BGH-Urteil könnte Software-Patente erleichtern

Mit dem Antrag DE000010232674A1 vom 18. Juli 2002 wollte Siemens ein ‘Verfahren zur dynamischen Generierung strukturierter Dokumente’ patentieren lassen. Das Patentamt wies den Antrag jedoch wegen “Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit” zurück. Siemens legte daraufhin Beschwerde beim Bundespatentgericht ein – das der Argumentation des Konzerns allerdings ebenfalls nicht folgte. Nach dem Beschluss des Technischen Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts vom 17. Januar 2008 beinhaltete der Siemens-Antrag konzeptionelle Überlegungen und keine technische Mittel.

Voraussetzung für die Patentierbarkeit von Software ist jedoch, dass eine so genannte “Technizität” vorliegt. Das bedeutet, dass von der Software ein bestimmter technischer Beitrag geleistet wird. Schlichte Programmabläufe oder einzelne Code-Zeilen als solche sind in der Regel nicht patentfähig. “Es ist jedoch möglich, Patentschutz zu bekommen, wenn durch die Software ein bestimmter technischer Beitrag geleistet und ein bestimmtes technisches Problem gelöst wird”, sagte Boris Kreye, Rechtsanwalt für Patentrecht bei der Kanzlei Bird & Bird, gegenüber silicon.de.

In der Beschwerde gegen den Beschluss des Bundespatentgerichts machte Siemens denn auch geltend, dass Programme technisch seien. Computer und deren Programmierung gehörten zur Technik. Der Bundesgerichtshof schloss sich dieser Argumentation an. Für die Technizität reiche es aus, “wenn die Lösung … darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt”, heißt es im Urteil. Diese Voraussetzung sei in der Streitsache erfüllt. Der Bundesgerichtshof wies den Fall daher an Bundespatentgericht zurück.

Fotogalerie: Bildergalerie: Die untote Patent-Debatte

Klicken Sie auf eines der Bilder, um die Fotogalerie zu starten

Open-Source-Aktivisten befürchten nun, dass Software in Deutschland bald prinzipiell als patentierbar angesehen wird. Florian Müller, prominentester deutscher Software-Patent-Gegner, glaubt, dass Patentinhaber verstärkt versuchen könnten, ihre Forderungen vor Gericht durchzusetzen. Er zieht zudem Parallelen zum US-Verfahren Bernard L. Bilski and Rand A. Warsaw, das der ‘US Supreme Court’ Ende des Jahres 2009 entschied.

Page: 1 2

Silicon-Redaktion

Recent Posts

Kubernetes in Cloud-Umgebungen

Ein elementarer Bestandteil einer effektiven Cloud-Strategie ist nach erfolgter Implementierung die künftige Verwaltung des Dienstes.

20 Stunden ago

Aras erweitert seine PLM-Plattform

Die Neuerungen sollen den Digital Thread, die Low-Code-Entwicklung, die Visualisierung komplexer Baugruppen und das Lieferantenmanagement…

22 Stunden ago

Manufacturing-X: Zurückhaltung überwiegt

Eine Bitkom-Umfrage attestiert der Datenraum-Initiative des Bundes hohe Bekanntheit in der Industrie. Doch noch ist…

23 Stunden ago

Ransomware „Marke Eigenbau“

Ransomware-as-a-Service ist ein lukratives Geschäft und in den Händen professionell organisierter Gruppen. Jetzt können Kriminelle…

2 Tagen ago

Bad Bots: Risikofaktor mit hohen Folgekosten

Bad Bots richten nicht nur wirtschaftlichen Schaden an. Laut dem Bad Bot Report von Imperva…

3 Tagen ago

IT-Verantwortliche setzen auf KI-Hosting in Europa

Studie von OVHcloud verdeutlicht Stellenwert von Datenresidenz und Datensouveränität bei KI-Anwendungen.

4 Tagen ago