Erschöpfungsgrundsatz und Gebrauchtsoftware

Seit vielen Jahren diskutieren Softwarebranche und IT-Anwender, ob und in welchem Umfang IT-Anwender Nutzungsrechte an Gebrauchtsoftware weiterverkaufen dürfen. Zwischenzeitlich gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen deutscher Gerichte zu diesem Thema, jedoch nicht alle einheitlich. Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit von Weitergabeverboten in End-User-Lizenzverträgen innerhalb der EU nicht einheitlich von Juristen und Gerichten beurteilt wird. Und das, obwohl die Rechte an Software bereits seit 1991 durch eine von allen Mitgliedsländern umzusetzende Richtlinie “über den Rechtsschutz von Computerprogrammen” (letzte Fassung vom 23. April 2009, Richtlinie 2009/24/EG) einheitlich geregelt werden. Deshalb warten jetzt alle Betroffenen gespannt auf eine erste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hierzu. Der Bundesgerichtshof hat im Februar dieses Jahres ein Verfahren ausgesetzt und dem europäischen Gerichtshof bestimmte Vorfragen zur Entscheidung vorgelegt. Dreh- und Angelpunkt aller Diskussionen um den Handel mit Nutzungsrechten an Gebrauchtsoftware ist die Frage, ob und in welchem Umfang der “Erschöpfungsgrundsatz” greift. Doch was besagt der Erschöpfungsgrundsatz eigentlich? Der vorliegende Artikel erläutert den Erschöpfungsgrundsatz und seine Auswirkungen auf den Handel mit Gebrauchtsoftware.

Erwerb von Nutzungsrechten an Software

Um die Bedeutung des Erschöpfungsgrundsatzes zu verstehen, bedarf es einer kurzen Erläuterung, wie der Erwerb von Nutzungsrechten an Software funktioniert.

Computerprogramme gehören gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) zu den urheberrechtlich geschützten Werken, deren Nutzung nur gestattet ist, wenn man das Programm entweder komplett selbst entwickelt oder vom Rechtsinhaber die erforderlichen Nutzungsrechte erworben hat. Rechtsgrundlage hierfür ist § 69c UrhG, wonach der Rechtsinhaber das ausschließliche Recht hat, die zur Nutzung von Software erforderlichen Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten.

Deshalb reicht der Besitz einer Programmkopie alleine noch nicht aus, um ein Computerprogramm einsetzen zu dürfen. Vielmehr muss man auch Inhaber der zum Einsatz erforderlichen Nutzungsrechte sein.

Der Begriff des “ausschließlichen Rechts” wird in § 31 Abs. 3 UrhG als das Recht des Rechtsinhabers definiert, das Werk (also das Computerprogramm) “unter Ausschluss aller Personen auf die ihm erlaubt Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen.” Mit anderen Worten, hat man die Software nicht selbst entwickelt, dann kann man die zum Einsatz eines Computerprogramms erforderlichen Rechte nur vom Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte erwerben bzw. von jenen Rechtsinhabern, die ihr Recht vom Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte wirksam ableiten können. Beim Erwerb von Nutzungsrechten über mehrere Zwischenhändler muss es eine lückenlose Übertragungskette vom Inhaber der ausschließlichen Verwertungsrechte bis hin zum letzten Erwerber in der Kette geben. Andernfalls ist das betreffende Nutzungsrecht nicht wirksam erworben und die Nutzung illegal.

Wer Inhaber der ausschließlichen Verwertungsrechte an einer Software ist, richtet sich wiederum nach den Bestimmungen des Urheberrechts. Wenn Software im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entwickelt wird, ist nach § 69b UrhG in aller Regel der jeweilige Arbeitgeber Rechtsinhaber aller ausschließlichen Verwertungsrechte an der von seinen Arbeitnehmern entwickelten Software.

Anders als beim Kauf von Sachen, können Nutzungsrechte nicht gutgläubig erworben werden. Deshalb kann der Käufer die erforderlichen Nutzungsrechte an der Softwarekopie auch dann nicht wirksam erwerben, wenn er auf die Berichtigung des Verkäufers mit guten Gründen vertraut, vielleicht sogar beide gutgläubig von der Berechtigung des Verkäufers ausgehen, obwohl die Berechtigung aus rechtlichen Gründen (z.B. unwirksamer Vertrag mit dem Softwarehersteller oder Großhändler) nicht besteht.

