Ex-Telekom-Chef Ricke bereut

Er habe damals Freiheit mit Macht verwechselt, so Ricke. Dabei bedeute Freiheit, unabhängig zu sein. Wenn man das geschafft habe, gehe es einem gut. Dazu müsse man berücksichtigen, dass im übergeordneten Sinne nichts wichtig ist, auch man selbst nicht.

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende berichtet über eine Kultur des Misstrauens in den Topetagen. “Je höher man steigt, umso misstrauischer muss man sein, weil jeder, der um die Ecke kommt, im Zweifel etwas will.” Misstrauen müsse dabei nicht in erster Linie den Verrat von Geschäftsgeheimnissen bedeuten, sondern häufig viel profanere Dinge.

“Dass man bei jedem, mit dem man zu tun hat, irgendeinen Hintergedanken vermuten muss. Man kriegt ja von überall her E-Mails, wird dauernd von irgendwem benutzt.” Da fange man an, sich abzuschotten. “Dann wird es potenziell einsam”, so Ricke. Bei all dem müsse man sich davor hüten, in der Unternehmensführung sein Verhalten nicht als Schauspielkunst zu begreifen, dann werde es gefährlich.

Als großes Glück bezeichnete Ricke, der heute Mitglied in verschiedenen Aufsichtsräten ist und für Private Equity-Firmen arbeitet, dass er “den Job relativ jung machen durfte und gesund wieder herausgekommen” sei. Einer von Rickes Vorstandskollegen war seinerzeit im Alter von 47 Jahren einem Herzinfarkt erlegen.

Im Rückblick zeigte sich Ricke dennoch auch froh, die Aufgabe als Vorstandsvorsitzender übernommen zu haben: “Es ist eine Riesenerfahrung, ist ein Segen, wirklich ein Segen. Ein unglaubliches Glück.” Selbstkritisch fügte er hinzu, dass man die Rolle, die man bekommen hat, auch ausfüllen wollen müsse: “Ich war nicht verliebt genug in die Rolle des Telekom-Chefs. (…) Ich hätte meine Persönlichkeit stärker (…) zur Schau stellen sollen.”

Das Buch ‘Die da oben’ von Jan Heidtmann und Barbara Nolte erscheint Ende Oktober im Suhrkamp Verlag. Das Wirtschaftsmagazin Capital (vom 22. Oktober) druckt das Interview vorab.

Silicon-Redaktion

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  • Da jammert der Richtige!
    Wenn jemand wie Herr Ricke über eine Misstrauenskultur an Unternehmen jammert kommen mir wirklich die Tränen.

    Wer, wenn nicht Leute wie Herr Ricke, ist denn dafür verantwortlich? Wer ordnet denn die Massenhafte Bespitzelung von Mitarbeitern und Aussenstehenden an? Wer haut Mitarbeiter dauernd in den Sack?

    Vielleicht sollten Leute wie Herr Ricke mal von ihrem Ego-Trip runterkommen und mit anpacken, die Scherbenhaufen, die sie hinterlassen, aufzuräumen! Da könnte ich evtl. sowas wie Achtung vor solchen Leuten entwickeln. So sind diese Leute nichts als narzistische Egomanen auf Selbstmitleidstrip...

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