Rico van Leuken

ist Director Business Consulting für den Supply-Chain-Spezialisten E2open und bloggt vor allem über die Cloud in der Lieferkette.

Extreme Collaboration – ich bin dabei!

Extrem Collaboration klingt nach einer neuen Social-Media-Technologie und vor allem nach Hype. Aber hinter diesem akademisch geprägten Begriff steht eher der Austausch von Wissen und der Abbau von Latenzen. silicon.de-Blogger Rico Marzahl erklärt in seinem Beitrag, dass sich das Konzept vor allem in der Lieferkette etabliert.

Extreme Collaboration (XC) – das klingt nach Buzzword, erfunden von irgendeiner Marketing-Abteilung (oder noch schlimmer: PR-Agentur), um für ein altes Produkt neue Kunden zu finden. In der Tat ist der Begriff allerdings nicht neu und wurde auch von keinem Unternehmen geprägt: Bereits im Jahr 2001 stellte Gloria Mark, Informatik-Professorin an der University of California in Irvine, in einer Studie über Designprozesse in den NASA Jet Propulsion Laboratories unter diesem Schlagwort ein Konzept vor. Es zeichnete sich durch eine elektronische und soziale Umgebung aus, die die Kommunikation und den Informationsfluss maximiert.

Weitere Studien, etwa im Jahr 2003 von Chachere, Levitt und Kunz von der Stanford University, betonten die Möglichkeiten von XC, die “Latenz des Wissens” zu eliminieren und damit die Produktivität zu erhöhen. Demnach seien Techniken wie XC einerseits explizit dafür gemacht und haben sich andererseits auf natürliche Weise dazu entwickelt, das vorhandene Wissen effektiv zu managen.

Es ist interessant, wie aktuell diese mindestens zehn Jahre alten Arbeiten wirken. In ihrer Definition von Extreme Collaboration entwarf Mark das Bild einer Art “War Room”-Umgebung, in der Menschen zusammen arbeiten und dabei “verschiedene Computertechnologien” nutzen. Zu jener Zeit war der “War Room” ein gängiges Bild, in dem Teams gemeinsam untergebracht waren, um die Zusammenarbeit zu vereinfachen. Durch die technologische Entwicklung, vor allem das Internet und die Sozialen Medien, wurde die räumliche Dimension aufgehoben, und die ganze Welt wird zum Raum der Collaboration. Parallel dazu haben sich auch die Funktionalitäten der XC von spezifischen Aufgabenstellungen hin zu komplexen Geschäftsprozessen entwickelt.

Erst kürzlich griff Gartner den Begriff erneut auf. Für die Analysten werden CIOs, CPOs und all die anderen CxOs in ihren Versuchen scheitern, ihre Geschäftsentwicklung durch Business Process Management (BPM) zu verbessern, wenn sie nicht gleichzeitig die großen Hürden der funktionsübergreifenden Kommunikation und Zusammenarbeit beseitigen. Gartner sieht die Lösung in XC und gibt auch gleich sechs bewährte Methoden, um eine entsprechende Kultur zu etablieren:

– Fördern Sie die Nutzung virtueller, web-basierter Kollaborationsräume im Arbeitsalltag!
– Nutzen Sie den Wert des Hangs zur Fast-Echtzeit-Kommunikation!
– Verwenden Sie Crowdsourcing und populäre Social Media-Tools, um dynamische Communities zu fördern!
– Ändern Sie Ihr Bonussystem, um die Mitarbeiter zur Collaboration zu ermutigen!
– Messen Sie mit Social Network Analysis (SNA) das kollaborative Verhalten Ihrer Teams!
– Planen Sie Gruppen-Events um Echtzeitkommunikation und -Kollaboration anzuschieben!

Für Gartner wird XC ermöglicht durch die Kombination von vier verknüpften Faktoren in ein bestimmtes Muster. Dieses verändere nachhaltig die Art und Weise, wie Menschen sich verhalten, kommunizieren, zusammenarbeiten und Beziehungen aufrechterhalten – oft über große organisatorische und geographische Grenzen hinweg – um gemeinschaftlich bahnbrechende Geschäftserfolge zu erzielen.

In den heutigen verstreuten und mehrschichtigen Wertschöpfungsnetzwerken ist genau dies entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung. Aus diesem Grund konzentrieren sich die meisten erfolgreichen Unternehmen – vier der Top fünf Unternehmen auf der Supply Chain Top 25-Liste von Gartner – auf die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit. Noch mögen sie Pioniere sein, doch der Mainstream wird folgen.