Welche Nutzungsrechte der Käufer einer Softwarekopie erwirbt, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Rechtsinhaber und Käufer. § 69c UrhG regelt in den Ziffern 1 bis 4 jene Handlungen, für die der Nutzer einer Software der Rechtseinräumung durch den Rechtsinhaber bedarf:

  • “die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form. Soweit das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Computerprogramms eine Vervielfältigung erfordert, bedürfen diese Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers”,

  • “die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse”,

  • “jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung”, und

  • “die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.”

Die Aufzählung ist nicht abschließend. In der Praxis können sich weitere, wirtschaftlich bedeutsame Nutzungsarten entwickeln, die im Streitfalle von der Rechtsprechung auf ihre urheberrechtliche Anerkennung als neue Nutzungsart überprüft werden. Ein öffentliches Register, in das neue Nutzungsarten eingetragen werden können, gibt es nicht.

Will der Käufer einer Software eine der in den § 69c UrhG beschriebenen Handlungen vornehmen, muss er vom berechtigten Rechtsinhaber das dazu erforderliche Recht gekauft haben.

Das Recht, die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke von der Zustimmung des Rechtsinhabers der ausschließlichen Verwertungsrechte abhängig zu machen, basiert auf dem Prinzip des Urheberrechts, dem Urheber die wirtschaftliche Verwertung seines Werkes vorzubehalten und ihn möglichst umfassend an den Früchten seines Werkes zu beteiligen. Dabei steht es dem Urheber frei, ob er die Verwertung selbst oder über Dritte vornimmt.

Das Urheberrecht gewährt dem Inhaber der ausschließlichen Verwertungsrechte auch die Befugnis, zu entscheiden, ob er Nutzungsrechte vollumfänglich oder nur in kleinen Portionen verkauft. Nach § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG ist der Rechtsinhaber berechtigt, Nutzungsrechte zeitlich, räumlich und inhaltlich beschränkt zu erteilen. Eine inhaltliche Beschränkung des Vervielfältigungsrechts ist z.B. die Verpflichtung, die Software nur auf Servern von Konzernunternehmen zu installieren und ablaufen zu lassen. Das Recht eines Lizenznehmers, die Software nur auf Servern in Deutschland einsetzen zu dürfen, ist eine räumliche Beschränkung des Vervielfältigungsrechts.

Schranken des Urheberrechts

Um sicherzustellen, dass Rechtsinhaber ihre wirtschaftlichen Verwertungsinteressen nicht überspannen und die Nutzungsrechte der Lizenznehmer zu weit aushöhlen können, sieht das Urheberrecht auch gewisse Ausnahmen von zustimmungspflichtigen Handlungen vor.

So darf z.B. gem. § 69d Abs. 2 und § 69g Abs. 2 UrhG das Recht des Lizenznehmers, eine Sicherungskopie zu erstellen, vertraglich nicht untersagt werden, wenn dies “für die Sicherung künftiger Benutzung erforderlich ist”.

Eine weitere Einschränkung der Verwertungsrechte des Rechtsinhabers ergibt sich aus § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG. Durch diese Regelung wird das Recht des Rechtsinhabers, jede Form der Verbreitung eines Computerprogramms von seiner Zustimmung abhängig zu machen, wie folgt eingeschränkt: “Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in Bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts”. Diese Regelung, wonach sich also unter bestimmten Voraussetzungen das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, bezeichnet man als “Erschöpfungsgrundsatz”. Es ist ein Basisprinzip des Urheberrechts, das nicht nur für Software, sondern für alle urheberrechtlich geschützten Werke gilt (vgl. § 17 Abs. 2 UrhG).

Inhalt und Voraussetzungen des Erschöpfungsgrundsatzes “Erschöpfung” im Sinne des Urheberrechts bedeutet, dass das betreffende Recht verbraucht ist und der Rechtsinhaber kein Recht mehr hat, die Ausübung des betreffenden Rechts zu untersagen.

