Chips zum Aufsprühen rücken näher

Wenn sich die neuesten Forschungsprojekte aus der Chipindustrie gut entwickeln, dürfte es nicht mehr allzu lange dauern, bis Zeitschriften Videos abspielen können oder Speicherchips einfach aus dem Tintenstrahldrucker kommen. Unabhängig voneinander haben TDA Research und Xerox zwei Verfahren vorgestellt, die diese Visionen ein Stückchen mehr Wirklichkeit werden lassen. Dabei werden Transistoren aus Kunststoff anstatt wie bisher aus Silizium hergestellt.
Dieser Wechsel des Materials könnte die Kosten für Computerbildschirme drastisch reduzieren, da Chiphersteller nicht mehr in teuren Fabriken Halbleiter herstellen müssten, die diese Geräte unterstützen. Mindestens genauso wichtig ist, dass mit Hilfe der Technologie mehr Geräte ans Internet angebunden werden könnten, weil elektronische Verbindungen über einen dünnen Film oder formbares Material abgewickelt werden könnten. So könnte zum Beispiel ein dünner Bildschirm in ein Magazin eingebunden und drahtlos mit einer Website verbunden werden.

Xerox hat in seinem Projekt ein Molekül entwickelt, das als Halbleiter eingesetzt werden kann und auch unter Umwelteinflüssen relativ stabil bleibt. Hersteller müssten also nicht eine derart keimfreie Umgebung schaffen, wie sie derzeit für die Chipproduktion nötig ist. Das Molekül kann in einer normalen Umgebung aufgesprüht werden. Ist das geschehen, orientiert es sich selbständig an seinem Nachbarmolekül und baut sich so selbständig zu einer Struktur auf, die Ladungen transportiert.

Zusätzlich hat Xerox noch zwei weitere Moleküle entwickelt. Eines kann ähnlich wie Metall Strom leiten, das andere fungiert als Isolator. Alle drei zusammen könnten die Herstellung von bedruckbaren Chips ermöglichen.

Unterdessen stellte TDA in der vergangenen Woche Oligotron vor, ein leitfähiges Polymer, das für die kostengünstige Produktion von Solarzellen oder Umgebungssensoren eingesetzt werden kann. Im Gegensatz zu anderen leitfähigen Polymeren lässt sich Oligotron formen. Um das zu erreichen, haben die Forscher die Molekülstruktur verändert und ein spezielles Lösungsbad entwickelt. Darin könnten Hersteller zum Beispiel eine Wasserflasche aus Oligotron formen. Wenn sie fertig ist, könnte diese Flasche dann Signale aussenden, zum Beispiel an das Inventur-Gerät eines Supermarktes.
Beide Experimente gehören zur Nanotechnologie, weil sich die spezifischen Eigenschaften erst entpuppen, wenn die Molekularstruktur des Materials verändert wurde. Keines der Materialen wird jedoch vorerst Silizium den Rang bei der Chipproduktion ablaufen. Dafür sind die Plastikchips viel zu groß. Die Schaltkreise von Xerox messen zwischen 20 und 50 Micron, Intel baut derzeit Chips mit 90 Nanometer. Ein Micron ist 1000 Mal größer als ein Nanometer.

Der Xerox-Wissenschaftler Beng Ong sagte jedoch, die neu entwickelten Chips seien immer noch klein genug, um zum Beispiel ein PDA-Display zu entwickeln. “Innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre könnte es bereits so etwas wie ‘niedrig-Leistung’-Displays’ auf dem Markt geben, die aus solchen Materialien gemacht sind.”

Silicon-Redaktion

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