Nach NRW-Wahl: Umbenennung der Piratenpartei?

Der Journalist Wolfgang Michal hat auf Carta den Stein ins Rollen gebracht. Seiner Meinung nach führt der Name der Piraten zu falschen Assoziationen – neben einer “naiven Selbsteinschätzung”. “Ursprünglich war der Name ein spöttischer Reflex auf den Vorwurf, Internet-Nutzer würden kostspielige Inhalte im Netz räuberisch ‘entern’ – so wie einst die Piraten die Handelsschiffe auf den sieben Weltmeeren. Doch wir leben nicht mehr im 14. Jahrhundert”, so Michal. Sein Vorschlag für einen neuen Namen: Digitale Demokratische Partei (DDP).

Dumm nur, dass der Name längst besetzt ist: Die Deutsche Demokratische Partei (also auch DDP) war eine linksliberale Partei der Weimarer Republik, die an fast allen Reichsregierungen bis 1932 beteiligt war. Prominente Gründer waren u.a. Albert Einstein, Walther Rathenau und Max Weber. Mitglieder der DDP waren nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich an der Gründung der FDP bzw. LDPD beteiligt. Sogar auf den Stimmzetteln in NRW fand sich gestern eine “DDP“. Sie erhielt weniger als 1 Prozent der Stimmen, von allen 25 angetretenen Parteien schnitt sie am zweitschlechtesten ab.

Es kann also – trotz dem geringen Wählerzuspruch für die tatsächlich existierende DDP – aktuell keine Diskussion über “DDP” als neuen Namen für die Piraten geben, sondern nur eine Grundsatzdebatte über einen (anderen) neuen Namen. DDP ist belegt.

Kritiker erklärten zudem umgehend, “eine solche Marke aufzugeben, wäre für die Piraten Selbstmord.” Auch sei eine Einschränkung auf das Digitale – ein weiterer Vorschlag ist beispielsweise “Die Digitalen” – noch verheerender für die Partei als ihre von Michal als Playmobil-haft abgekanzelte und im Namen manifestierte Freibeuterromantik.

Oder wie Michal es selbst sagte: “Sie (die Piratenpartei/Red.) verteidigt die bürgerlichen Freiheiten gegen staatliche Regulierung, Bevormundung, Überwachung und Kontrolle. Sie setzt auf gesellschaftliche Eigenverantwortung und Selbstorganisation. (…) Als politischer Zusammenschluss alter Prägung (= Partei) steht sie – seien wir großzügig! – auch in den Traditionen des Vormärz (1815 ff.).” Ein durch den Namen gekennzeichneter Fokus auf das Digitale würde also Sinn und Absicht der Partei unnötig einengen.

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Silicon-Redaktion

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  • Piratenpartei
    auch wenn sich die Piratenpartei hinter einem seriöseren Namen verstecken sollte - sie ist und bleibt eine Ein-Punkte-Partei ohne Bezug zur politischen und gesellschaftlichen Realität in diesem Land. Aber wo soll ein Relaitätsbezug schon herkommen bei Leuten, die in einer welt aus virtuellen Bezügen leben und sich hinter ihrem hochgeklappten Laptop-Deckel (bzw. ihrem iPhone) verschanzen, um dem Kontakt mit der Wirklichkeit aus dem Weg zu gehen?

  • Piratenpartei
    @Trimpalon:
    Es stimmt zwar, dass die PiratenPartei eine Ein-Punkt-Partei ist, das ist aber auch gut so. Niemand will die Piraten als alleinige Regierungspartei, sondern als Opposition- oder Koalitionspartei, die sich dann eben um diesen einen Punkt kümmert!
    Außerdem finde ich den Rest Ihres Kommentars als sehr unqualifiziert.

  • Gelegenheit verpasst
    Die Piratenpartei hatte die einzigartige Gelegenheit, ein Thema wie das "Leben im Zeitalter des Internet" (oder wie auch immer man das jetzt betiteln mag) komplett zu besetzen, um mit diesem Alleinstellungsmerkmal (wie einst die Grünen mit ihrer Umweltpolitik) die Parteienlandschaft zu verändern. Stattdessen herrscht - Funkstille! Ich persönlich habe die Piraten während des NRW-Wahlkampfes nicht einmal in irgendeiner Weise wahrgenommen, egal ob im Internet oder in der realen Welt. Da darf man sich dann auch nicht mehr über knapp 1% der Stimmen bei einer katastrophalen Wahlbeteiligung wundern. Damit sind die Piraten an sich nicht einmal mehr eine Randnotiz wert. - Eigentlich schade!

  • Piratenpartei
    Toll, diese Piraten, die die staatliche Regulierung und Kontrolle des Internet ablehnen! Phisher, Spammer, Viren-Schreiber, Botnet-Betreiber, Kinderpornographen und Online-Betrüger aller Art werden der Partei für diesen rechtsfreien Tummelplatz danken und sie beim nächsten Mal mit Sicherheit wählen. Zum Glück ist aber die Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor für die Rettung des Rechtsstaats, auch im Internet.

  • Gut Ding will Weile haben
    Wenn man mal überlegt, die Grünen haben ja eigentlich auch als Ein-Punkt-Partei angefangen und sich über die Jahre zu einer kompetenten und wählbaren Partei entwickelt und es vor einigen Jahren ja sogar in einen Landtang, den Bundestag und schließlich sogar in die Regierung geschafft. Sicherlich hatten die Grünen eine Basis aus Bürgerbewegungen, aber die Piraten haben hier auch viel Unterstützung wobei viele der Unterstützer weniger politisch motiviert sind als die Unterstützer der Grünen damals.
    Ich würde sagen, dass die Piraten in einigen Jahren auch an die 5% kommen werden und nach Stadt- und Gemeinderäten in Technologiehochburgen langsam an Land gewinnen werden. Mann muß nur mal auf die Umfragewerte bei 15-17 jährigen schauen, dort hatten die Piraten teilweise mehr als CDU oder SPD.

  • Piratenpartei
    Eine Ein-Themen-Partei ist die Piratenpartei schon seit einer Weile nicht mehr. Wenn ihr euch informieren würdet, wüsstet ihr das. Sie konzentriert sich mittlerweile auf mehrere Themen. Zwar nicht auf alle, aber auf viele. Nach und nach werden in den Versammlungen der Piratenpartei die anderen Themen angesprochen.
    Ihr wundert euch dann vielleicht, warum man dann nichts dazu in ihrem Wahlprogramm findet. Ganz einfach: Die Piratenpartei schreibt das in das Wahlprogramm, was sie auch wirklich realisieren würde, und nicht einfach alles, was in den Sinn kommt und letztendlich eh nicht eingehalten werden kann, wie man es bei all den anderen etablierten Parteien sieht. Sie verspricht also euch das, was sie einhalten kann, wenn sie gewählt werde.

  • Piraten
    Hallo miteinander,
    an alle, die die Piraten und ihr Wahlprogramm nicht kennen, wählt weiterhin die CDU und die SPD! Lasst euch weiterhin von Worthülsen berieseln. Und wundert euch nicht, wenn aus dem Geschwaffel nichts dabei rauskommt.
    Oder noch besser: bleibt zuhause, geniesst eure BILD am Sonntag und und zappt euch durch alle Programme eures multimedilaen Fernsehens.
    Alle anderen, die Veränderungen in der Parteienlandschaft wünschen: wählt die Piraten und engagiert euch für Sie. Sie sind unsere letzten Rettung vor zuviel Bürokratie, vor dem Überwachungsstaat und der Niederschlagung aller bürgerlichen Rechte.

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