Neuerliches BGH-Urteil zum Abbruch einer Auktion bei Ebay

Urteil (Bild: Shutterstock/Gunnar Pippel)

Im Dezember 2014 erklärte das Gericht, dass Anbieter das Risiko tragen müssen, wenn sie mit einem niedrigen Einstiegspreis locken. Im aktuellen Urteil unterlag nun ein Kläger, der sich das offenbar gezielt zunutze machen wollte und regelmäßig auf Schadenersatz spekulierte.

Der Bundesgerichtshof musste sich einmal mehr mit den Gepflogenheiten auf der Auktionsplattform Ebay beschäftigen. Es ging dabei um den Fall einer Person, die offenbar gezielt nach günstigen Angeboten mit fehlerhaften Artikelbeschreibungen Ausschau hielt und gar nicht wirklich beabsichtigte, diese zu erwerben, sondern es in erster Linie auf den möglichen Schadenersatz beim Abbruch der Auktion abgesehen hatte. Der BGH bezeichnet sie einer der Pressemitteilung zum Urteil (Aktenzeichen VIII ZR 182/15) selbst als “Abbruchjäger”.

Ausgangspunkt des Verfahrens war ein im Januar 2012 bei Ebay im Rahmen einer zehntägigen Auktion mit einem Startpreis von 1 Euro angebotenes, gebrauchtes Motorrad. Der “Abbruchjäger” nahm das Angebot an und stellte ein Maximalgebot von 1234,57 Euro ein.

Er war auch der einzige Bieter, als der Anbieter die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abbrach. Nur wenig später stellte der Anbieter das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei Ebay ein.

Ebay auf Tablet (Bild: Ebay)

Im Juli 2012 forderte der “Abbruchjäger” den Anbieter dann auf, ihm das Motorrad zum Preis von 1 Euro zu überlassen. Da es aber da bereits anderweitig verkauft worden war, verlangte er mit der Behauptung, das Motorrad sei 4900 Euro wert gewesen, einen Schadenersatz von 4899 Euro.

Kompliziert wird der Fall dadurch, dass der “Abbruchjäger” der Sohn des Verwalters einer Firma ist, die es ihm erlaubt hatte, für sie ein Nutzerkonto auf Ebay einzurichten. Noch vor der Zustellung der Klage mit der Forderung nach Schadenersatz hatte die Firma dann ihre Ansprüche aus den vorgenommenen Ebay-Geschäften unentgeltlich an den “Abbruchjäger” abgetreten.

Nachdem die Klage in erster Instanz vor dem Amtsgericht Bautzen zum Teil Erfolg hatte (Aktenzeichen 20 C 701/12), wurde sie nach der Berufung des Motorrad-Anbieters vom Landgericht Görlitz insgesamt abgewiesen (Aktenzeichen 2 S 213/14). Das Gericht ging davon aus, dass die Firma trotz der Abtretung ihrer Forderung an den “Abbruchjäger” berechtigt ist, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen.

Der BGH stuft die Schadensersatzforderung nun jedoch aufgrund der Gesamtumstände des Falles als rechtmissbräuchlich ein. Der “Abbruchjäger” habe vor allem das Ziel verfolgt, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Allein im Sommer 2011 habe er dazu unter mehreren Nutzerkonten bei Ebay Gebote in Höhe von 215.000 Euro abgegeben und – jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe – vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Auch die Tatsache, dass die klagende Firma mit der Geltendmachung von Forderungen über ein halbes Jahr gewartet habe, trägt dazu. Das oberste Gericht hat daher festgestellt, dass die Klage mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin als unzulässig abzuweisen ist.

Indirekte Absage an “Abbruchjäger”

Laut Bundesgerichtshofs setzt eine sogenannte “gewillkürte Prozessstandschaft” – die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung eines fremden Rechts im eigenen Namen – stets auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechtsverfolgung voraus. Ein solches schutzwürdiges Interesse ist aber nur gegeben, wenn die Entscheidung entweder Einfluss auf die eigene Rechtslage hat oder wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen. Beides ist im verhandelten Fall nicht gegeben: Die Rechtslage der Firma wird von der Entscheidung nicht berührt und da sie das Recht unentgeltlich an den “Abbruchjäger” abgetreten hat, scheiden auch wirtschaftliche Interessen aus.

In seiner Pressemitteilung erklärt der BGH abschließend: “Auf den vom Berufungsgericht als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs kam es somit nicht mehr an. Der Senat hat allerdings zum Ausdruck gebracht, dass angesichts der Häufung aussagekräftiger Indizien ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht erkennbar sei.“ Damit wurde in der Entscheidung zwar dem Unwesen der “Abbruchjäger” nicht direkt ein Riegel vorgeschoben, aber doch angedeutet, dass der BGH das nicht als legitimes Geschäftsmodell ansieht.

Grundsätzlich kann der Bieter einer abgebrochenen Ebay-Auktion aber im Einzelfall schon mit Schadenersatz rechnen. Im Dezember 2014 wurde ein BGH-Urteil veröffentlicht (Aktenzeichen VIII ZR 90/14), in dem es um genau diese Frage ging. Darin sprach das Gericht dem (verhinderten) Käufer einen Schadenersatz zu: Wer Kunden mit einem tiefen Preis lockt, ist selbst schuld, wenn er nicht den erhofften Preis erhält. Verkauft er das Produkt danach anderswo für einen höheren Preis, macht er sich gegenüber dem Ebay-Bieter schadenersatzpflichtig, da er an sein Angebot gebunden ist.

Kein Ausweg: auf das eigene Angebot bieten

Ebenfalls heute hat der Bundesgerichtshof zudem in einem weiteren Urteil festgestellt, dass es nicht nur gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay, sondern auch gegen das Gesetz verstößt, auf eigene Angebot mit einem weiteren Konto zu bieten, um den Preis hochzutreiben (Aktenzeichen VIII ZR 100/15). Der BGH hat in dem Zusammenhang noch einmal darauf hingwiesen, dass es sich bei Ebay-Auktionen nicht um eine Versteigerung im Sinne von Paragraf 156 BGB handelt (wo der Vertrag erst durch den Zuschlag zustande kommt), sondern um einen Vertragsabschluss nach den allgemeinen Regeln von Paragraf 145 und folgenden des BGB.

“Danach richtet sich das von einem Anbieter im Rahmen einer Ebay-Auktion erklärte Angebot nur an “einen anderen”, mithin an einen von ihm personenverschiedenen Bieter. Damit konnte der Beklagte durch seine Eigengebote von vornherein keinen Vertragsschluss zustande bringen”, so das Gericht. Oder anders gesagt: Man kann bei Ebay nicht an sich selbst verkaufen. Damit geht der in der Auktion zum Startpreis von 1 Euro angebotene PKW für 1,50 Euro an den “echten” Bieter, da die höheren Eigengebote des Anbieters (bis zu 17.000 Euro) unzulässig waren.

Weil der Auktionsanbieter das Fahrzeug aber bereits anderweitig verkauft hatte, verlangte der Betrogene Schadensersatz in Höhe des von ihm mit mindestens 16.500 Euro angenommenen Marktwerts des Fahrzeugs. Diesen hatte ihm das Landgericht Tübingen (Aktenzeichen 7 O 490/13) in der erste Instanz auch zugesprochen – und das völlig zu Recht, die der BGH jetzt bestätigte.