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UMTS auf heimlichem Erfolgskurs

Dagegen findet Gerpott es “relativ attraktiv, Karten für ein Konzert oder eine Bahnfahrkarte mit dem Handy zu buchen”. Eine Zielgruppe mit hoher Kaufkraft sieht der TK-Experte in jungen Menschen, die sich mit ihrem Handy Musik herunterladen. Alleine mit Klingeltönen seien im vergangenen Jahr 500 Millionen Euro umgesetzt worden. “Bei ‘Full file’-Downloads dürfte noch einiges mehr an Geld drin sein.”

Was die Location Based Services angeht, laufen derzeit diverse Pilotversuche im öffentlichen Personennahverkehr. “Dafür braucht man aber keine UMTS-Bandbreite”, so Gerpott. Das lasse sich auch mit GSM machen. Ebenso wenig braucht UMTS, wer ein Endgerät mit RIMs Blackberry einsetzt: “Dieses komprimiert nämlich die Daten derart intelligent, dass GPRS dafür vollkommen ausreicht”, stellt Keuling fest.

Wohin geht die Entwicklung? Die Zukunft sieht Keuling in Cross-Marketing-Applikationen. Nach seiner Meinung könnte das so ablaufen, dass ein Anbieter ein Fußballspiel mit DVB-T überträgt und für ein Gewinnspiel oder eine Zusammenstellung der Torszenen das Mobiltelefon als Rückkanal nutzt. “Vor allen Dingen wird die Intelligenz in den Endgeräten nachhaltig verbessert”, ist der Tecon-Terenci-Chef überzeugt. Künftig könnten Endgeräte nahtlos auf das Netz zugreifen, das jeweils die beste Leistung biete – sei es UMTS, GPRS oder WLAN. “Unabhängigkeit vom festen Arbeitsplatz ist das Stichwort”, so der Geschäftsführer des Systemhauses.

Webseiten für mobile Endgeräte optimieren

Was die Märkte angeht, ist Keuling überzeugt, dass der Geschäfts- und der Privatkundenbereich immer mehr ineinander übergehen und nicht mehr so leicht zu trennen sein werden. Tecon Terenci hat mit dem Mobile Content Publisher ein Tool entwickelt, mit dem Unternehmen, Behörden oder Organisationen mobile Webseiten erstellen und öffentlich verfügbar machen könnten, indem sie Inhalte dafür aus vorhandenen Seiten übernehmen. “Damit lassen sich kurzfristig Gewinnspiele oder Informationsseiten aufsetzen”, beschreibt Keuling. Kunden seien zum Beispiel BMW, Neckermann und Werbeagenturen.

Viel versprechend findet Keuling die Dotmobi-Initiative. Hier haben sich Mobilfunkunternehmen, Netzbetreiber, Google, Microsoft und andere Unternehmen zusammengeschlossen und ein Datenformat entwickelt, das es ermöglicht, Webseiten für mobile Endgeräte optimiert darzustellen. “Damit bekommt der Benutzer eine völlig andere Performance der mobilen Web-Anwendungen”, schwärmt Keuling. Und zwar um den Faktor zwei bis fünf – je nach Netz und Endgerät. Seit Ende Mai können sich Inhaber eingetragener Warenzeichen für eine ‘.mobi’-Adresse melden, alle anderen Interessenten erhalten ab Ende August Zugang.

Einen Schub für UMTS könnte die schnellere Datenübertragungstechnik HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) auslösen. Beim Umrüsten der Basisstationen hat offenbar T-Mobile die Nase vorn. Bisher seien 1000 Städte in Deutschland mit HSDPA ausgerüstet, so Caroline Bergmann. Das entspreche einer Abdeckung von 60 Prozent der Bevölkerung. Als erste HSDPA-Endgeräte bietet der Mobilfunkbetreiber zwei Varianten der Web’n’Walk-Karte für den Laptop. Sie unterstützen Geschwindigkeiten von bis zu 1,8 MBit pro Sekunde im Download und maximal 384 KBit/s im Upload. Bisher gebe es ungefähr ein halbes Dutzend Endgeräte für HSDPA, so Gerpott.

