Wolfgang Kobek

Wolfgang Kobek ist Geschäftsführer für die DACH-Region bei dem BI-Spezialisten Qlik und schreibt im silicon.de-Blog über Chancen durch Analyse und Visualisierung von Daten.

Wie Daten den Handel optimieren

Die visuelle Auswertung von Daten ist im Handel und der Lebensmittelbranche zu einem wichtigen Instrument geworden, um auf die veränderten Kaufgewohnheiten der Kunden zu reagieren. silicon.de-Blogger Wolgang Kobek schildert zwei erfolgreiche Beispiele.

Der Handel hat sich in den vergangenen zehn Jahren signifikant verändert, woran auch die digitale Transformation entscheidenden Anteil hat.

Vor 23 Jahren begann der Siegeszug des E-Commerce, durch den seitdem Käufe immer einfach via Internet abgewickelt werden. In jüngster Zeit kamen und kommen mobile Möglichkeiten dazu und entwickelten die Landschaft im Handel von einer Multi- zu einer fast schon Omni-Channel-Umgebung.

(Bild: Shutterstock.com/dreamnikon)
(Bild: Shutterstock.com/dreamnikon)

Auf das Kaufverhalten der Kunden haben die Entwicklungen der vergangenen Jahre enormen Einfluss. Bewegten sich die Menschen zuvor noch zwischen Ladengeschäft und Netz, um zu recherchieren, zu vergleichen und schließlich zu kaufen, bieten ihnen mobile Endgeräte und Anwendungen nun eine immer offene Tür. Das ermöglicht es dem Handel, die Kundenerfahrung und das Kaufverhalten noch weiter zu gestalten und zu beeinflussen.

Die ungebremste Verbreitung mobiler Geräte und Anwendungen ist an sich natürlich nichts Neues mehr. Doch die Impulse dieses Trends für Handel zeigen sich erst – und die Möglichkeiten sind erst mitten in der Entwicklung. Eine zentrale Herausforderung, aber auch eine immense Chance, mit der sich der Handel aktuell müht, ist folgende Frage: Wie können für ein besseres Einkaufserlebnis und höheren Kundennutzen jene Daten optimiert werden, die durch die mobilen Kanäle generiert werden?

Wie mobile Endgeräte das Einkaufserlebnis verändern

Von allen Entwicklungen, die den Handel bis jetzt umtreiben, war das Heranwachsen des mündigen, stets und überall gut informierten und letztlich “mächtigen” Kunden zweifellos eine der bedeutendsten. Wobei die “Macht” vor allem darin liegt, dass ständige Vernetzung und die dauernde Verfügbarkeit von Informationen es den Kunden erlauben, in Echtzeit Vergleichsangebote zu checken, die online so schnell und unkompliziert verfügbar sind wie jede Alternative. Verkaufsabschlüsse per Smartphone und Tablet nehmen rasant zu – schon 46 Prozent der Verbraucher geben an, Güter über Mobilgeräte zu erwerben.

Eine weitere Umwälzung, die von Käufen über Mobilgeräte getrieben wird, ist der Bedarf nach agilerer Warenwirtschaft und -verfügbarkeit. Wenn Kunden über alle möglichen Geräte von allen möglichen Orten aus einkaufen, erwarten sie auch komfortable, flexible Liefermodelle und Rückgabe-Optionen. Händler müssen heute sicherstellen, dass sie dem gewachsen sind.

“Click and Collect”-Käufe, also Online-Bestellungen, die im stationären Handel abgeholt werden, sind nur ein Beispiel dafür, wie sich die Dinge gewandelt haben. Dieser Service hat sich schnell durchgesetzt und könnte innerhalb der nächsten zwei Jahre sogar nochmal doppelt so viele Nutzer finden. Hält diese Nachfrage an, wird optimale Warenverfügbarkeit zum entscheidenden erfolgskritischen Faktor. Warenwirtschaft und Warenmanagement wachsen heran zu einem der wichtigsten strategischen Felder in jeder Tätigkeit, die mit Handel zu tun hat.

Ansprechend visualisierte Daten ermöglichen es mehr Mitarbeitern, Informationen aufzubereiten. (Bild: Qlik)
Ansprechend visualisierte Daten ermöglichen es mehr Mitarbeitern, Informationen aufzubereiten. Das gilt vor allem auch für den Handel. (Bild: Qlik)

Die dritte einschneidende Veränderung, wie sich der Handel dem Mobil-Trend stellt, ist die, dass auch Verkaufskräfte zunehmend Technologie an die Hand bekommen und sie am Ort der Kaufentscheidung einsetzen.

Händler nutzen zum Beispiel Visual Analytics, um Mitarbeitern verständlich aufbereitetes Datenmaterial zu Lagerbeständen oder Rabatten zur Verfügung zu stellen, aber auch Informationen zu Gewohnheiten vieler Kunden oder zum Verständnis ihrer üblichen Bewegungsrichtungen durchs Geschäft.

