Digitalisierungsschub durch Corona, aber Deutschland liegt im Mittelfeld

KfW-Digitalisierungsbericht: 35 Prozent der KMUs in Deutschland haben Digitalisierungsaktivitäten ausgeweitet.

KfW Research hat für den neuen KfW-Digitalisierungsbericht auf Basis des repräsentativen KfW-Mittelstandspanels analysiert, wo der deutsche Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft nach zwei Jahren Coronakrise in Sachen Digitalisierung steht. Das Ergebnis stimmt vorsichtig optimistisch: Insgesamt hat die Pandemie einem Schub bei der Digitalisierung ausgelöst, bis Herbst 2021 haben 35 Prozent der 3,8 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen hierzulande ihre Digitalisierungsaktivitäten ausgeweitet, fast ebenso viele ihre Aktivitäten beibehalten, aber nur 6 Prozent gedrosselt oder ganz eingestellt. Der Schub konzentriert sich nicht nur auf die Anfangsphase der Pandemie, sondern hat sich im Krisenverlauf – allen Schwierigkeiten der Unternehmen zum Trotz – sogar verstärkt. Eine wesentliche Motivation für Digitalisierungsaktivitäten liegt in der Erwartung der mittelständischen Unternehmen, dass sich die Nachfrage dauerhaft hin zu digitalen Angeboten und Vertriebswegen entwickelt. 

Digitalisierung ist Baustein für Sicherung von  Wohlstand und Freiheit

“Deutschland liegt bei der Digitalisierung nur im Mittelfeld. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine führt uns schmerzhaft vor Augen, wie schnell sich abstrakte Risiken in konkrete Bedrohungen verwandeln können. Im Bereich der Digitalisierung hat der Krieg die Bedrohungslage durch Cybercrime verschärft. Wir müssen uns bewusst sein, wie stark wir von Rohstoffen abhängig sind, und wie intensiv der weltweite Wettstreit darum sich entwickelt. Deutschland kann sich dabei keine Schwächen bei der Digitalisierung erlauben – sie ist vielmehr ein Baustein, um unseren Wohlstand und unsere Freiheit auch zukünftig zu sichern”, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. “Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass von der Corona-Pandemie ein Schub auf die Digitalisierung ausgeht. Mehr Unternehmen haben von der Notfalldigitalisierung auf eine strategische Neuausrichtung umgeschaltet. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, die Unternehmen dabei zu unterstützen, damit sich aus diesem Impuls ein nachhaltiger Trend entwickelt.”

Deutsche Wirtschaft schöpft Digitalisierungspotenzial noch nicht aus

Schon immer ist die Digitalisierung im deutschen Mittelstand stark auf den Vertrieb ausgerichtet – und dies ist während der vergangenen Pandemiejahre so geblieben: Die Digitalisierung des Kontakts zu Kunden und Zulieferern ist mit 58 Prozent weiterhin das am häufigsten durchgeführte Digitalisierungsprojekt. Damit einher geht, dass der Online-Umsatz 2021 mit 302 Milliarden Euro im Vergleich  zu 2019 und 24 Prozent zugelegt hat. Ein Selbstläufer dürfte die Digitalisierung im Mittelstand aber dennoch nicht werden, denn insgesamt schöpft die deutsche Wirtschaft das Potenzial, das die Digitalisierung bietet, noch nicht aus: Komplexe Digitalisierungsprojekte finden weiterhin zu selten statt: Maßnahmen wie die Verknüpfung von IT zwischen betrieblichen Funktionsbereichen, die Reorganisation von Arbeitsabläufen und die Digitalisierung auf der Angebotsseite haben nur zwischen 31 und 22 Prozent der Unternehmen mit Digitalisierungsprojekten durchgeführt. Vorreiter sind und bleiben auch während der Pandemie die großen Mittelständler sowie Unternehmen, die Forschung und Entwicklung fest in ihr Geschäftsmodell integriert haben.

Ein Viertel der Unternehmen ohne Digitalisierungsaktivitäten

Auch hinsichtlich des Anteils der Unternehmen, die sich überhaupt bei der Digitalisierung engagieren, bleibt Wachstumspotenzial: Ein Viertel der Unternehmen weist auch während der Corona-Pandemie unverändert keine Digitalisierungsaktivitäten auf. Selbst die Basisschritte wie die Digitalisierung des Kontakts zu Kunden werden nicht angegangen. Auch hier zeigen sich gravierende Unterschiede zwischen großen und kleinen Mittelständlern. Bis September 2021 verstärkten 62 Prozent der großen Mittelständler (50 und mehr Beschäftigte) ihre Digitalisierungsaktivitäten, während dies nur für 32 Prozent der Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten gilt. Unverändert keine Digitalisierungsaktivitäten weisen von den großen Mittelständlern lediglich 5 Prozent auf, bei den kleinen Unternehmen sind es 28 Prozent.

 

Zum Bericht
Der KfW-Digitalisierungsbericht basiert auf dem KfW-Mittelstandspanel, das als schriftliche Wiederholungsbefragung der Unternehmen in Deutschland mit einem Umsatz von bis zu 500 Millionen Euro im Jahr durchgeführt wird. Das KfW-Mittelstandspanel liefert repräsentative Daten für sämtliche mittelständische Unternehmen aller Größenklassen und Branchen in Deutschland.