IT-Outsourcing – ein reifer Markt?

Allerdings ist das Interesse an diesem Segment in letzter Zeit wieder gestiegen, da hier viel technische Transformationsarbeit gefragt ist. Inzwischen reorientieren sich die für die Auswahl der IT-Dienstleister verantwortlichen CIOs, um zeitgemäßere Anforderungen in Sachen Organisation zu erfüllen. Eine neue vergleichende Studie von Ovum über die Key Player im Markt für Infrastruktur-Outsourcing hat an den Tag gebracht, wie Kunden und Dienstleister angesichts eines sich verändernden Umfelds zueinander stehen.

Differenzierung der Anbieter

Generell hat sich hinsichtlich der Aussagen der Dienstleister über die eigenen Fähigkeiten ein gesundes Maß an Skepsis bei den Kunden etabliert. Keiner der befragten Kunden war bereit, ein Premium für “topaktuelle” Technologie zu zahlen, und die meisten erwarteten nur bewährte Technologien im Rahmen der Dienstleistung. In Sachen Utility Computing oder Offshore-Dienste zeigten sich die Kunden gegenüber den Grundkonzepten nicht ablehnend, erwarten aber nachvollziehbare Beweise über deren Tragfähigkeit, bevor sie sich darauf einlassen.

Wie also wollen sich die Anbieter untereinander differenzieren? Die einfache Antwort darauf ist, dass sie sich aus der Perspektive des Marktes nicht sinnvoll unterscheiden können. In der Art, wie sich die einzelnen Großanbieter im Markt darstellen, gibt es wenig Möglichkeiten eine klare Trennungslinie zwischen sich und der Konkurrenz zu ziehen, besonders nicht in Bezug auf ihre Fähigkeiten, Kundenwünsche zu erfüllen. Die Unterschiede werden erst sichtbar in ihrer Auseinandersetzung mit der Ausschreibung der potenziellen Kunden. Erst dann können letztere die Spreu vom Weizen trennen.

Trotz der Versuche der Anbieter zu behaupten, dass ihre Leistungen generell besser sind als die der Konkurrenz, würdigen die Kunden kaum die “besten allgemeinen Leistungen”. Vielmehr machen sie ihre Entscheidungen individuell abhängig von einer Reihe von Kriterien, die auf ihre eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Eine Reaktion der Anbieter auf die wachsende Konkurrenz im Markt ist die vertikale Spezialisierung auf bestimmte Industriesektoren. Das betriebswirtschaftliche Verständnis für die Branche ihrer Kunden, so behaupten sie, sei ein Differenzierungsmerkmal. In gewisser Hinsicht ist das eine gültige Behauptung, wie das Feedback der Kunden gezeigt hat, wenn auch keine allgemeingültige.

Die Sicht des CIO

Ovum hat in der Vergangenheit sehr deutlich auf Veränderungen in der Rolle des CIO hingewiesen. Im wesentlichen glauben wir, dass sich die Gattung CIO in zwei Spezies aufspaltet: die ‘Echsen’ und die ‘Vögel’. ‘Echsen-CIOs’ werden für die Bereitstellung der Kern-IT verantwortlich sein und sie werden daran gemessen, wie gut sie diese Infrastruktur bereit stellen und wie viel sie dafür ausgeben. ‘Vogel-CIOs’ werden für die Innovation der Geschäftsprozesse mittels IT zuständig sein. Ihr Talent liegt nicht darin, die Feinheiten der Technologie zu verstehen, sondern herauszufinden, was das Unternehmen tun muss, um sich zu differenzieren.

Diese Veränderung ist bereits im Gange. Beispielsweise führt der CIO von Equant, Vince Kelly, ein ‘Komitee zur Prozesssteuerung’. Während die einzelnen Equant-Bereichsleiter die Hoheit über ihre Geschäftsprozesse behalten, ist Kellys Aufgabe das Zuordnen von IT und den entsprechenden Kosten auf diese Prozesse.

In Anbetracht der allgemeinen Neubewertung der IT, am überzeugendsten dargestellt in einem Artikel von Nicholas Carr im Harvard Business Review 2003 mit dem Titel ‘IT doesn’t matter’, müssen effektive CIOs (die ‘Vögel’) in der Lage sein zu beurteilen, wo die IT Vorteile für das Unternehmen schaffen kann und wo nicht.

Das Segment des Infrastruktur-Outsourcing agiert zunehmend in einer Zone, in der IT kein Differenzierungsmerkmal mehr ist. Angesichts der Investitionen, die nötig sind, um Rechenzentren zu modernisieren und neue Server-Technologie aufzustellen, fragen sich viele IT-Dienstleister selbst, ob der Betrieb von Rechenzentren ihnen genug Raum für Differenzierung gibt, oder ob sie lieber selbst auslagern sollten. Immerhin lautet die Losung für Aufträge im Bereich Infrastruktur ‘Konsolidierung und Kostenkontrolle’.

Der CIO ist am meisten daran interessiert, organisatorische Ziele und IT in Einklang zu bringen. Logischerweise hat er deswegen sein Augenmerk auf eine kostengünstige, sichere und zuverlässige Alternative für das eigene Rechenzentrum und die Desktop-Services – nicht mehr und nicht weniger. Betriebswirtschaftlich gesehen werden die Einsparungen daraus in Investitionen für neue Projekte gesteckt, die dem Unternehmen mehr Marktanteile bringen sollen, und nicht unbedingt für denselben IT-Dienstleister oder dieselbe Dienstleistung ausgegeben.

Die Konsequenz der technologischen Reife ist Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit. Allerdings hat unsere Studie gezeigt, dass der Markt für Infrastruktur-Outsourcing alles andere als reif ist. Die Annahme, dass diese Attribute automatisch bei einem Infrastruktur-Outsourcing-Deal zutreffen, kann für Kunden kostspielig werden. Wir raten CIOs deswegen zur Vorsicht, wenn seitens des Anbieters die Marktreife als Argument gebracht wird, um kritischen Fragen hinsichtlich seiner Fähigkeiten auszuweichen.

Lesen Sie auch : CRM: Die Qual der Wahl
Silicon-Redaktion

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