Das Jahresende naht und damit steigt wieder die Zahl der “IT-Tipps und -Trends” für das Jahr 2023. Welche prognostizierten Trends dann am Ende eintreten werden, wissen wir erst in gut einem Jahr. Wir veröffentlichen bis Weihnachten in loser Folge, was bei uns an Trendvorhersagen auf dem Redaktionstisch landet. Unsere Leser müssen auswählen, was davon passen könnte. Allerdings sollte man genau hinschauen, von wem die Trends kommen. Eigeninteressen können den Trendkompass durchaus beeinflussen.
Der No-Code- und Low-Code-Sektor ist seit der Pandemie schnell gewachsen. Gartner prognostiziert, dass bis 2025 70 Prozent der Anwendungen mit Low-Code- und No-Code-Tools erstellt werden, davon 80 Prozent von Mitarbeitern, die nicht täglich im IT-Bereich arbeiten.
Vor allem die Branchen Handel, Versicherungen, Bankwesen, Fintech, Gesundheitswesen und Herstellung profitieren von dieser Entwicklung. Sie können Dienste schneller bereitstellen und so besser mit Kunden, Partnern, Patienten und Bürgern in Kontakt treten. Sie integrieren die neuen Anwendungen in ihre bestehenden Altsysteme und sind damit in der Lage, mit den Erwartungen der modernen Nutzer Schritt zu halten. Was können Unternehmen also von diesem Sektor im Jahr 2023 erwarten?
Viele No-Code-Anbieter haben nur begrenzte Erfahrung mit der Komplexität von Unternehmensprozessen. Da die No-Code-Anwendungsentwicklung weiter an Fahrt gewinnt, müssen Unternehmen eine Governance aufbauen, um die Datensicherheit und die Qualitätssicherung der Anwendungsentwicklung durch Citizen Developer zu verwalten. Interessanterweise zeigt eine Umfrage von Dark Reading, dass 32 Prozent der befragten IT-Mitarbeiter angaben, dass es keine Kontrolle darüber gibt, wie diese Anwendungen auf die Daten zugreifen und sie nutzen. Dies ist eindeutig ein großes Problem in der Unternehmensumgebung.
„Immer mehr Unternehmen werden in Centres of Excellence (CoE)-Teams investieren, um die Entwicklung von No-Code-Anwendungen zu verwalten und sicherzustellen, dass die Vorteile von No-Code-Anwendungen im Unternehmen voll zum Tragen kommen. Das CoE-Team kann auch sicherstellen, dass die richtigen Datensicherheitsprotokolle vorhanden sind, um geschäftskritische Anwendungen und Arbeitsabläufe zu schützen,“ sagt Olivier Maes, CRO von Baserow.
No-Code-Anbieter werden ihr Angebot im Jahr 2023 weiter ausbauen. Da die Branche mehr End-to-End-Lösungen für die Digitalisierung von Unternehmensprozessen einführt, benötigen No-Code-Anwendungen die Fähigkeit zur nahtlosen Integration mit verschiedenen im Unternehmen eingesetzten Datenbanken und Tools. Im Jahr 2023 werden Datenbankanbieter Module für die Anwendungsentwicklung für Web- und mobile Anwendungen sowie für die Workflow-Automatisierung entwickeln, die Bestandteil von Web-Builder-Produktsuiten sind. Das bedeutet, dass Unternehmen die Kernfunktionen jedes No-Code-Anbieters bewerten und entscheiden sollten, ob ihr Team eher von Best-of-Breed- oder Best-of-Suite-Lösungen profitieren würde.
Die Herstellerabhängigkeit bleibt ein hohes Risiko in der No-Code-Branche, da nur wenige Anbieter Open-Source-Geschäftsmodelle und echte Interoperabilität durch APIs und Plug-in-Funktionen anbieten.
No-Code-Tools werden dann in den Unternehmen angenommen, wenn sie interoperabel sind und sich problemlos in die vorhandene Unternehmenssoftware integrieren lassen. No-Code-Anbieter müssen sich auf umfangreiche API-Funktionen und Plugins konzentrieren, um die Integration schneller und einfacher zu gestalten. Dies würde auch bedeuten, dass künftige Tools offener sein müssen und Erweiterbarkeit eine Voraussetzung für künftige Benutzer sein wird. Es überrascht nicht, dass Tools, die weitreichende organisatorische Änderungen oder neue Arbeitsweisen erfordern, in den Unternehmen schwieriger einzuführen sind.
Da sich die Verantwortung für die App-Entwicklung auf mehrere Organisationen verteilt, wird der Bedarf und die Priorität für die Schulung und Ausbildung der Benutzer entsprechend steigen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Softwareentwicklern deutlich. Infolgedessen werden sich Unternehmen No-Code- und Low-Code-Lösungen zuwenden müssen, um diese Lücke zu schließen, indem sie Nicht-Tech-Nutzer in die Lage versetzen, dringend benötigte Lösungen zu entwickeln – sie werden im Grunde zu Citizen Developern. Dies eröffnet Chancen für eine neue Generation von IT-Fachleuten, die die Logik der Softwareprogrammierung leichter begreifen, da No-Code in Textform und nicht in Codeform geschrieben ist. So lassen sich die erforderlichen Entwicklungskenntnisse viel leichter an die Nutzer weitergeben, die über keine Programmierkenntnisse verfügen.
In dem Maße, in dem No-Code-Anwendungen an Bedeutung gewinnen, werden die Anforderungen an skalierbare Plattformen für die Erstellung externer Anwendungen steigen. Eine Forrester-Umfrage ergab beispielsweise, dass Kundenservice und -support an dritter Stelle der fünf wichtigsten Anwendungen für Low-Code-Anwendungen stehen. Unternehmen suchen nach No-Code- und Low-Code-Lösungen, um externen Mehrwert zu schaffen und Kundenanforderungen besser zu erfüllen.
Die meisten No-Code-Anwendungen werden heute für interne Zwecke oder als Minimum Viable Products (MVP, wörtlich ein „minimal brauchbares oder existenzfähiges Produkt“) entwickelt. Die horizontale Skalierung und die Automatisierung von Bereitstellungs- und Skalierungsprozessen werden für die Umstellung auf kritischere und unternehmenstauglichere Anwendungen unerlässlich sein. Auch die Preismodelle werden sich weiterentwickeln, um dem exponentiellen Wachstum von Nutzern, Datensätzen und einem sich verändernden Funktionsumfang gerecht zu werden.
No-Code-Tools haben das Potenzial, die Leistung eines Unternehmens erheblich zu steigern und die Effizienz zu erhöhen – und das in einer Zeit, in der die wirtschaftliche Ungewissheit eine umsichtige Haushaltsführung und innovatives Denken erfordert. Das macht No-Code- und Low-Code-Plattformen zu strategischen Werkzeugen, die Unternehmen dabei helfen, agiler zu werden und sich bestmöglich auf 2023 vorzubereiten.
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