Nach § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erschöpft sich jedoch nur das “Verbreitungsrecht”. Das Verbreitungsrecht ist das Recht zu bestimmen, wer die Software nutzen darf, insbesondere an wen das Original oder ein Vervielfältigungsstück der Software weitergegeben werden darf. Alle anderen Rechte, einschließlich des Rechts, die Software zu vermieten, verbleiben beim Weiterverkauf beim Rechtsinhaber und erschöpfen sich nicht. Das erklärt auch, warum eine Volumenlizenz nach herrschender Meinung nicht ohne Zustimmung des Rechtsinhabers übertragen werden darf. Eine Volumenlizenz umfasst nämlich das Recht, im Rahmen des vereinbarten Volumens eine limitierte oder unlimitierte Anzahl Kopien der lizenzierten Software zu erstellen. Das Recht, Vervielfältigungen anzufertigen, erschöpft sich jedoch nicht, sodass dem Rechtsinhaber vorbehalten bleibt, zu bestimmen, ob eine Volumenlizenz übertragen werden darf oder nicht. Will der Lizenznehmer einer Volumenlizenz das Recht haben, die Lizenz zu übertragen, muss er sich dieses Recht vom Rechtsinhaber ausdrücklich vertraglich zusichern lassen. Ansonsten kann der Rechtsinhaber sowohl gegen den Lizenznehmer, wie auch gegen den Erwerber der Volumenlizenz auf Unterlassung und Schadensersatz vorgehen.

Gem. § 69c Nr. 3 Satz 2 erschöpft sich das Verbreitungsrecht nicht generell, sondern nur in Bezug auf jene Vervielfältigungsstücke, die

  • mit Zustimmung des Rechtsinhabers

  • im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum

  • im Wege der Veräußerung

  • in Verkehr gebracht

worden sind.

Werden auf Grund einer Volumenlizenz, die nach ihrem Wortlaut nur für Konzernunternehmen bestimmt ist, Kopien der Software erstellt, um diese dann an ein konzernfremdes Unternehmen weiterzuverkaufen, stellt sich die Frage, ob diese Kopien “mit Zustimmung des Rechtsinhabers” in den Verkehr gebracht worden sind? Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat am 27.04.2011 entschiedenen (Az.: 2-06 O 428/10), dass in einem solchen Fall der Erschöpfungsgrundsatz nicht greift und die erstellten Kopien nicht weiterverkauft werden dürfen. Das Recht, Programmkopien zu erstellen, sei in einem solchen Fall auf Konzernunternehmen beschränkt. Wenn ein Mitarbeiter eines Unternehmens des Konzernverbunds eine Programmkopie erstellt, um diese an ein konzernfremdes Unternehmen zu verkaufen, verstoße dies gegen das durch die Volumenlizenz erteilte Vervielfältigungsrecht. Das Vervielfältigungsrecht sei durch den Verkauf der Volumenlizenz nicht erschöpft und müsse deshalb über die gesamte Vertragsdauer beachtet werden. Kopien, die unter Verletzung des Vervielfältigungsrechts erstellt werden, seien nicht mit Zustimmung des Rechtsinhabers in den Verkehr geraten und deshalb illegal.

Wie aber ist der Fall zu beurteilen, wenn die Kopie durch den Mitarbeiter des Konzernunternehmens zunächst zur Nutzung für die eigene Firma erstellt wurde? Nach Ablauf einer gewissen Nutzungsdauer (also nachträglich) stellt sich dann aber heraus, dass das Unternehmen weniger Kopien braucht und überlegt deshalb, die nicht mehr benötigten Kopien zu verkaufen.

