Krisenjahr 2009 beschleunigt den Strukturwandel in Deutschland

Mit solch einer Beschleunigung ist auch 2009 zu rechnen. Im vergangenen Boom war die Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten weltweit groß. Um dem gerecht zu werden, wurden Kapazitäten aufgebaut. Doch nun bricht die Nachfrage nach Investitionsgütern ein, Ausrüstungsinvestitionen rauschen in den Keller. Die Kapazitäten lassen sich nicht mehr annähernd auslasten und die Ertragslage verschlechtert sich. Und im Gegensatz zur letzten Rezession im Jahr 2003 kommt heute nicht die Kavallerie, in Form von Exporten, im letzten Moment zu Hilfe, um unsere Konjunktur zu retten. Im Gegenteil: Der Welthandel schrumpft und lässt uns diesmal im Stich. Denn wir haben es mit einer internationalen Krise zu tun, unter der sämtliche unserer Handelspartner leiden. Ferner belastet die Krise auf den Finanzmärkten Industrieunternehmen zusätzlich: Denn einerseits müssen teure Forschungsvorhaben und andererseits Rohstoffe und Vorleistungen finanziert werden, wenn Kunden nicht per Vorkasse einspringen.

Dienstleister kommen etwas glimpflicher davon. Sie sind weniger stark von den weltwirtschaftlichen Verwerfungen betroffen. Selbstverständlich gilt dies nicht pauschal für sämtliche Dienstleistungsbranchen. Einige sind durchaus konjunkturreagibel und müssen mit ähnlichen Entwicklungen wie in der Industrie rechnen, zum Beispiel die Logistik. Dienstleistungen für Unternehmen stehen im jetzigen Konjunkturtal – gegen den Trend der letzten Jahre – schlechter da als konsumnahe Dienste. Bei letzteren sieht es besser aus, etwa im Gesundheitssektor oder dem Einzelhandel.

Da der Einbruch der Industrieproduktion 2009 nach unserer Prognose mit 20 Prozent besonders drastisch ausfällt, ist davon auszugehen, dass auch der Anteil des produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung überproportional zurückgeht. Für das BIP erwarten wir in diesem Jahr einen Rückgang von 6 Prozent. Damit lässt sich von der Entstehungsseite her der Anteil des Dienstleistungssektors an der Wirtschaftsleistung 2009 bestimmen. Wir rechnen mit ähnlichen Veränderungen wie in den Jahren 1975 und 1993, als sich der Strukturwandel besonders stark beschleunigte: Ein um mindestens 2 Prozentpunkte steigender Anteil ist sehr wahrscheinlich. Dies würde bedeuten, dass er auf wenigstens 71 Prozent stiege – und das wäre für Deutschland ein neuer Dienstleistungsrekord, wenn auch nur anteilsmäßig.

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Silicon-Redaktion

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