Sämtliche Xing-Impressen unzulässig?

Verschiedene Berufsgruppen unterliegen laut Telemediengesetz § 5 der Impressumspflicht. Allerdings können nur Mitbewerber gegen Vertöße vorgehen. Das Landgericht Stuttgart erklärt in einem aktuellen Urteil die Impressen auf Xing kurzerhand für unzulässig und damit für abmahnfähig.

Das Landgericht Stuttgart sorgt mit einer Entscheidung zur Impressumspflicht im Business-Netzwerk Xing für Aufsehen und Unverständnis bei Rechtsexperten. Laut § 5 des Telemediengesetzes sollten zum Beispiel Freiberufler, Unternehmensinhaber oder Geschäftsführer auch auf Xing über ein Impressum verfügen. Allerdings können lediglich Mitbewerber Fehler im Impressum abmahnen.

Und das ist bereits mehrmals geschehen. So berichtet Rechtsanwalt Carsten Ulbricht, dass er mit weiteren Personen von anderen Anwälten abgemahnt wurde.

Laut dem Urteil des LG Stuttgarts, (Az. 11 O 51/14) wären derzeit sämtliche Impressen auf Xing abmahnfähig, wie Ulbricht erklärt. Ulbricht wurde von dem Rechtsanwalt Winter wegen Fehlern in seinem Impressum verklagt. Ulbricht reagierte mit einer negativen Feststellungsklage. Die sollte Ulbricht von den Forderungen von RA Winter entbinden.

Allerdings lehnte das das LG Stuttgart Ulbrichts Gesuch ab. Die Richter monieren, dass sich der Link zum Impressum am unteren rechten Rand der Seite befinde und in kleinerer Schriftgröße gehalten sei. Der Link befinde sich außerhalb des eigentlichen Textblocks und damit “in einem Bereich, dem der Durchschnittsleser keine besondere Aufmerksamkeit mehr schenkt”.

Wie Rechtsanwalt Thomas Schwenke in seinem Kommentar zu dem Urteil festhält, treffe dies auf eine ganze Reihe von Seiten zu: Bild.de, T-online oder auch der Bundesdruckerei. Er erklärt dazu: “Die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart ist eine Steilvorlage für die schwarzen Schafe, die sich an Impressumsabmahnungen bereichern oder den Mitbewerbern “Knüppel zwischen die Beine” werfen möchten. Denn sollte dieses Urteil Bestand haben, müssten Abgemahnte eine Unterlassungserklärung abgeben, in der sie sich verpflichten bei einem erneutem Impressumsverstoß eine empfindliche Vertragsstrafe zu zahlen (die bei ca. 2.000 bis 5.000 Euro liegen dürfte).”

Bei jeder Änderung, die Xing an dem Portal durchführt (in der Regel einmal wöchentlich) müssten Freiberufler und Geschäftsführer daher bangen, dass das Impressum nicht in genügender Form sichtbar ist. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass der Besucher einer Webseite zuerst nach dem Impressum suche, und wie eben Zahlreiche Beispiele zeigen, eigentlich gewohnt ist, nach unten zu scrollen um diese Informationen zu bekommen.

Allerdings habe Ulbricht bereits vor dem Oberlandes Gericht Stuttgart Berufung gegen dieses Urteil eingereicht, damit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Sollte das OLG zur gleichen Auffassung wie das Landgericht kommen, könnten auch Unternehmen, die etwa ein Profil auf ww.gelbeseiten.de hochladen, der Impressumspflicht unterliegen, indem sie zum Beispiel ein Logo hochladen.

Laut der Argumentation des Gerichtes ist, wer ein Profil auch geschäftlich nutzt und in irgend einer Weise Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung einer Präsenz nehmen kann, impressumspflichtig. Zudem muss das Impressum leicht aufzufinden sein und dann die laut § 5 TMG notwendigen Informationen beinhalten. Ulbricht hatte darüber hinaus in seinem Xing-Profil auf sein vollständiges Impressum verlinkt, jedoch sei der Standardhinweis bei XING für die Richter nicht hinreichend leicht auffindbar.