Zwar ist in einer solchen Fallkonstellation die Kopie mit Zustimmung des Rechtsinhabers in Verkehr gebracht worden. Dennoch ist streitig, ob hier der Erschöpfungsgrundsatz tatsächlich greift und die betreffende Kopie wirksam weiterverkauft werden darf. Hintergrund des Streits ist die Frage, ob § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG nicht verlangt, dass die Software auf einem Datenträger (z.B. DVD) mit Zustimmung des Rechtsinhabers in Verkehr gebracht werden muss? Demnach würden Kopien der Software, die per Download vom Lizenznehmer selbst erstellt würden, keine “Vervielfältigungsstücke” im Sinne von § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG sein. Das würde aber zu dem für Laien schwer verständlichen Ergebnis führen, dass die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes und damit das Recht zum Verkauf einer gebrauchten Softwarekopie davon abhängt, wie die Software geliefert wird, per Download oder physisch. Um hier auf europäischer Ebene Klarheit zu schaffen, hat der BGH genau diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit dem Erschöpfungsgrundsatz ist die Frage, ob der Erschöpfungsgrundsatz in Lizenzbedingungen wirksam ausgeschlossen werden kann und Weitergabeverbote daher vom Lizenznehmer auch dann zu beachten sind, wenn die Software gekauft wurde? Nach deutschem Recht sind dann, wenn der Erschöpfungsgrundsatz tatsächlich greift, abweichende Vereinbarungen in Lizenzbedingungen (gleich ob AGB oder Vereinbarungen im Einzelfall) unwirksam und damit unbeachtlich. Das europäische Ausland sieht das jedoch zum Teil anders. Da alle EU-Länder ihr Urheberrecht im Einklang mit der Richtlinie “über den Rechtsschutz von Computerprogrammen” (letzte Fassung vom 23. April 2009, Richtlinie 2009/24/EG) gestalten und auslegen müssen, bleibt abzuwarten, was der Europäische Gerichtshof hierzu entscheidet.

Fazit

Bis der Europäische Gerichtshof entscheidet, kann man nur eines mit Gewissheit sagen: Es erschöpft sich stets nur das Verbreitungsrecht und das auch nur bezogen auf jene physischen Kopien der Software, die mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Wege des Verkaufs in den Verkehr gekommen sind. Vertragliche Beschränkungen zur Vervielfältigung, Bearbeitung, Vermietung, öffentlichen Wiedergabe oder zum öffentlichen Zugänglichmachen (z.B. Zugriff von Dritten über Internet) erschöpfen sich nicht und müssen über die gesamte Nutzungsdauer beachtet werden. Die Konsequenzen daraus müssen in jedem Einzelfall genau geprüft werden.

Silicon-Redaktion

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  • Eigentlich skandalös !!!
    Die Spezialisten Gerichte, Richter, Rechtsanwälte und nicht zuletzt der Gesetzgeber streiten sich jahrelang ohne Ergebnis um einen Sachverhalt und verdienen dabei ohne Ende.
    Die Zeche zahlt der Laie, der versucht mit gesundem Menschenverstand zu handeln und rückwirkend durch rechtliche Spitzfindigkeiten kriminalisiert wird.
    Wo bitte ist denn der Unterschied, ob ich ein Auto oder eine Software nutze?
    Es gibt nur einen, das Auto kann ich nicht vervielfältigen! Ob der Käufer einer Software das darf muss der Besitzer (=Rechteinhaber) regeln dürfen.
    Die Sache mit dem "Anfassen können" ist unerheblich, wie der Artikel selbst zeigt, da die Funktion (=Nutzen) einer Software nicht davon abhängt, ob sie auf Datenträger oder per elektronischem Download erworben wurde.
    Wie sieht es nun beim Auto aus?
    - Man kann es kaufen --> Dann auch weiterverkaufen!
    - Man kann es mieten --> Dann gibt man es nach Gebrauch ohne weitere Verpflichtung einfach zurück!
    - Man kann es leasen --> Dann hat es nach Gebrauch einen gewissen Restwert und die Vertragspartner müssen sich einigen, wie weiter verfahren wird!

    Warum soll das für Software nicht genauso funktionieren??

    Alle darüber hinausgehenden Regelungen bewirken nur eines: Sie füllen die Taschen der beteiligten Rechtsanwälte, die ursächlich überhaupt nichts mit der geistigen Leistung der Produzenten (egal ob Auto oder Software) zu tun haben!!

    In einem Punkt hat der Artikel allerdings uneingeschränkt recht: Diese Winkelzüge sind dem Laien mit gesundem Menschenverstand gar nicht oder nur sehr schwer verständlich zu machen!!

