BGH zur Zulässigkeit sogenannter “Tippfehler-Domains”

Im konkreten Fall sah der BGH hier einen Verstoß gegen das Verbot  unlauterer Behinderung   aus §4 Nr. 10 UWG, da der Nutzer auf der sich öffnenden Internetseite nicht sogleich und unübersehbarer darauf hingewiesen wurde, dass er sich nicht auf der eigentlich gewünschten Webseite befindet.

Der Fall

Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen ” www.wetteronline.de” im Internet einen Wetterdienst. Der Beklagte ist Inhaber des Domainnamens “wetteronlin.de”. Nutzer, die durch einen Tippfehler auf die Internetseite des Beklagten gelangen, werden von dort auf eine Internetseite weitergeleitet, auf die  für private Krankenversicherungen geworben wird. Für jeden Aufruf dieser Internetseite erhält der Beklagte ein Entgelt. Die Klägerin macht geltend, sie werde dadurch, dass der Beklagte Interessenten auf eine andere Internetseite umleite, in unlauterer Weise behindert und zugleich werde ihr Namensrecht verletzt. Sie hat daher den Beklagten unter anderem auf Unterlassung der Benutzung und Einwilligung in die Löschung des Domainnamens “wetteronlin.de” verklagt.

Die Entscheidung

Eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin hat der BGH hierin nicht erkennen können, denn die für einen Namensschutz erforderliche  namensmäßige Unterscheidungskraft der Bezeichnung “wetter online” sei hier nicht gegeben. Vielmehr handele es sich bei dem Begriff “wetteronline” um einen rein beschreibenden Begriff, der lediglich den Gegenstand der Klägerin bezeichne, “online” Informationen und Dienstleistungen zum Thema “Wetter” anzubieten.

Bejaht hat der BGH hingegen einen Verstoß gegen das Verbot unlauterer Behinderungen nach§4 Nr.10 UWG. Die konkrete Benutzung der “Tippfehler-Domain” um Kunden abzufangen, stelle zumindest dann eine unlautere Behinderung dar, wenn der Nutzer auf der sich öffnenden Internetseite nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen werde, dass er sich nicht auf der Seite “wetteronline.de” befinde.

Der BGH stellt hier auf die konkreten Umstände des Einzelfalles ab und betont ausdrücklich, dass allein die bloße Registrierung einer Tippfehlerdomain für sich genommen die Klägerin nicht unlauter behindert.

Quelle: BGH I ZR 164/ 12  vom 22.JANUAR 2014

Redaktion

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  • also, die Justiz hat ja bzgl. Internet-affinen Urteilen schon kräftige Blüten getrieben. Das hier aber sogar der BGH ein juristisches "Hornberger Schießen" veranstaltet, ist mehr als peinlich für den "Technologiestandortf" Deutschland.

    Die Namensräume unter DE wie gTLDs sind bereits heute derart dicht besetzt, das es zu nahezu JEDER Domain mindestens eine, meist eine ganze Hand voll - "Vertipper-Domains" gäbe, folgte man der "Vertipper Interpretation", demnach müsste künftig jeder Domaininhaber nicht nur abklopfen, welche anderen Websites es in "seinem Umfeld" gibt und den tippinkompetenten Netzuser darauf hinweisen, das er ja womöglich eine jener Websites hat besuchen wollen - ja selbst Email-Empfänger müssten an sie fehladressierte Mails dem Absender verpflichtend mitteilen - freilich mit dem Hinweis auf die "richtige" Adresse - oder gar seine Mail gleich weiterreichen... Auch die Feststellung, was denn nun beabsichtigt "Vertipper Domain" sei und was nicht, ist mehr als fließend.

    Wer Anspruch auf eine "Vertipper Domain" erhebt, dem steht es frei diese bereits bei Registrierung seiner Domain mit zu registrieren oder sich damit abzufinden, das es auch andere Domaininhaber gibt. Mit dem Urteil weitet der BGH den Anspruch von Domaininhabern auf umliegende Domains aus und zerstört damit das Transparenzprinzip der Netzneutralität im DNS.

    Bravo!

    • Da mag ich der Auffassung von Herrn Dettenbach nicht folgen.

      Wer im Sinne der Aussage "Wetter online" eine Domain anmeldet, die sich an den bereits registrierten und vermutlich stark frequentierten Namen (hier "wetteronline")gezielt anlehnt, diesen in einer vermutlich häufig vertippten Variante ins Netzt bringt und dann auch noch keinen Inhalt bietet, der mit der Grundaussage "Wetter onlin(e)" - egal ob richtig oder falsch geschrieben - irgendwas zu tun hat und nur darauf abzielt, bezahlte Klicks zu generieren, degradiert a) am Wetter-Thema interessierte Besucher mit bewusst falscher Inaussichtstellung zu Klick-Vieh, beschädigt b) vielleicht sogar das Ansehen der korrekten Domain und ist ganz offenbar ein am Wohle seiner Mitmenschen wenig interessierter Zeitgenosse, von denen eh schon zu viele ihr Unwesen treiben.

      Die Argumentation des Herrn Dettenbach ist mir zudem auch ein viel zu grober Kamm, über den sich nicht alles scheren lässt.
      So sähe ich z.B. in der Namensähnlichkeit von "wetteronline" und "wetter-online" gar kein Problem. Für den heutigen Internetnutzer sind Schreibweisen mit und ohne Bindestrich schon ein deutliches Unterscheidungsmerkmal und dürftne nur in den allerwenigsten Fällen irritieren, wenn darunter verschiedene Anbieter zu finden sind.

      Ich begrüße darum die Position des BGH und die Beschränkung des Urteils auf in jedem Einzelfall zu prüfende Umstände halte ich für sehr klug, weil es damit möglich ist, falsche Auslegungen dieses Urteils zu verhindern.

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