Computer effizient wie das Gehirn

Mit 100 Milliarden Nervenzellen und zehntausend Mal so vielen Verbindungen stellt das Gehirn die vielleicht größte Herausforderung für den Wissensdurst des Menschen dar. Das Gehirn unterscheidet sich fundamental von anderen komplexen Systemen in der Natur: Es kann selbst Information registrieren, verarbeiten und reflektieren. Dabei sind seine Energieeffizienz sowie seine Lern- und Entwicklungsfähigkeit bis heute unerreichbare Traumziele für Computerwissenschaftler.

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Die phantastische Vielfalt der Natur ist ein Ergebnis der komplexen Wechselwirkung ihrer mikroskopischen Bestandteile. Bereits seit Jahren liefern Simulationen auf Supercomputern wie ‘Jugene’ am Forschungszentrum Jülich Wissenschaftlern tiefe Einblicke in faszinierende Prozesse der Strukturbildung. Von den Skalen des Universums bis zur Masse des Protons erhalten die Forscher mithilfe extrem leistungsfähiger Rechner fundamentale Einsichten.


Silizium-Wafer mit elektronischen Neuronen beim Zusammenbau des neuromorphen Computers, Bild: Uni Heidelberg

Das geplante Human Brain Project (HBP) geht nun einen Weg, der sich mit einem europäisch integrierten Ansatz an Großprojekten anderer Wissenschaften orientiert. Das FZ Jülich übernimmt im HBP gemeinsam mit deutschen Universitäten zentrale Aufgaben. Jülich kombiniert bereits heute experimentelle und computerbasierte Neurowissenschaften mit dem leistungsfähigsten Computer Europas an einem Standort. Die enge Kooperation mit Herstellern wie IBM soll eine Basis für Synergien bei der Entwicklung künftiger Computer-architekturen bieten. Prinzipien des Gehirns sollen nun nicht nur durch Computer erforscht werden, sondern direkt in neue Computerarchitekturen Eingang finden.

Grundlegende Arbeiten auf dem Gebiet sogenannter neuromorpher Systeme werden seit Jahren an der Universität Heidelberg durchgeführt. Im Rahmen des BrainScaleS-Projektes werden auf Silizium-Wafern 200 000 elektronische Nervenzellen mit 50 Millionen elektronischen Synapsen vernetzt. Mit einem elektronischen Modell aus neuronalen Schaltkreisen lässt sich unter anderem untersuchen, wie sich lernende Synapsen entwickeln, und zwar 10 000 Mal schneller, als dies in der Natur geschieht. Das neuromorphe System ahmt die Eigenschaften biologischer Synapsen nach, die durch Änderung der Stärke ihrer Signalübertragung dem Gehirn das Lernen ermöglichen.

Das HBP wird von dem Neurowissenschaftler Henry Markram von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und dem Heidelberger Physiker Karlheinz Meier koordiniert. Beide Wissenschaftler haben in der Vergangenheit erfolgreich Verbundprojekte wie BlueBrain und FACETS initiiert und durchgeführt.

Silicon-Redaktion

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