Auf Nachfrage von silicon.de erklärt Marc-Sven Kopka, Vice President Corporate Communications bei Xing, dass das Portal die derzeitige Situation prüfe. “Wir werden in Kürze das Impressum entsprechend den Vorgaben des Landgerichts Stuttgart anpassen. Unsere Mitglieder müssen nichts weiter tun”, so Kopka.

Kopka erklärt jedoch auch, dass die Rechtslage bezüglich der Impressumspflicht derzeit unübersichtlich sei. Das Landgericht München etwa habe mit dem Urteil vom 03.06.2014, Az. 33 O 4149/14 entschieden, dass sogar ein fehlendes Impressum auf der Plattform Xing nicht abmahnfähig ist.

Auch Kopka bestätigt die Aussage von Rechtsanwalt Schwenk, dass Privatpersonen nicht betroffen sind. Kopka: “Daher liegen unseres Wissens auch keine weiteren Fälle vor, bei denen das Thema Impressum im Profil zu Schwierigkeiten geführt hat, mit Ausnahme der in den Medien beschriebenen Anwälte, die andere Anwälte abgemahnt haben.”

Praxistipps:

Wer braucht ein Impressum?

Unternehmer, Freiberufler und Geschäftsführer sollten über ein Impressum auf Xing verfügen. Bei ‘normalen’ Angestellten bestehe laut RA Thomas Schwenke keine Pflicht. Allerdings sollte zur Sicherheit der Hinweis auftauchen: “Das ist mein privates Profil”. Ausnahme: die Person wirbt über das eigene Profil für den Arbeitgeber, das muss jedoch im Einzelfall beurteilt werden.

Das Impressum sollte laut Schwenke, bis Xing den Link geändert hat, auch in der Profilbeschreibung eingebaut sein. Web-Seiten-Betreiber sollten zudem den Link zum Impressum im oberen Bereich der Seite platzieren oder die Schriftgröße an den restlichen Text anpassen.

Kann man auf das vollständige Impressum verlinken?

Ja, allerdings sieht das LG Stuttgart den von Xing dafür vorgesehenen Link als zu unauffällig an. Wichtig ist außerdem, dass die im Impressum genannte verantwortliche Person auch dem Namen des verlinkten Social Media Accounts entspricht. Ansonsten muss im Impressum festgehalten sein, dass das Impressum auch für das verlinkte Profil gilt.

Groß genug? Bis zur Änderung durch die Xing AG empfehlen Rechtsanwälte die Verlinkung zum Impressum in die Profilbeschreibung zu integrieren. Das Xing-Impressum lässt sich über einen Link am untersten Rand des Profils bearbeiten.

Tipp: Wie gut kennen Sie Soziale Netzwerke? Testen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Redaktion

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  • "ins Auge fallen"?!?

    Es reicht also nicht, das der Link (auch) auf der Seite vernünftig lesbar angebracht ist? Wer ein Impressum aufrufen will (und das ist ja kaum JEDER Besucher der seite), der wird von sich aus den Menüpunkt / Link "Impressum" suchen und nötigenfalls auch scrollen.

    Noch dümmer aber sind deutsche Juristen, wenn Sie bemängeln, das man zum Erreichen eines Links "scrollen" müsse. Wem das zuviel Aufwand ist, der sollte sich einfach einen für ihn geeignet großen, hochauflösenden Bildschirm zulegen...

    Denn: Welche Bildschirmauflösung will da ein Gericht zugrundelegen? Die des PCs im Richterbüro? Auch wenn das manchem Deutschen "umheimlich" scheint: Das Web schreibt keine Screen-Abmaße vor und geht technisch davon aus, das es beliebige Auflösungen geben kann.

    Ich bin aber mal gespannt, wann in DE der erste "gesetzlich genormte Bildschirmarbeitsplatz" in Serie geht, dessen Auflösung vom Bundestag bestimmt wird - zum "Wohle und Schutze" der Deutschen und ihrer Gartenzwerge...

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