  • So ist es
    Ich kann Hans Burger nur zustimmen. Und verweise auf ein Buch. Auch das kann ich in physischer Form verleihen, ausleihen, weiterverkaufen.
    Eine Software ist auch nichts anderes als ein geistiges Werk zur Nutzung überlassen. Und solange die Software nur ein einziges Mal, auf einem Computer, zur gleichen Zeit nur einmal im Speicher (flüchtig oder Festplatte) vorhanden ist und genutzt wird erschliesst sich für mich als Laien nicht der Unterschied.
    So wie ich die Software deinstalliere und von meiner Festplatte lösche, alle Sicherungskopien und Originale sowie Lizenzschlüssel weitergebe gebe ich mein Nutzungsrecht auf und übertrage es an den Empfänger.
    Ob ich die Software nun auf einem physischem Datenträger, als elektronische Kopie oder als Ausdruck des Quelltextes empfangen habe.

  • Auto und mehr
    Der Vergleich mit dem Auto ist eingentlich sehr gut und sehr zutreffend. Aber auch da wir die Softwareindustrie noch versuchen einiges rauszuholen.

    Ich darf gar kein Auto weiterverkaufen. Warum? Funtioniert alles nur noch mit Software. Wieviel KW mein Wagen hat bestimmt die Software!!!
    Ich darf auch meinen Videorecoder, mein DVD System meine Zahnbürste, meine Scheibenwischer und Druckerpatronen nicht weiterverkaufen oder gar verschenken, alles Software mit Markenschutz und Patentrechten (wegen der geistigen Anstrengung Wege zu finden aus Mist Kohle zu machen).

    Gibt es schon eine industriell Entsorgunsrichtlinie für Computerprogramme? Wieso ist das nicht lizenzrechtlich abgedeckt? Früher war es so schön einfach. Man kaufte etwas und es gehörte einem. Heute ist das nicht mehr so? Oder wird nur der Eindruck erweckt?
    Es scheint das sogar die Mietsysteme ausgehebelt werden, verstehe ich das richtig? Keine Verantwortung mehr, nur noch Nutzen?
    Soweit es die Computer und die Software betrifft bleibt da nur noch eins: freie Software.

    Was den Rest anbelangt, wie sieht das da eigentlich mit Klopapier aus?

  • Erschöpfungsgrundsatz und Gebrauchtsoftware
    Hallo zusammen. Vielen Dank für Ihre Kommentare zu meinem Artikel. Ich möchte kurz noch ein paar Anmerkungen hierzu machen, um ihre Argumente auch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten:

    1. Rollenverteilung Gesetzgeber, Richter, Rechtsanwälte und Softwareunternehmen

    Der Gesetzgeber, also das Parlament erlässt Gesetze und wird vom Steuerzahler bezahlt, wobei sein Einkommen erfolgsunabhängig ist. Es ist gleichgültig, wie viele Gesetze er erlässt und in welcher Qualität. Die Bezahlung ist immer gleich. Dabei hat der Gesetzgeber das Problem, oft Regelungen für alle möglichen Fallkonstellationen und Streitpunkte zu erlassen, die man zum Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes noch nicht vorhersehen und deshalb auch noch nicht interessengerecht regeln konnte.

    Die Aufgabe der Richter in Urheberrechtsstreitigkeiten ist es, Konflikte, die die streitenden Parteien nicht einvernehmlich lösen können, rechtsverbindlich zu entscheiden. Dazu müssen sie die vorhandenen Gesetze anwenden. Lässt das Gesetz mehrer Auslegungsmöglichkeiten zu oder ist das Gesetz zu einer bestimmten Regelungsfrage unvollständig, müssen die Richter gleichwohl entscheiden, welche Konfliktlösung im konkreten Fall die Richtige ist. Dafür gibt es eine von der Rechtswissenschaft entwickelte methodische Vorgehensweise, deren korrekte Anwendung durch höhere Gerichte überprüft werden kann. Die verschiedenen Instanzen (Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof, Europäischer Gerichtshof, etc.) gewähren die Möglichkeit, dass alle Aspekte eines Falles umfassend diskutiert und vorgetragen werden und eine anfangs vielleicht zu einseitige Sichtweise, geistig immer weiter geknetet und verarbeitet wird, bis ein vernünftiges Ergebnis herauskommt. Gelingt nicht immer, aber oft. Perfekte Lösungen gibt es bei Konflikten ohnehin nicht. Es kann immer nur darum gehen, welchen Interessen einer Gesellschaft nach den Wertungen des Gesetzgebers der Vorrang einzuräumen ist. Die Richter werden ebenfalls erfolgsunabhängig aus Steuergeldern bezahlt. Sie haben daher kein wirtschaftliches Interesse, dass ein Fall in einer bestimmten Art und Weise entschieden wird; denn wenn sie den einen Fall abgeschlossen haben, bekommen Sie den nächsten. Wenn ein Richter ehrgeizig ist, dann möchte er möglichst viele ?richtige? Urteile fällen, um nicht immer von der nächsten Instanz aufgehoben zu werden. Das ist schlecht fürs berufliche Fortkommen und das kratzt am Ego.

