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Die Waschmaschine oder Sex, Trucks and IT

Es ist ein Wahnsinnsgefühl: Die Waschmaschine rutscht über die oberste von 54 Stufen – und der Schmerz in den Armen des schmalbrüstigen Schreibers am anderen Ende des elendschweren Haushaltsgeräts lässt nach. Die Erleichterung, die man bei sowas spürt, ist schier unbeschreiblich.

Gut, sie mag etwas irritierend sein, diese Einleitung: Aber: Honi soit qui mal y pense. – Dass manche Leute immer nur das Eine im Kopf haben!

Das Muskelpaket, das beim Umzug hilft – ein Kollege, der in seiner Freizeit Rugby spielt – meint, das hilft, wenn’s wehtut. Es lenkt ab.

Mag ja sein. Aber es ist doch arg weit hergeholt. Viel näher liegt da doch, beim Umzugskisten-Schleppen an die Computerei zu denken.

Hier liegen die Parallelen schließlich auf der Hand. Beispielsweise ist in beiden Fällen die Legacy das größte Problem. Gut eine Tonne – soviel wiegen 50 Regalmeter Bücher.

Digitalisiert passten sie locker auf einen USB-Stick. So aber füllen allein die Bücherkisten den Laderaum des gemieteten Kleinlasters. Und der heißt nur “Klein…”. Wenn man einen Zweisitzer gewohnt ist, kommt man sich hinter seinem Steuer vor wie in der Fahrerkabine eines veritablen Trucks.

Andererseits kann kein USB-Stick richtige Bücher ersetzen. Wenn man so eins liest, dann hinterlässt das Spuren – bei beiden. Der Leser ist hinterher klüger. Und auf den papierenen Seiten erinnern Kaffee- und Rotweinflecken an die Stunden, während der man sich das Buch geistig einverleibt hat. Nimmt man den Band später zur Hand, kann man sich sofort den Augenblick wieder vergegenwärtigen, als man vor Begeisterung über einen trefflich formulierten Gedanken das Glas umstieß.

Sowas lässt sich nicht digitalisieren. Files mit Rotweinflecken sind gänzlich unbekannt.

Ähnlich ist’s in der IT. Früher hat man mit der Kommandozeile den Rechner zu seinem willigen Werkzeug gemacht. Das war was! Mit Wissen und Können eine hochkomplexe Technologie zu beherrschen.

Wer sowas gelernt hat, wird sich nie mit einem tumben Vista-PC anfreunden können, der nie macht, was man will, und sich statt dessen ständig erdreistet, seinem Besitzer mit verquasten Systemmeldungen zu sagen, er solle tun, was sein degeneriertes Betriebssystem gerade für angebracht hält.

“Nirgendwo gibt’s so viele Unterschiede wie in der Installation”, sagt der Klempner, der die Waschmaschine anschließen soll. Das stimmt nicht, in der IT sind’s mehr. Dort nennt man sowas Standards.

Aber um einen Branchenvergleich geht’s dem Mann gar nicht. Er möchte nur erklären, warum er wieder die richtige Dichtung nicht dabei hat und deshalb noch eine Arbeitsstunde und eine weitere Anfahrt abrechnen wird.

Dann doziert er noch über Eckventile, Panzerschläuche und Druckdichtungen. Aus guten Gründen spart man sich die Bemerkung, dass es in der IT ebenfalls viele kompliziere Wörter gibt, die wiederum der Klempner nicht kennt. Das würde die Aktion zeitlich nur unnötig in die Länge ziehen. Und Installateursstunden sind teuer.

Mit IT hat der Mann nichts am Hut. Trotzdem kommt einem so bekannt vor, was er sagt: Das Anschlussrohr für die Waschmaschine sei ganz schlecht verlegt worden. – Das muss wohl vor 40 Jahren gewesen sein, als das Haus gebaut wurde.

“Eine Garantie übernehmen könne er nicht”, sagt der Klempner: Erst redet er klug daher, gibt vor, sachkundig zu arbeiten, und dann schiebt er für den Fall, dass etwas nicht funktioniert, die Verantwortung anderen zu.

Woher kennt man dieses Muster bloß? – Genau, vom Windows-Geräte-Manager. Dessen Funktion besteht schließlich auch darin, die Schuld bei anderen zu suchen – “Überprüfen Sie, ob sämtliche Kabel angeschlossen sind” – und dann vorzugeben, sie dort gefunden zu haben: “Wenden Sie sich an den Hersteller.”

Allerdings funktioniert die Waschmaschine inzwischen einwandfrei – im Unterschied zu Vista. Insofern hat man nach all der Plackerei ein besseres Gefühl als manchmal vorm Rechner, wo man sich doch vermeintlich auskennt.

Aber eins wünscht man sich halt auch bei einem Umzug: ein bisschen Virtualisierung. Eine Klasse-Technik, die’s nur in der IT gibt. Virtuelle Maschinen lassen sich live an einen neuen Standort migrieren. Der Arbeitsspeicher des Zielrechners wird überschrieben. Und schon hat sie dort alle Verbindungen und Anschlüsse, die sie braucht und kann sofort ihren Dienst aufnehmen.

Sowas müsste man mal so einer elendschweren Waschmaschine beibringen. Dann bräuchte man, an der 54. Stufe nicht an Sex zu denken. – Dafür gibt’s schließlich passendere Gelegenheiten.

Silicon-Redaktion

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