Veit Siegenheim

ist Leiter der Advisory-Abteilung bei Avanade

Ist Ihr Unternehmen gut genug digitalisiert?

Manuelle Prozesse eliminieren, bessere Technologien für alltägliche Aufgaben nutzen, grundsätzlich neue Business-Vorgehensweisen bzw. neue Geschäftsmodelle – all das zählt zur „Digitalen Transformation“. Mag die Abgrenzung schwierig erscheinen, der erste Schritt ist klar: Zuerst gilt es alle Prozesse grundlegend zu digitalisieren.

Je nach Branche und Unternehmen ist es nicht einfach, Digitalisierung klar zu definieren. Tatsächlich bedeutet die digitale Transformation in jedem Kontext, dass Unternehmen zuerst einmal vollständig „digitalisiert“ werden müssen. Forscher am MIT Center for Information Systems Research (CISR) verstehen darunter die Anwendung eines disziplinierten Ansatzes für Geschäftsprozesse. Einige im IT-Umfeld mag eine solche BWL-lastige Definition vielleicht überraschen: Ist mit Digitalisierung nicht vor allem Technologie gemeint? Die Antwort lautet ja – wenn die Technologie die entsprechend notwendige Präzision aufweist, um einen „digitalisierten Zustand“ zu erreichen.

Digital vs. Digitalisiert

„In vielen Fällen treiben Führungskräfte Digitalisierungsinitiativen voran und denken, sie würden in neue und bessere Technologien investieren. Dabei wird oft nicht erkannt, dass die Digitalisierung eine grundlegende Veränderung der Arbeitsweise der Mitarbeiter erfordert“, lässt sich in einem Bericht des MIT CISR lesen. Kurz gesagt, die Digitalisierung ist in der Regel zwar mit Technologie verbunden; die zentralen Auswirkungen sind jedoch auf die Geschäftsprozesse und vor allem auf die beteiligten Personen zu erwarten.

In den 2000er-Jahren war der Begriff „IT-Business-Alignment“ in aller Munde. Letztlich geht es immer noch oder genau wieder darum. Digitale Transformation ist kein Selbstzweck und hängt daher von der Digitalisierung vor oder während der Phase der unternehmerischen Umgestaltung insgesamt ab. Vornehmliches Ziel ist es dabei, einen skalierbaren und konsequenten Prozessrahmen zu schaffen. Erst er ermöglicht es Unternehmen, die betriebliche Effizienz drastisch zu verbessern. Diese Effizienz ist wiederum die Voraussetzung, um Betriebskosten zu senken und Kapital für Innovationen freizusetzen.

Zweistufige Herangehensweise

Um beispielsweise einen einzelnen Kunden über mehrere Vertriebskanäle hinweg umfassend anzusprechen, muss ein Unternehmen zunächst über eine einzige gültige Kundendefinition verfügen. Das würde in der Konsequenz bedeuten, dass alle Abteilungen die vorhandenen Kundendaten als quasi-bilanzielle Unternehmenswerte begreifen, diese auch so behandeln und darüber hinaus einheitlich anreichern, sobald ein Kunde mit einer Abteilung interagiert.

Mit dieser Prozess- und Datenbasis geht es nun darum, den Schatz der enthaltenen Kundeninformationen zu heben. Das kann beispielsweise funktionieren, indem die Marke gestärkt wird und zusätzliche Möglichkeiten der Kundeninteraktion identifiziert werden. Dazu können auch neue Produkte und Dienstleistungen zählen; ebenso ist es denkbar, die Kundenbeziehung, um bestehende Produkte und Dienstleistungen herum zu erweitern. Erst über diese zwei Stufen entsteht eine echte digitale Transformation: neue Geschäftsmodelle, basierend auf der Digitalisierung von Prozessen.

Wie sieht das in den Unternehmen aus?

Eine der Herausforderungen bei der Darstellung des Vorgangs der digitalen Transformation in einem Unternehmen besteht darin, die konkreten Schritte zu differenzieren und zu benennen. Es sei hier exemplarisch auf „Digital Manufacturing“ verwiesen: Als Konsumgüterhersteller fühlt sich dieser Begriff fast bedeutungslos an. Wie wird bitteschön eine Fertigung digitalisiert? Wie zuvor angedeutet liegt die Antwort darin versteckt, was viele Hersteller bereits machen: nämlich Daten über ihre Anlagen zu sammeln. Bei der Digitalisierung liegt der Unterschied darin, dass diese Maschinendaten per definierten Prozess vorschriftsmäßig und einheitlich erfasst werden.

Das ist – oder wäre – der eigentliche Schlüssel zur Digitalisierung der Fertigung. In der Vergangenheit haben Unternehmen jedoch Daten ihrer Steuerungssysteme einzeln und/oder in kleinen Mengen gesammelt. Da mag es Videodaten geben, die in einem bestimmten Ordner gespeichert wurden. Weitere Dateien, vielleicht die Umweltdaten der Anlage, wurden wieder an einem anderen Ablageort hinterlegt. ERP-Files residieren nochmals in einem anderen System usw. Die prozessgesteuerte Digitalisierung einer Fertigung verändert solche bestehenden Abläufe und Verhaltensweisen radikal. Das beginnt mit einer zentralen Datenerfassung.

Auswertung in der Cloud

Doch auch mit einem solchen zentralen Speicher und sauberen Prozessen ist noch nichts gewonnen. Vielmehr ist das nur die erste Stufe (s. oben: zweistufige Herangehensweise!). Als nächstes gilt es, die Daten auf produktive Weise aufzubereiten. Erklärtes Ziel muss es sein, Mitarbeiter und Management Vorteile für bessere Entscheidungen und Handlungen zu verschaffen. Mit genügend Erfahrung und dem nötigen Kontextwissen können die gewonnenen Daten Einblicke in potenzielle oder bestehende Probleme geben. Warum müssen etwa plötzlich mehrere Chargen eines Produkts bei identischem Rohstoff-Input korrigiert werden? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Steuerung des Arbeitsprozesses am Fließband und auftretenden Störungen? Usw.

Standardisierte Prozesse und grundlegende Datenerhebung haben immerhin bereits in den frühen 1990er Jahren Einzug gehalten, als Unternehmen zu einheitlichen ERP-Systemen übergingen. Der nächste Schritt setzt diese Entwicklung fort, indem er Daten über alle Speicher hinweg zusammenfasst, exakte Prozesse zu Grunde legt und die spezifischen Anwendungsfälle aufzeigt, die durch die Verwendung von Messdaten verbessert werden. Eine zentrale Auswertung mit zugehörigen Applikationen ermöglicht es, entsprechende Erkenntnisse systematisch zu gewinnen. Die Basis dafür ist die vollständige Digitalisierung und die Umrüstung auf ein digitales Fertigungsverfahren.

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