rund um geistiges Eigentum und Patenten in der IT-Industrie deutlich”, kommentierte Bola Rotibi, Senior Analystin beim Ovum. Zudem würden daraus wichtige Fragen erwachsen, wie etwa “was soll richtigerweise patentierbar sein”.

“Während sich Europa noch in Ausflüchten ergeht, um die Richtlinie für Softwarepatente auf eine amerikanische Linie zu bringen, zeigt das Balthaser-Patent und die daraus erwachsenden Probleme für führende Unternehmen, das Wohl und Wehe von Softwarepatenten”, so die Analystin Rotibi weiter. Sie mahnt daher auch, dass Europa sehr genau prüfen müsse, bevor man hier dem amerikanischen Vorbild folge.

Auch die Verhandlung RIM gegen NTP sei letztlich nicht nur ein Problem des kanadischen Unternehmens. Sollte ein Gericht tatsächlich entscheiden – was nach der rechtsgültigen Demontage der NTP-Patente zunächst sehr unwahrscheinlich scheint – , den Push-Dienst zu deaktivieren, hätte das weitreichende Folgen für die Wirtschaft, glaubt die Analystin.

Im Falle Balthaser könnten derzeit die Konsequenzen noch nicht sicher eingeschätzt werden. Angesichts der Größenverhältnisse glaubt sie jedoch, dass die Global Player vermutlich gemeinsam Balthaser bekämpfen oder kaufen.

Silicon-Redaktion

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