Kommentar: Wer braucht schon China?

Kommentar – Für Westeuropäer gibt es in Sachen China einige Gewissheiten. Etwa: “China ist die kommende Weltmacht”, “Shanghai ist das New York des 21. Jahrhunderts” oder “Mein Sohn soll chinesisch lernen.” Oder um es einmal mit Spiegel-Titeln aus den vergangenen Jahren zu sagen: China – Geburt einer Weltmacht (42/2004), China gegen USA – Kampf um die Welt von Morgen (32/2005) oder Angriff aus Fernost – Weltkrieg um Wohlstand (37/2006).

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Im Gegensatz zum chinesischen Staat ist Google als rational handelnde Institution bekannt. Wenn der Konzern China jetzt den Rücken kehrt, wirft das neue Fragen auf. Wie viel können westliche Firmen dort wirklich verdienen? Wird der Markt im Westen überschätzt?

Fakt ist: Google und andere High-Tech-Firmen backen in China bislang eher kleine Brötchen. So erzielte IBM im Geschäftsjahr 2009 in der Asien-Pazifik-Region 21,6 Prozent des gesamten Umsatzes – zur Region gehören auch noch Indien, Japan, Taiwan, Südkorea und Hong Kong. Chinas Beitrag zum IBM-Umsatz dürfte sich im einstelligen Prozentbereich bewegen. Oracle machte im Geschäftsjahr 2009 in der Asien-Pazifik-Region 14,5 Prozent des Gesamtumsatzes, auch hier entfallen nur wenige Prozent auf China.

Mit welchem Aufwand dieser Umsatz erzielt wurde, ist nicht bekannt. Wie hoch sind die Verbiegungskosten? Wie hoch sind die Ausgaben dafür, ein marktwirtschaftlich gewachsenes Unternehmen an die Geschäftsbedingungen eines autoritären Staates anzupassen? Wie hoch sind die Schizophrenie-Kosten – die Kosten dafür, als Niederlassung anderen Werten zur folgen als die Muttergesellschaft? Sind diese Mittel in Forschung und Entwicklung oder im Marketing sinnvoller investiert?

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Silicon-Redaktion

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  • High Tech für China ...
    ... ist oft genüg sägen am eigenen Ast. Die Zertifizierungen, die der Staat dort beispielsweise für Produkte in der Automobilindustrie verlangt, laufen auf die vollständige Offenlegung des Know Hos hinaus - ein Schelm, der schlechtes dabei denkt.

    Und ein wenig Moral darfs schon auch sein. Die Vorgänge um Goggle zeigen, dass eher die Hölle zufriert als dass China seiner Bevölkerung die Menschenrechte zubilligt, für die im Westen jahrhundertelang gestritten wurde. Aber Geiz ist halt geil, und ausserdem lässt sich mit einer 5000 Tausend Jahre alten "Kultur" alles rechtfertigen. Also werden wir weiter dort einkaufen und uns wundern, warum bei uns die Arbeitsplätze immer weniger werden.

  • anpassungsaufwände
    das ist eine sehr gute frage, die hier gestellt wird, jenseits aller irrationalitäten die kulturkosten zu berechnen. ich lebe in istanbul und schon hier stellt sich meiner meinung nach diese frage, angesichts von 58% piraterie-marktanteil im konsumgüterbereich. ich habe hier gelernt, auf keinen fall irgendwelche ideen zu äussern, denn der respekt vor dem geistigen eigentum existiert (schon) hier nicht. erst recht offenbar noch weiter östlich.

    wieviel kostet die anpassung an eine kultur, die der eigenen kultur nicht nur zuwiderläuft sondern sie sogar beeinträchtigt? wieviel vorhandene und uns bezahlende kunden - so googles zentrale frage - enttäuschen und verlieren wir potenziell für wie viele optionale kunden, über deren verhalten wir ehrlicherweise nichts wissen?

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