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Wann darf ein PC eingezogen werden?

Worum ging es? Im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens hatte sich der Angeklagte “wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes” strafbar gemacht, berichtet die Hamburger Kanzlei Dr. Bahr. In mehreren Fällen rief er bei der Polizei an, schilderte ausgedachte Sachverhalte und belästigte die Beamten. Dabei nahm er die Anrufe auf und speicherte die Gespräche auf seinem Notebook. Keiner der Gesprächsteilnehmer erklärte sich mit der Aufzeichnung des Telefonanrufs einverstanden.

Die Richter entschieden zunächst, dass das sichergestellte Notebook eingezogen werden soll. Nachdem der Angeklagte Rechtsmittel eingelegt hatte, urteilte das Landgericht, dass die Anordnung der Einziehung entfallen kann. Die unzulässig gespeicherten Daten müssten aber gelöscht werden. Dagegen wiederum wehrte sich die Staatsanwaltschaft.

Die Richter des Oberlandesgerichts entschieden schließlich, dass “die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht ausreichten, um eine Prüfung im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit einer Einziehung eines Computers vorzunehmen”. Denn grundsätzlich dürfe die Einziehung eines Notebooks nicht angeordnet werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen getroffen werden könnten.

Die Löschung der unzulässig gespeicherten Daten sei zwar weniger einschneidend, jedoch habe das Landgericht es versäumt, konkrete Feststellungen hierüber zu treffen. Denn eigentlich sei die angeordnete Rechtsfolge, die unzulässigen Daten zu löschen, gesetzlich so nicht vorgesehen – und überdies nicht vollstreckbar. Nur wenn die Richter die Anordnung im Urteilstenor konkretisiert hätten, wäre die Vollstreckung hinsichtlich einer Datenlöschung möglich gewesen.

Dazu gehöre beispielsweise wie groß der finanzielle Aufwand sein werde, um die Daten nachhaltig von der Festplatte zu entfernen; ob die Wiederherstellung der Daten möglich sei; ob Fachleute notwendig seien und welche Daten genau gelöscht werden sollten. Um eine nachvollziehbare Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, hätte es letztlich auch genauer Aussagen darüber bedurft, welchen Wert das Notebook habe, welche Leistungsfähigkeit, welches Alter und welchen Zustand.

Silicon-Redaktion

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  • Mal wieder eine komplett blödsinnige Entscheidung...
    ... Hätte es nicht gelang die Festplatte SICHER zu löschen?
    Entsprechende zertifizierte Tools gibt es genügende!
    Notfalls hätte man auch die Festplatte einziehen können...

    :o

  • Da fehlte aber gehörig Sachverstand
    Wie blöd ist das denn? Oder zeigt es uns nur die reale Wirklichkeit, dass Behörden/Staatsanwaltschaften/Gerichte immer noch mit dem Thema "IT" oder "PC" völlig überfordert sind? Wenn man keine Ahnung hat, könnte man zumindest jemanden fragen, wie man sicher löscht oder Festplatten ausbaut. Schließlich nimmt man dem Verkehrssünder auch "nur" den Führerschein und nicht das Auto weg.

  • Nur die Pappe
    "Schließlich nimmt man dem Verkehrssünder auch "nur" den Führerschein und nicht das Auto weg."

    Kommt auf das vergehen an, in schwereren Fällen wird auch das Tatwerkzeug beschlagnahmt. Und wenn unter anderem noch "Fahren ohne Führerschein" im Spiel war, ...

    Das Ausbauen der festplatte entspräche eher dem Abmontieren der Felgen ...

  • Rictig Klaus
    ...und um deine Ausführung noch weiterzuführen:

    Das Geld für die neue Platte hole ich mir dann auch ganz schnell vom Staat zurück, denn bei Rechnerbeschlagahmen wird meist der Zustand nicht dokumentiert und ich kann jegliches kleines Kratzerchen bei der Rückagbe bemängeln.

    Ist im übrigen beim Auto auch so: Wenn man abgeschleppt wird und der Beamte nicht jeden Schaden dokumentiert hat, kann man den Abschlepper dafür haftbar machen...

    BTW: Wenn der Rechner mal unrechtens mitgenommen wird und nichts drauf gefunden: Immer dem eigenen Anwalt sagen, dass der Rechner sich in einem neuwertigen Zustand befand... denn so wie mit den Dingern umgegangen wird, kann man da durchaus einen Euro fuffzig rausholen...

  • Ich stand auch davor
    Bei mir sollte der PC beschlagnahmt werden, obwohl mir keine Straftat vorgeworfen wurde.

    Sachlage:
    Mehrere Leute hatten in meinem öffentlichen Forum Bilder von Personen eingestellt, und diese dabei auf eine lustige Art verändert. Es ging dabei um Dozenten, die eigentlich gar keine waren.

    Der Staatsanwalt ging zum Richter und erklärte ihm, die persönlichen Daten dieser Benutzer seien auf meinem privaten PC abgelegt. Daraufhin genehmigte der die Beschlagnahmung.

    Ich bin vorher in keiner Weise zur Mithilfe aufgefordert worden, ich wusste von gar nichts.

    Glücklicherweise lief die Kripo in der falschen Wohnung auf, aus der ich Monate zuvor ausgezogen war. Meine Ex freute sich über den Besuch morgens um sieben Uhr.

    Danach erfuhr ich per Telefon direkt vom Kripobeamten - der mich auch persönlich kannte - dass sie es nicht wieder versuchen werden, meinen PC zu beschlagnahmen und ich ihnen doch bitte die Daten so aushändigen solle. Ich konnte ihnen allerdings nur mehrere Monate alte IP-Adressen nennen, die natürlich nicht weiterhalfen und so wurden die Klagen ad acta gelegt.

    Soviel zu unserem Rechtssystem! Es reicht, wenn ein Staatsanwalt GLAUBT, auf einem privaten PC könnten sich Daten wie z.B. Emails anderer Leute befinden und schon steht die Kripo vor der Tür.

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