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EU-Parlament verabschiedet Gesetze für digitale Dienste

Das Europarlament hat neue Gesetze für die Regulierung digitaler Märkte und Dienste verabschiedet. Es setzte damit die im Frühjahr getroffene Einigung mit dem Rat der Europäischen Union um. Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) und das Gesetze über digitale Märkte wurde mit 539 zu 54 beziehungsweise 588 zu 11 Stimmen angenommen.

Beide Gesetze folgen der Vorgabe, wonach was außerhalb des Internets verboten ist, auch im Internet verboten sein sollte. So werden Anbieter digitaler Dienste wie soziale Medien dazu verpflichtet, gegen die Verbreitung illegaler Inhalte vorzugehen. Dazu zählen auch Desinformationen. Neben schnellen Reaktionen sieht das Gesetz auch vor, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie der Datenschutz dabei gewahrt werden müssen.

Auf Online-Marktplätzen sollen Kontrollen und Stichproben dafür sorgen, dass illegale Inhalte verschwinden und nicht wieder auftauchen. Außerdem werden irreführende Geschäftspraktiken verboten. Die EU untersagt zudem bestimmte Formen zielgerichteter Werbung wie Werbung für Kinder und Werbung auf der Grundlage sensibler Daten.

Strengere Regeln für große Anbieter und Gatekeeper

Anbieter müssen künftig auch schärfere Transparenzregeln einhalten. Dazu gehören klare Informationen über die Moderation von Inhalten und die Nutzung von Algorithmen für die Empfehlung von Inhalten. Nutzer sollen außerdem die Möglichkeit erhalten, Entscheidungen über die Moderation von Inhalten anzufechten.

Welche Regeln tatsächlich für einen Anbieter gelten, hängt auch von dessen Größe ab. Strengere Auflagen gelten für Online-Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen Nutzern pro Monat. Sie beziehen sich unter anderem auf illegale Inhalte mit nachteiligen Auswirkungen auf Grundrechte und Wahlprozesse. Diese Betreiber müssen Behörden und zugelassenen Forschern auch Zugang zu ihren Daten und Algorithmen gewähren.

Das Gesetz über digitale Märkte legt vor allem Verpflichtungen für große Online-Plattformen fest, die als sogenannte Gatekeeper eingestuft sind. Das Gesetz definiert sie als Plattformen, die über den Marktzugang entscheiden und denen Verbraucher deswegen nicht aus dem Weg gehen können. Gatekeeper im Sinne des Gesetzes werden wahrscheinlich Plattformen wie der Google Play Store, der Apple App Store und auch Facebook und WhatsApp sein.

Gatekeeper sollen künftig sicherstellen, dass ihre Dienste kompatibel mit denen Dritter sind. Als Beispiel nennt das EU-Parlament kleinere Messaging-Plattformen. Sie können demnach künftig verlangen, dass Nutzer, die zu ihren Apps wechseln wollen, ihre Daten wie Nachrichten und Dateien übertragen können.

Als Sanktionen sieht das Gesetz vor allem Geldstrafen vor. Gatekeeper können mit Strafzahlungen in Höhe von bis zu 10 Prozent ihres Jahresumsatzes belegt werden. Bei wiederholten Verstößen steigt die Geldbuße auf bis zu 20 Prozent des Umsatzes.

Im nächsten Schritt muss der Rat der Europäischen Union die beiden Gesetze annehmen. Das soll für den Digital Markets Act (DMA) noch in diesem Monat erfolgen; für den Digital Services Act (DSA) im September. In Kraft treten die Gesetze dann jeweils 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU.

Für das Gesetz über Digitale Märkte räumt die EU längere Fristen ein. Es gilt erst sechs Monate nach Inkrafttreten. Außerdem haben Gatekeeper nach ihrer Einstufung bis zu sechs Monate Zeit, um den neuen Verpflichtungen nachzukommen.

„Bitkom begrüßt ausdrücklich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher online künftig besser vor Desinformation, Hassrede und Produktfälschungen geschützt werden. Was offline illegal ist, muss auch online illegal sein und entsprechend geahndet werden“, kommentiert der Branchenverband. „Dass zudem über den Digital Markets Act mehr Wahlfreiheit zwischen Online-Diensten entstehen soll, ist zu begrüßen. Faire Wettbewerbsbedingungen und ein einfacherer Marktzugang auch für kleine und mittelständische Unternehmen sind für Innovationen unerlässlich. Wichtig bleibt dabei, das Wachstum europäischer Digitalunternehmen gezielt zu fördern, Investitionen zu steigern und dem Fachkräftemangel und der -abwanderung vorzubeugen.“

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die Redaktionen von Silicon.de und ZDNet.de. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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