Die KIT-Wissenschaftler um Professor Jürg Leuthold schlagen mit dem Experiment ihren eigenen Rekord in der Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung vom Jahr 2010, in dem sie bereits die Grenze von 10 Terabit pro Sekunde durchbrechen konnten – das entspricht einer Datenrate von 10.000 Milliarden Bit pro Sekunde. Der Erfolg gelang der Gruppe dank eines von ihr entwickelten Verfahrens zur Datendekodierung.


Team um Prof. Leuthold (ganz rechts): Prof. Christian Koos, Prof. Wolfgang Freude, René Schmogrow, David Hillerkuß (v.li.na.re.), Foto: Gabi Zachmann

Das neue Dekodierverfahren beruht darauf, dass zu Beginn bei höchsten Datenraten zunächst rein optisch gerechnet wird, um die große Datenrate auf kleinere Bitraten hinunter zu brechen, die anschließend elektrisch weiterprozessiert werden können.

Die zunächst optische Reduzierung der Bitraten ist notwendig, da es bei einer Datenrate von 26 Terabit pro Sekunde keine elektronischen Verarbeitungsprozesse gibt. Für die Rekord-Datenkodierung verwendet das Team das Orthogonale Frequenz-Division Multiplexing (OFDM). Das Verfahren wird seit Jahren in der Mobilkommunikation eingesetzt und greift auf mathematische Routinen (Fast Fourier Transformation) zurück.

“Die Kunst bestand darin, das Verfahren nicht nur Tausend Mal, sondern fast eine Million Mal schneller zu machen”, so Leuthold, der die Institute für Photonik und Quantenelektronik sowie Mikrostrukturtechnik am KIT leitet. “Die bahnbrechende Idee war letztendlich die optische Umsetzung der mathematischen Routine.” Dabei habe sich gezeigt, dass das Rechnen im optischen Bereich nicht nur schnell, sondern auch energieeffizient sei, da Energie nur für den Laser und für wenige Prozessschritte benötigt werde.

“Unser Ergebnis führt vor Augen, dass selbst bei extrem hohen Datenraten noch keine physikalischen Grenzen überschritten sind”, sagte Leuthold mit Blick auf das stetig wachsende Datenaufkommen im Internet. Die Übertragung von 26 Terabit pro Sekunde zeige, so Leuthold, dass selbst hohe Datengeschwindigkeiten heute handhabbar seien – und das bei sparsamem Umgang mit der wertvollen Ressource Energie.

Datenraten von 26 Terabit pro Sekunde galten noch bis vor wenigen Jahren selbst für Systeme mit vielen Lasern als utopisch. “Man hätte auch gar keine Anwendungen dafür gehabt”, so Leuthold. “Mit 26 Terabit pro Sekunde hätte man bis zu 400 Millionen Telefongespräche gleichzeitig übertragen können. Niemand hätte das damals benötigt.”

Heute sei das anders. Videoübertragungen dominierten das Internet, verlangten extrem hohe Bitraten und der Bedarf wachse ständig. In den Kommunikationsnetzen würden heute erste Strecken mit Kanaldatenraten von 100 Gigabit pro Sekunde (entspricht 0,1 Terabit pro Sekunde) in Betrieb genommen. Die Forschung konzentriere sich nun darauf, Systeme für Übertragungsstrecken mit 400 Gbit/s bis zu 1 Tbit/s zu entwickeln.

Bei der experimentellen Umsetzung der ultraschnellen Datenübertragung am KIT haben Unternehmen und Forscher aus ganz Europa mitgewirkt. So waren Mitarbeiter von Agilent und Micram Deutschland, Time-Bandwidth Schweiz, Finisar Israel und der Universität Southampton in Großbritannien beteiligt. Die Fachzeitschrift Nature Photonics berichtet in ihrer neuesten Ausgabe über den Forschungserfolg (DOI: 10.1038/NPHOTON.2011.74).

Silicon-Redaktion

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