HSDPA forciert Festnetz-Substitution

Auch Vodafone ist mit dem Nachrüsten seiner Netze auf HSDPA beschäftigt. “Die HSDPA-Technik ist in allen WM-Austragungsorten verfügbar”, bestätigt Pressesprecher Heiko Witzke. Der weitere Ausbau gehe zügig voran. E-Plus und O2 wollen in diesem Jahr mit HSDPA beginnen: E-Plus schrittweise, “sobald die Technik ausgereift ist und entsprechende Endgeräte zur Verfügung stehen”; O2 gegen Ende des Jahres.

Damit wird UMTS auch interessant als Alternative für einen DSL-Anschluss – besonders in ländlichen Gegenden, die per DSL bis heute nicht erschlossen sind und wo frustrierte Langsam-Surfer seit langem darauf warten, dass sie endlich einen schnelleren Internetzugang bekommen.

Die Festnetz-Substitution war auch eines der Themen auf der Handelsblatt-Tagung ‘Telekommarkt Europa’ Anfang Juni in Bonn. “Vodafone und O2 Germany wollen Wachstum generieren durch Konvergenzprodukte aus DSL- und Mobilfunkanschluss”, berichtete Gerpott, seit vielen Jahren Vorsitzender der Konferenz. Mit ‘Genion’ hatte O2 als erster Carrier ein solches Angebot auf dem Markt. Über den heutigen Stand teilte O2-Sprecher Roland Kuntze mit, dass “20 Prozent der Genion-Nutzer keinen Festnetzanschluss mehr benötigen”.

Netzagentur sorgt für niedrigere Entgelte

Was die Festnetz-Substitution lange verzögert hat, sind die im EU-Vergleich hohen Mobilfunkentgelte in Deutschland. Nach dem Willen der EU und der Bundesnetzagentur (BNetzA) wird sich dies bald ändern: mittels der Regulierungsverfügung für die Terminierungskosten vom Festnetz in die Mobilfunknetze. Derzeit zahlen T-Mobile und Vodafone 11 Cent je Minute, O2 und E-Plus jeweils 12,4 Cent. Diverse Gutachten kamen laut Gerpott zu dem Ergebnis, dass kostenorientierte Terminierungspreise zwischen 6 und 9 Cent pro Minute liegen.

Während T-Mobile, Vodafone und O2 auf freiwillige Absenkung setzen, sträubt sich E-Plus und fordert eine sogenannte Spreizung, da die Kosten bei einem kleineren Carrier höher lägen als bei den marktbeherrschenden Mitbewerbern. Der VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.) fordert in diesem Zusammenhang, dass die Entgelte so sinken müssten, dass ein vernünftiges Preis-Mengengefüge zwischen den Wettbewerbern bestehe. “Zu diesem Zweck halten wir nach wie vor eine Spreizung für sinnvoll”, kommentiert Sprecher Wolfgang Heer.

Sollte E-Plus nicht einlenken, will die Netzagentur noch im Juni ihren Regulierungsvorschlag an die EU-Kommission schicken und voraussichtlich im August mit einem so genannten Entgeltverfahren beginnen. Pressesprecher Rudolf Boll rechnet spätestens im Oktober mit der Entscheidung, ob ex-ante (von der BNetzA festgelegte Entgelte) oder ex-post (nachträgliche Preiskontrolle) reguliert.

Der Trend ist eindeutig, so Gerpott: “Die Preise gehen nach unten und die Endkunden freuen sich.” Auch wenn es noch sieben bis acht Jahre dauere, bis mehr als 50 Prozent der Handy-Besitzer auf die dritte Generation migriert sein würden.

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Silicon-Redaktion

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