    Die Anwälte haben die Aufgabe, die Interessen Ihrer Mandanten zu vertreten und sie zu beraten. Sie werden vom jeweiligen Mandanten bezahlt. Mandanten, die nicht von Wettbewerbern oder Kunden in ihren Interessen verletzt werden, beauftragen auch keine Anwälte. Ein Softwareunternehmen, das damit einverstanden ist, dass seine Software weiterverkauft wird, wird deshalb auch nie einen Anwalt beauftragen. Somit entstehen Konflikte, nicht alleine durch die Gesetze, sondern durch die beteiligten Parteien, die dann mittels der Anwälte versuchen, Ihre Interessen durchzusetzen.

    Fazit: Es streiten nicht die Gerichte, Richter und Rechtsanwälte, sondern Unternehmen, die bestimmten Interessen verfolgen und diese mit Hilfe der Gerichte, Richter und Rechtsanwälte in ihrem Sinne durchsetzen möchten. Keiner wird gezwungen, eine durch das Gesetz eröffnete rechtliche Möglichkeit auch vor Gericht auszufechten. Wenn es Streit gibt, dann geht es immer um wirtschaftliche oder persönliche Interessen der Parteien, die im Streit sind.

    2. Jahrelanger Streit ohne Ergebnis

    Die Geschichte des Automobils, um bei Ihrem Vergleich zu bleiben, beginnt mit der Erfindung des Rads, geht über die Erfindung der Dampfmaschinen und den Verbrennungsmotoren bis hin zu den heutigen Automobilen. Dabei entwickelte sich der heutige Wissensstand über mehrere Jahrtausende und hat dabei auch einige Umwege gemacht, bis der menschliche Geist alle Facetten eines bequemen und sicheren Autofahrens in seiner Vorstellungskraft entwickeln konnte. Ähnlich verhält es sich in der Juristerei. Auch hier gibt es neue Geschäftsmodelle, neue Interessenkonflikte und unterschiedliche Ansätze von Lösungen, bis dann am Ende durch viele Diskussionen und einige Fehlversuche jene Lösungen gefunden werden, die auf breiter Front Zustimmung finden und als gerecht empfunden werden. Die Lösungsansätze zu den rechtlichen Fragestellungen der Softwarebranche sind dabei aber noch nicht über Jahrtausende kontrovers diskutiert und geistig durchdrungen worden, da die Branche selbst noch nicht einmal ein halbes Jahrhundert existiert. Schnellschüsse aus der Hüfte können extreme Auswirkungen auf Markt und Marktteilnehmer haben. Deshalb müssen manche Fragen auch länger diskutiert und von allen Seiten beleuchtet werden, damit ein Ergebnis am Ende auch für alle Interessengruppen einer Gesellschaft ein tragfähiger Kompromiss ist. Fragt man Anwender, dann sind Weitergabeverbote in Softwareverträgen natürlich unerwünscht, weil das die wirtschaftlichen Interessen der Anwender tangiert. Die Softwarehersteller finden Weitergabeverbote natürlich gut, weil damit größere Markt- und Wachstumspotenziale für eine neue Software entstehen. Das wiederum finden die Banken gut, und geben den Unternehmen entsprechende Kredite, damit die Unternehmen schneller wachsen können. Und das kommt wiederum dem Arbeitsmarkt und den Arbeitnehmern zugute, weil damit neue und sichere Arbeitsplätze entstehen. Wenn jedoch die Verwertung einer Software keine ausreichende Rendite verspricht, dann kann die Entwicklung eines Softwareunternehmens und des Marktes auch genau in die andere Richtung losgehen. Deshalb ist es die Aufgabe der Richter und der Gesetzgeber hier die richtigen Konfliktlösungen zu finden. Und die Anwälte haben darauf hinzuwirken, dass die Richter die Interessen des jeweiligen Mandanten richtig verstehen und in Ihre Entscheidungsfindung einfließen lassen.

