Kämme aus Licht ermöglichen Datenübertragung mit bis zu 1,4 TBit/s

Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Schweizer École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) haben in einer Studie dargelegt wie die Hochgeschwindigkeitskommunikation mit kohärenten Übertragungsverfahren funktioniert. Dafür haben sie miniaturisierte optische Frequenzkammquellen verwendet. Diese ermöglichen Übertragungsraten von bis zu 1,44 TBit/s über Hunderte Kilometer. Den Forschern zufolge entspricht dies dem Datenaufkommen von mehr als 100 Millionen Telefongesprächen.

Mit optischen Frequenzkämmen sind Übertragungsraten von bis zu 1,44 TBit/s über Hunderte Kilometer möglich. (Bild: Karlsruher Institut für Technologie (KIT))

Die Wissenschaftler John Hall und Theodor W. Hänsch erhielten für die Erforschung der optischen Frequenzkämme 2005 den Nobelpreis für Physik. Die Kämme sind aus tausenden von dicht benachbarten Spektrallinien aufgebaut. Die Abstände der Linien sind dabei genau gleich und genau bekannt. Momentan kommen Frequenzkämme in hochgenauen optischen Atom-Uhren oder als optisches Lineal für die hochpräzise Messung von Frequenzen zum Einsatz.

Bislang können Frequenzkammquellen nicht für den massenhaften Einsatz in der Datenübertragung genutzt werden. Sie sind zu groß und zu teuer. Zudem ist der Abstand der Linien in konventionellen Frequenzkämmen meist zu gering. Somit entsprechen sie nicht dem klassischen Kanalabstand von mehr als 20 GHz, wie er in der Telekommunikation zu finden ist.

Die Wissenschaftler des KIT und der EPFL konnten nun integriert-optische Frequenzkammquellen mit großen Linienabständen auf nanophotonischen Chips realisieren. Somit lassen sie sich auch zur Übertragung großer Datenmengen verwenden. Dazu nutzen sie einen optischen Mikroresonator aus Silizium-Nitrid, in den Laserlicht über einen Nanowellenleiter eingekoppelt und sehr lange gespeichert wird.

“Aufgrund der hohen Lichtintensität im Resonator entstehen dabei über den sogenannten Kerr-Effekt aus einem einzigen Laserstrahl viele Spektrallinien, die zusammengenommen einen Frequenzkamm ergeben“, erklärt Jörg Pfeifle, der das Übertragungsexperiment am KIT durchgeführt hat.

Diese Methode zur Erzeugung von sogenannten Kerr-Frequenzkämmen hat Tobias Kippenberg von EFPL im Jahr 2007 entdeckt. Kerr-Kämme verfügen über eine große optische Bandbreite. Zudem ist es mit ihnen möglich Linienabstände zu erzeugen, die den Anforderungen der Datenübertragung entsprechen. Die Herstellung der notwendigen Mikroresonatoren findet im Zentrum für Mikro-Nanotechnologie der EPFL statt.

“Wir gehören weltweit zu den wenigen universitären Forschungsgruppen, die solche Proben überhaupt herstellen können“, kommentiert Kippenberg. Die finanziellen Mittel der Arbeiten stammen vom Schweizer Programm “NCCR Nanotera” sowie von der Europäischen Weltraumagentur ESA.

“Der Einsatz von Kerr-Kämmen könnte vor allem die Kommunikation innerhalb von Datenzentren revolutionieren, da besonders dort kompakte Übertragungssysteme mit hoher Kapazität benötigt werden“, sagt Christian Koos, der die Arbeiten im Rahmen eines vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Starting Independent Researcher Grants koordiniert.

“Wir stehen dabei erst am Anfang – im gegenwärtigen Experiment nutzen wir lediglich 20 Linien des Frequenzkamms. Das lässt sich noch weiter steigern; neue Experimente sind bereits geplant.“ Die Arbeiten werden durch die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung unterstützt.

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Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

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