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Verändern SAP und Microsoft den Markt für Business Intelligence?

“Wir arbeiten auf eine möglichst pragmatische BI-Strategie hin”, fasst Lengerke zusammen. Mit möglichst geringem Aufwand solle BSM Performance-Messungen annähernd in Echtzeit ermöglichen. Zudem fügt sich die Anwendung in die langfristige Unternehmensstrategie ein, Office mehr und mehr zur Plattform auszubauen.

Mit den ‘Analysis Services’ gilt Microsoft inzwischen als einer der größten Olap-Anbieter (On-line Analytical Processing). Insofern ist das Unternehmen aus der Datenanalyse bereits nicht mehr wegzudenken. “Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir daraus ein eigenes Produkt machen”, schränkt Lengerke ein. Aber das ist kein Grund zur Entwarnung. “Jeder Markt, den Microsoft adressiert, wird dadurch längerfristig bedroht, und das werde bei Business Intelligence nicht anders sein”, prognostiziert Ovum-Analystin Alice Woodward.

Ambitionen aus Walldorf

Auch SAP hat über kurz oder lang Pläne mit erweiterten BI-Angeboten. “Unsere BI-Lösungen bieten wir als kompletten Bestandteil der Netweaver-Plattform an”, erklärt Lothar Henkes, Produktmanager SAP Netweaver BI. Kurzfristig sehe das Unternehmen Synergieeffekte zwischen Netweaver und den BI-Tools. Doch auch wenn sich die Angebote zunächst auf Netweaver beschränken, habe das Unternehmen Ambitionen auf dem BI-Markt. “Mit etwa 10.000 Installationen weltweit erzielen wir bereits gute Erfolge”, streicht Henkes hervor. Langfristig verfolge SAP die Strategie, BI-Tools in die Enterprise Service Architecture (ESA) zu integrieren”, sagt Henkes. Das ist SAPs neue Service-orientierte Softwarearchitektur, über die Anwender die Möglichkeit haben, granulare Services – quasi im Baukastenprinzip und offen für andere Hersteller – zu flexiblen Anwendungen und kundenspezifischen Prozessen zusammenzuführen. Häufiger Diskussionspunkt bei SAP BW ist aber die Performance des Systems. “Wir hören in diesem Fall öfter von Problemen als bei Produkten anderer Hersteller”, bestätigt Ovum-Analystin Woodward.

“Mit der Funktionalität ‘High Performance Analytics’ verringern sich nach ersten Laboruntersuchungen die Laufzeiten für Abfragen um den Faktor 10 bis 100”, kontert Henkes. Diese Technik unterstützt Blade-Server und basiert auf der Suchmaschine TREX, die Bestandteil von SAP Netweaver KM (Knowledge Management) ist. Mit Hilfe von TREX werden die multidimensionalen Daten indiziert und zur Laufzeit optimiert im Hauptspeicher gehalten. Diese Funktion werde bereits im nächsten Release enthalten sein, das für den Oktober angekündigt ist.

Nicht Performance, sondern viel mehr die Kostenfrage hat den deutschen Bade- und Duschwannenhersteller Kaldewei dazu bewogen, die SAP-Daten nicht über das SAP-Modul aufzubereiten. “SAP BI haben wir nicht lizenziert, aber mit unserer schmaleren Lösung bringen wir durchaus auch Licht ins Dunkel”, kommentierte Peter Veldtrup, IT-Chef des Mittelständlers. Jetzt können die Anwender selbständig mehrdimensionale Sales-Analysen durchführen.

Eine selbstgeschriebene Anwendung transferiert dabei Daten aus dem SAP-System in ein Data Warehouse auf Basis des SQL Servers und befüllt die Olap-Würfel der Analysis Services von Microsoft. Die Präsentation und Verteilung der Daten übernimmt dann eine erweiterte OLAP Frontend Software von Proclarity. Das ist ein Hersteller, der sich auf Analyse-Tools für Microsoft-Produkte spezialisiert hat.