    3. Verwertungsinteressen Automobil- und Softwarebranche

    Einem Autohersteller ist es egal, ob ein Käufer sein Auto irgendwann weiterverkauft. Es wird zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs bereits deutlich an Wert verloren haben und wenn es dazu noch viele Kilometer gefahren ist, dann wird es auch irgendwann einmal so abnutzen, dass es keiner mehr will und deshalb lieber ein neues Auto kauft. Damit ist der Markt für den Verkauf von neuen Autos gesichert.

    Anders ist es bei Software. Eine Software verschleißt nicht und wird darüber hinaus bei Abschluss eines entsprechenden Softwarepflegevertrages immer wieder an neue technologische Entwicklungen angepasst. Die Folge, der Markt einer Software ist von vornherein begrenzt und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde Ersatz auf Grund von Veralterung oder Verschleiß braucht, ist deutlich geringer, als beim Verkauf eines Automobils. Ist der Markt für eine Software aber zu klein, lohnt sich die Investition in die Entwicklung nicht. Unternehmen haben kein Interesse, neue Lösungen zu entwickeln und der Markt wird nicht mit neuen innovativen Lösungen versorgt. Der Markt wird sich technologisch nur langsamer weiterentwickeln. Hinzu kommt, dass Arbeitsplätze eher ab- als aufgebaut werden.

    Um die Preise für neue Automobile am Markt konstant zu halten, unterliegt der Verkauf von Jahreswagen an Werksangehörige auch gewissen Restriktionen. Auch hier ist, ähnlich wie bei einer Volumenlizenz, der Rabatt Grund dafür, dass der Weiterverkauf an bestimmten Restriktionen geknüpft ist. Die Absatzmärkte der Automobilhersteller und der Autohändler sollen durch das Privileg des günstigeren Preises für Werksangehörige nicht gefährdet werden.

    Einer weiterer Grund dafür, dass der Verkauf von Software stärkeren Restriktionen unterliegt, als der Verkauf eines Autos oder Buches, ist die viel leichtere Reproduzierbarkeit von Kopien der Software. Es besteht somit auch eine viel größere Gefahr, dass unredliche Marktteilnehmer illegale Softwarekopien auf den Markt werfen und damit den Markt des Softwareherstellers erheblich schrumpfen lassen. Die dadurch verursachten Schäden sind beträchtlich und es stellt sich somit die Frage, ob ein eingeschränktes Weiterverkaufsrecht im Verhältnis nicht das geringere Übel ist.

    Bei Embedded Software ist das Missbrauchsrisiko in aller Regel viel geringer, als bei Softwareprogrammen, die standalone verkauft werden. Zum einen sind der Zugang und das Kopieren der Software deutlich schwieriger. Zum anderen ist die Software auch meist nur nutzbar in Verbindung mit dem betreffenden Gerät/Auto, so dass man dann doch wieder ein entsprechendes Gerät/Auto kaufen muss, wenn man die Software nutzen will.

    Ob und in welchem Umfang der Europäische Gerichtshof am Ende den Weiterverkauf von Downloadkopien zulässt und ob er den Erschöpfungsgrundsatz ebenso wie das dt. Recht als zwingenden Rechtsgrundsatz begreift und abweichende vertragliche Vereinbarungen für unwirksam erachtet, wird das Gericht unter sorgfältiger Abwägung der Auswirkungen einer solchen Entscheidung auf den Softwaremarkt fällen. Bis dahin, muss man dem Gericht zubilligen, sich sorgfältig in Aspekte und Auswirkungen einarbeiten zu können, um eine sachgerechte Entscheidung zu fällen.

