Microsoft macht Softwaremodellierung zum Mainstream

Softwaremodellierung ist praktisch, aber kompliziert. Microsoft will das ändern und die Modellierung auf so kleinen Maßstab herunterbrechen, dass sich die Anwenderzahl verzehnfacht.

Mit einer eigenen Modellierungssprache, eigenen Services und eigenen Werkzeugen will Microsoft in den Gewässern von IBM/Rational, Oracle, BEA oder Borland fischen. Ziel ist es, die Modellierung aus dem Elfenbeinturm zu holen und den Massen der Entwickler anzubieten, um mehr Transparenz und Vielfalt in die Services-Konstruktuion und -Beabreitungen zu bringen.

Die Werkzeuge laufen bisher unter dem Code-Namen ‘Oslo’. Erste Produkte werden nicht vor 2008 oder 2009 erwartet, Microsoft-Manager gaben aber auf der internen Microsoft Konferenzankündigung am Hauptsitz in Redmond, Washington, einen ersten Einblick. So wird die Funktion, die Softwaresilos aufbrechen und das Netzwerk selbst SOA-bereit machen soll, in den Betaversionen folgender neuen Produkte enthalten sein: ‘Microsoft System Center 5’, ‘BizTalk Server 6’, ‘BizTalk Services 1’, ‘Microsoft .NET Framework 4’ und ‘Visual Studio 10’.

Die Keynote wurde vom ehemaligen IBM-Experten Donald Ferguson gehalten, der inzwischen als Chief Architect bei Microsoft sein Brot verdient. Er sagte, dass Microsoft die Modellierung vereinfachen und verbreitern wolle. Ziel sei es, dass bald zehnmal mehr Entwickler Modellierung verwenden, als dies heute der Fall ist. Dafür wolle man das Konzept der Modellierung entschlacken. Modellierungskonzepte wie Unified Modelling Language gelten als kompliziert, aber auch sehr funktionsreich. Ihr Vorteil gegenüber dem Importieren und Exportieren von Daten und Codezeilen ist, dass sie die Funktionen gewissermaßen entkleiden und die reinen Services sichtbar machen. Dies ist möglich, weil Code direkt aus den Symbolen und der Syntax des Modells generiert werden kann.

Das geschieht in zwei Abfolgen: Das Modell reflektiert vorgenommene Änderungen direkt auf den Code und Änderungen, die im Code vorgenommen werden, sind sofort im Modell sichtbar. Diese Transparenz macht die Modellierung zur idealen Methode, um Anwendungen als Bindeglied zwischen IT und Business zu verwenden. Nebenbei fällt die Handarbeit des Programmierers bei jeder Änderung weitgehend weg. Microsoft setzt deshalb auf die modellgetriebene Entwicklung. Robert Wahbe, Corporate Vice President, sagte, dass dieser Ansatz ein Schlüsselbaustein bei Microsofts Strategie werde. Er fügte hinzu, dass es zwar heute bereits viel Modellierung gebe, diese aber in den Silos gefangen sei. Microsofts Philosophie sei aber, die Silos aufzubrechen und die Modelle selbst wie eine Anwendung zu handhaben.

Dazu gehört eine gemeinsame Plattform, die die Services integrieren und mit dem Modell verbinden kann. Sie soll als Funktion in die genannten Produkte eingebaut werden. Mit Oslo-Techniken sollen die Modelle verknüpft und zu einer SOA-Fabrik gemacht werden, die die Anwendungen und Funktionen nicht mehr getrennt voneinander betrachtet, sondern interagieren lässt. SOA-Services und SOA-basierende Anwendungen sollen so viel einfacher ausgerollt werden können. Und die Nutzer sollen mehr Überblick behalten. Ferner ist ein Respository geplant, das für die Metadaten in Oslo zuständig ist und in die Server und Werkzeuge eingebaut werden soll, was zusätzlich Tempo bringen kann.

Die Manager betonten, dass es sich bei Oslo nicht um ein bestimmtes Produkt, sonder eine Änderung in allen mit SOA betrauten Produkten handle. Bisher bei Microsoft bestehende Modellierungswerkzeuge wie ‘Whitehorse’ innerhalb von Visual Studio sollen die in Oslo verwendete Technik und Philosophie nach und nach annehmen. Steven Martin, Director of Product Management der zuständigen Microsoft-Abteilung, sagte: “Dies ist ein sehr ambitioniertes Projekt und wir messen unseren Erfolg daran, dass wir Modellierung zum Mainstream machen; wir wollen sie für die Massen verfügbar machen.”

Dasselbe gilt für den SOA-Ansatz, den Microsoft ebenfalls noch einmal betonte. Der ‘Internet Service Bus’ ist für Microsoft das Bindeglied zwischen den Services und Funktionen. Auch hier gilt, dass die Anwender ihre bekannten Produkte weiter nutzen sollen. Was Oslo betrifft, so gab es aber schon erste kritische Stimmen. Dwight Davis, Analyst bei dem britischen Marktforscher Ovum Research, ist nicht überzeugt. Er sagte, dass er die Ankündigung nur als Skizze betrachten könne. Es fehlten noch viele Details und Erklärungen. Besonders würde ihn interessieren, ob und wie dieser umfassende Ansatz in der Techniktiefe mit anderen Modellierungsansätzen und -Sprachen, wie der allseits verwendeten Business Process Execution Language (BPEL) korrespondiert.