BI soll eine “Anwendung für alle” werden

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“Wenn man bereit ist, sich ein wenig mit der Materie auseinander zu setzen, kann man bereits mit deutlich geringeren Mitteln sehr gute Ergebnisse erzielen”, erklärt Veldtrup im Gespräch mit silicon.de. So seien die BI-Lösungen namhafter Hersteller zwar oft mit Business-Content aufpoliert und daher für den Vertrieb “demo-sexy”. Dennoch sei auch mit diesen relativ teuren Lösungen meist ein umfangreicher Anpassungsprozess an die Bedürfnisse der Unternehmen erforderlich. Die Software sei im Grunde nicht entscheidend für eine gelungene Analyse, hebt auch Alice Woodward hervor: “Mit der richtigen Unternehmensorganisation im Hintergrund lässt sich trefflich mit einem Excel-Sheet ein BI-Projekt aufsetzen.”

Mit der Integration der BI-Lösungen in die Office-Suite respektive der Netweaver-Plattform reagieren Microsoft und SAP auch auf einen anderen Trend: Immer mehr Anwender greifen auf Dienste von BI-Systemen zu. “BI ist auf dem Weg, etwas für alle zu werden”, bestätigte auch Thomas Maier, von SAS, in einem Gespräch mit silicon.de. “Waren solche Anwendungen noch vor einigen Jahren für wenige Mitarbeiter mit Stabsfunktionen vorgesehen, sind es heute ganz unterschiedliche Nutzergruppen.”

So hat ein SAS-Poweruser eine andere Herangehensweise als etwa ein Manager im Marketing. Datenschutz und Sicherheitsthemen drängen die Frage nach dem Wer, Was, Wann und Wo in den Vordergrund. Deshalb entwickeln immer mehr Hersteller rollenbasierte Konzepte, die horizontal und vertikal geschnitten sind. Als Beispiel: Das Finanz-Controlling muss deutlich mehr Daten einsehen können als etwa ein Verkaufsgruppenleiter, den nur interessiert, ob die letzte Werbekampagne gefruchtet hat.

Spezialisten bleibt immer noch die Nische

Ein Trend, den auch Business Objekts bestätigen kann. “BI wird für 20 Prozent der Angestellten relevant”, prognostiziert Alexander Klaus, Director of Marketing bei Business Objects. Je mehr BI das Unternehmen durchdringt, desto wichtiger werde auch die Anbindung einzelner Anwendungen. “Daher haben auch wir Office in unsere Lösungen integriert”, so Klaus. Ovum-Analystin Woodward sieht die Zahl derer, die künftig mit ‘Pervasive BI’ in Berührung kommen werden, mit 30 bis 40 Prozent, sogar noch höher.

Der Kuchen des BI-Marktes wächst also nicht nur aufgrund der ständig steigenden Datenmengen. Die Meta Group schätzt, dass diese um jährlich 90 Prozent anschwillt. Aber auch die Zahl der Nutzer und Anwender wird immer größer. Mit der Folge, dass Analysewerkzeuge auch für Angestellte ohne spezielles Vorwissen anwendbar werden müssen.

BI-Spezialisten, die im Microsoft-Umfeld agieren, müssen allerdings schon jetzt auf Microsofts Expansion reagieren. “Panorama etwa spezialisiert sich auf vorgefertigte Datenmodelle, über die der Anwender Aufwand bei der Implementierung sparen kann”, erklärt BARC-Analyst Keller. Eine Nische, die für Microsoft zu individuell sei. Proclarity diversifiziere hingegen in die Breite. Der Hersteller integriert die ‘Analytic Platform’ in BSM und erweitert die Analyse- und Visualisierungsfunktionen des Microsoft-Produktes. “Das sind zwei Unternehmen, die auf jeden Fall unter Druck geraten werden”, bekräftigt Analystin Woodward. Eine Übernahme durch Microsoft scheint für sie in beiden Fällen jedoch wenig wahrscheinlich.

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Silicon-Redaktion

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