    Viele Grüße

    Jürgen Beckers
    Rechtsanwalt

  • Software und Verbrauch
    Leider muss ich Ihnen, Herr Becker, da widersprechen. Software veraltet und verbraucht sich genauso wie Autos. Ein Programm das nicht ständig neuen Betriebssystemreleases, anderen Prozessoren, neuen gesetzl. Bestimmungen, neuen Anforderungen der Nutzer an die Bedienung usw. angepasst wird ist sowas schnell veraltet. Dagegen ist ein Auto noch sehr werthaltig.
    Es gibt darüber hinaus keinen Grund und auch keine Verpflichtung des Herstellers Updates und Upgrades kostenlos zu verbreiten. Also auch ein Käufer einer gebrauchten Software würde diesen Aufwand dem Hersteller bezahlen.
    Apple macht das mit ihrer Upgradepolitik z.B. beim iPhone vor - für Minorupdates wurde ich da zur Kasse gebeten.

  • Software und Verbrauch
    Hallo Sausewind (netter Name),

    wenn wir über das Thema Gebrauchtsoftware diskutieren, sollten wir zwischen Massensoftware, Consumer Software und hochpreisiger Enterprise Software unterscheiden. Bei den ganzen Diskussionen und gerichtlichen Entscheidungen um den Erschöpfungsgrundsatz handelt es sich stets um Enterprise Software, die nach anderen Regeln lizenziert wird, wie Massen- und Consumer Software.

    Wenn Enterprise Software verkauft wird, dann in aller Regel zusammen mit einem Softwarepflegevertrag, der auch die Lieferung von Updates und Upgrades enthält. Insoweit wird die Software über den jeweiligen Softwarepflegevertrag immer an den aktuellen Stand der Softwareentwicklung eines Produktes angepasst und kann auch deshalb nicht veralten.

    Auch der Beispielsfall Apple iPhone passt nicht, weil das auch eine Massensoftware ist, die über ein anderes Lizenzmodell verkauft wird als die streitigen Fälle zur Enterprise Software.

    Viele Grüße
    Jürgen Beckers

  • Nur noch eine allerletzte Frage ...
    Was hat ein "eingeschränktes" Wiederverkaufsrecht denn bitte mit illegalen Softwarkopien zu tun?
    Wieviele illegale Kopien gibt es durch die Einschränkung/Aufhebung des Wiederverkaufsrechtes weniger? Ich würde eher behaupten, dass ein uneingeschränkter Handel an Gebrauchtsoftware die Anzahl illegal eingesetzter Kopien reduziert, da Gebrauchtsoftware, wie auch Gebrauchtwagen, keiner Preisbindung unterliegt.

  • Massensoftware, Consumer Software und hochpreisiger Enterprise Software
    @Herrn Becker:
    Nehmen wir ein paar Beispiele:
    Office und Co. - praktisch vierteljährliche Updates und meist Probleme wenn das Betriebssystem sich ändert. Von 2000 zu XP (nicht einfach) zu Vista (nicht einfach) zu W7 (ging einfach) zu xxx? Wir werden sehen. Microsoft ist so nett noch die 2003 Version durch Compatibilitätupdates zu unterstützen. Aber wahrscheinlich nur um die Firmenkundschaft zu halten. Wäre auch möglich das für Privatleute kostenpflichtig zu machen.
    Betriebssysteme: Also mein Rechner zieht sich jede Woche die neuesten Updates runter. Und normalerweise ist der Zyklus von Microsoft bei ca. 3 bis 4 Jahren mit einem richtigem Majorrelease.
    Ok, nehmen wir noch sowas wie Dreamweaver. Der Html Standard ändert sich laufend, jetzt steht HTML 5 an. Es müssen mobile Geräte visuell unterstützt werden. Also auch wieder Updates notwendig. Von Betriebssystemupdates mal abgesehen. Also ich habe das Produkt nicht im Einsatz. Aber meine alte Version von vor 5 Jahren traue ich mich gar nicht zu installieren. Oder Entwicklungssoftware wie Visual Studio. Gibts in Versionen 2007, 2008, 2010 und alles was kleiner als 2008 ist kann für aktuelle Softwareentwicklung nicht genutzt werden.
    Spezialsoftware: Wie Steuerprogramme, Arztsoftware, Branchenpakete - na ja die veralten schon beim Versand vom Hersteller.
    Vielleicht gibt es Ausnahmen aber ich denke im Normalfall ist spätestens nach 2,3 Jahren ein Majorrelease jedweder Software notwendig.

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