Besonders in Produktion und Vertrieb verderblicher Waren sind verlässliche Daten eine wertvolle Quelle, Geschäftsprozesse zu optimieren.

Der Frische-Spezialist Heinrich Kühlmann GmbH & Co. KG, der in der Lebensmittel- und Convenience-Branche als innovativer Vordenker gilt, setzt auf datengetriebene Prozesse und Business Intelligence (BI). Verschiedene Datenquellen aus dem Unternehmen können an die BI-Plattform angebunden sowie Applikationen neu- bzw. weiterentwickelt werden.

Zum Einsatz in Vertrieb und Beschaffung kommen bei Kühlmann Umsatz- und Absatzauswertungen nach verschiedensten Kriterien bis auf Artikelebene. Generiert und ausgewertet werden zudem Logistikkennzahlen nach Zusteller, Kunden, Regionen und so weiter. Abgebildet werden auch Deckungsbeitragsrechnungen auf Kunden- oder Artikelebene sowie die Ergebnisrechnung.

Mit der Rügenwalder Mühle treibt ein weiteres bedeutendes Unternehmen in der Lebensmittel-Branche die datengetriebene Optimierung voran: Einmal in Controlling und Vertrieb, zum anderen im Qualitätsmanagement.

Die an die BI-Plattform QlikView angebundenen Daten stammen bei der Rügenwalder Mühle hauptsächlich aus dem SAP ERP-System sowie aus Excel, SQL-Datenbanken und einem hauseigenen Produktionssystem. Die Daten sind sehr aktuell, da alle 30 Minuten ein Update erfolgt.

Inzwischen arbeiten bei der Rügenwalder Mühle in den verschiedensten Bereichen etwa 130 Anwender mit QlikView – Tendenz steigend. Die wichtigste Applikation bildet hierbei die COPA-Analyse. Dort werden Einkaufsdaten und fakturierte Daten analysiert. So kann das Unternehmen flexibel die Produktion den aktuellen Bestellständen anpassen.

Daten zu haben, ist das eine – sie zu verstehen ist die Königsdisziplin

Da immer mehr Händler immer mehr Daten sammeln, ist die große Frage nun, wie sie sich sinnvoll managen und effektiv nutzen lasen – besonders, wenn sie aus unterschiedlichen Quellen stammen: abgeschlossene Verkäufe, Kundenbindungsdaten, Social-Media-Aktivitäten oder Kundendienst-Anfragen sind nur einige davon. Viele dieser Daten sind unstrukturiert und oft schwer zu durchdringen.

Hier kommt Visual Analytics ins Spiel, da sie den Anwender in die Lage versetzt, alle möglichen Daten zu untersuchen, und zwar ohne Einschränkung durch mehr oder weniger passende vordefinierte Kriterien. So können versteckte Trends und neue Erkenntnisseen aufgedeckt werden, die zeigen, was unter der Oberfläche des Alltags-Geschäfts wirklich vor sich geht. Aber wer kann wirklich von den Möglichkeiten profitieren?

Eine Studie von RSR Research zeigt auf, dass es für den Handel derzeit noch mühsam ist, die Mitarbeiter mit den Informationen zu versorgen, die ihnen ortsunabhängig wirklich am meisten helfen – selbst wenn Analyse-Tools eigentlich vorhanden sind. Mobile Endgeräte in der Datenanalyse könnten das ändern.

Verkäufer, die über Tablet Zugang zu visualisierten Daten haben, können sich sofort einen kompletten Überblick über die Tages-Performance verschaffen und ihre wichtigsten Kennzahlen in Echtzeit im Blick behalten.

Das Management kann interessante Einsichten darüber gewinnen, welche Vorlieben Kunden haben oder welche Produkte oft zusammen gekauft werden. Sogar erfolgreiche Kauf-Transaktionen und dafür zurückgelegte Wege des Personals lassen sich vergleichen, um die optimale Besetzung einer Abteilung mit Verkaufspersonal zu ermitteln – und so den besten Kundenservice zu ermöglichen.

Diese neuen technologischen Möglichkeiten zu beherrschen und zu integrieren, ist längst nicht mehr nur “nice to have”, sondern kann zum echten Wettbewerbsvorteil im Handel werden.

Weil sich Kunden zu “hypervernetzten” Gegenübern entwickelt haben, sind Händler gezwungen, ihre Geschäftsmodelle und deren Umsetzung zu überprüfen, ihre Werkzeuge und ihre Lieferketten kritisch zu betrachten und sich der Digitalisierung zu stellen. Für diejenigen, die nicht nur Daten sammeln, sondern sie analysieren und verstehen, zeigt sich ein neues, vollständiges Bild der Kunden – dann sind die Möglichkeiten grenzenlos.

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