Categories: ÜbernahmeUnternehmen

Japanisches IT-Konglomerat Softbank kauft britischen Chip-Designer ARM

Softbank wird den britischen Chip-Entwickler ARM für insgesamt rund 27,95 Milliarden Euro übernehmen. Das hat das japanische Unternehmen heute angekündigt. Der gebotene Kaufpreis von 17 Pfund pro Aktie entspricht einem Aufschlag von 43 Prozent auf den Schlusskurs vom vergangenen Freitag.

Der Pressemitteilung (PDF) zufolge haben die Aufsichtsräte der beiden Firmen der Vereinbarung bereits zugestimmt. Den Beteiligten zufolge ist für die Akquisition keine kartellrechtliche Prüfung erforderlich. ARM soll nach Abschluss der Transaktion als eigenständiges Unternehmen weitergeführt werden. Außerdem will Softbank auch beim Management-Team keine grundlegenden Veränderungen vornehmen.

Dafür soll erheblich in den Ausbau des Geschäfts investiert werden: In den kommenden fünf Jahren soll zum Beispiel die Anzahl der ARM-Mitarbeiter in Großbritannien verfünffacht werden. Am bewährten, auf Partnerschaften basierenden Geschäftsmodell von ARM will der neue Eigentümer festhalten. Das Unternehmen wird also auch künftig Chiptechnologien entwickeln, die andere Firmen dann für die Produktion von Prozessoren – in erster Linie für den Einsatz in Mobilgeräten – dann lizenzieren.

Softbank ist als Käufer bekannt, wer vergleichsweise wenig in die übernommenen Firmen eingreift. Ein Grund dafür mag auch sein, dass die Investitionen nicht getätigt werden, um eigene Angebote weiterzuentwickeln oder neue zu schmieden, sondern oft einfach Geld in Firmen gesteckt wird, in denen man großes Wachstumspotenzial sieht, die aber nicht unbedingt komplementäre Ziele verfolgen.

In den vergangenen Jahren investierte Softbank etwa in den chinesischen Internetkonzern Alibaba, an dem ihm nun 20 Prozent gehören, kaufte das Japangeschäft von Vodafone (für 15 Milliarden Dollar) und erwarb eine Mehrheitsbeteiligung am US-Netzbetreiber Sprint Nextel (für 22 Milliarden Dollar) sowie dem im Mobilfunkbereich tätigen Großhändler Brightstat für 1,1 Milliarden Dollar.

Eine aus Sicht von Softbank besonders lohnende Investition war die in den finnischen Spieleentwickler Supercell im Jahr 2013: Damals wurden für 1,5 Milliarden Dollar 51 Prozent an dem Unternehmen übernommen. Vor knapp einem Monat erwarb das chinesische Unternehmen Tecncent dann 81 Prozent von Supercell für 8,6 Milliarden Dollar. Softbank gab im Zuge der Transaktion alle seine Anteile ab und erhielt dafür 7,3 Milliarden Dollar – machte also innerhalb von drei Jahren einen Gewinn von 5,8 Milliarden. Der wird nun offenbar in Hoffnung auf eine ähnliche lukrative Wertentwicklung in ARM gesteckt.

“Wir bewundern ARM schon lange als ein weltbekanntes und sehr respektiertes Technologieunternehmen, das in seinem Bereich mit Abstand Marktführer ist”, erklärt Masayoshi Son, Chairman und CEO von Softbank. “ARM ist eine ideale strategische Ergänzung innerhalb der Softbank-Gruppe, um die wichtigen Möglichkeiten, die sich aus dem Internet der Dinge ergeben, zu nutzen.”

Im vergangenen Jahr wurden von allen Lizenznehmern rund 15 Milliarden Prozessoren auf Basis von ARM-Designs hergestellt. Im Jahr zuvor waren es noch rund 12 Milliarden. Allerdings sind die Einnahmen aufgrund des auf Lizenzierung beschränkten Geschäftsmodells dennoch überschaubar: Sie lagen bei knapp unter 1,2 Milliarden Euro. Der von Softbank gezahlte Kaufpreis entspricht Berechnungen der Financial Times zufolge dem 70-fachen der Nettoeinnahmen des vergangenen Jahres. Offenbar glaubt Softbank also nicht nur an ein weiteres, stetiges Wachstum von ARM-basierenden Chips im Bereich der Mobilgeräte, sondern sieht auch gute Chancen, dass die bisher sehr begrenzten Versuche, das Modell auf andere Bereiche zu übertragen, etwa Netzwerkprodukte und Server, in Zukunft wesentlich erfolgreicher sein könnten.

[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]

Tipp: Wie gut kennen Sie sich mit der europäischen Technologie-Geschichte aus? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Redaktion

Recent Posts

Keine Angst vor Phishing

Bereits seit einigen Jahren führt die RGF Staffing Germany Schulungen durch, um die eigenen Mitarbeiter…

3 Stunden ago

Blick ins Innenleben industrieller KI

Das Europäische Forschungsprojekt XMANAI hat den Blick in die KI geöffnet und macht ihre Entscheidungsprozesse…

4 Stunden ago

Wie Hacker Large Language Models für ihre Zwecke nutzen

Hacker nutzen LLM weniger als visionäre Alleskönner-Technologien, sondern als effiziente Werkzeuge zum Verbessern von Standardangriffen,…

4 Stunden ago

Software AG entwickelt KI-gestütztes Process-Mining-Tool

Der "ARIS AI Companion" soll alle Mitarbeitenden darin befähigen, Prozesse zu analysieren und Ineffizienzen aufzudecken.

6 Stunden ago

EM 2024: Fußballfest für Cyberangriffe

Kurz vor der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland nehmen die Cyberbedrohungen für Sportfans zu, warnt Marco Eggerling…

2 Tagen ago

CRM: Die Qual der Wahl

Software für das Customer Relationship Management muss passgenau ausgewählt und im Praxistest an das einzelne…

2 Tagen ago