Mohit Joshi

ist President Head, Banking, Financial Services & Insurance (BFSI), Healthcare and Life Sciences Head, Infosys Brazil and Infosys Mexico.

Die Zukunft des Gesundheitswesens ist personalisiert

In der Regel suchen Patienten Gesundheitsdienstleister auf, wenn sie medizinische Hilfe benötigen. Ein Mediziner kann dann einige Tests durchführen, eine Diagnose stellen und eine Behandlung für die spezifische Erkrankung in die Wege leiten.

Das könnte bald schon der Vergangenheit angehören! Schließlich sind Menschen von Natur aus verschieden und nicht jede Behandlung ist für jeden Patienten geeignet. Vom herkömmlichen Röntgengerät bis hin zur revolutionären Erfassung von human genetischen Modellen – das Gesundheitswesen konnte sich dank Technologie immer weiter entwickeln. Diese Revolution der modernen Medizin führt dazu, dass der bisherige „One-size-fits-all“-Ansatz der Gesundheitsbranche personalisiert wird – d.h. jede Behandlung ist individuell auf den Patienten zugeschnitten.

(Bild: Shutterstock)

Die Integration von Genomtests, großen Datenmengen und Advanced Analytics – in Kombination mit steigenden Risikokapital-Investitionen in diesem Sektor – verleihen der personalisierten Medizin eine neue Dimension. Tatsächlich soll der globale Markt für personalisierte Medizin mit einem atemberaubenden Tempo wachsen. Prognosen gehen von einem Umfang von 190 Milliarden US-Dollar bis 2024 aus (Global Personalized Medicine Market – Types, Technologies and Applications, Research and Markets, October 2018).

Genomik spielt eine große Rolle

Bisher basierte die Personalisierung der medizinischen Behandlung auf den individuellen biologischen Daten des Patienten – künftig wird das Erbgut dabei eine größere Rolle spielen. Dieser Prozess ermöglicht eine präzise und spezifische Identifizierung von Behandlungen mit effektiveren Ergebnissen. Das in 2003 abgeschlossene „Human Genome Project” löste einen freien Fall der Kosten für die DNA-Sequenzierung aus – dadurch wurden mehr als 1.800 Krankheitsgene entdeckt. Heute gibt es über 2.000 Tests für menschliche Erkrankungen.

Informationen aus der Genomik haben medizinische Fachkräfte dabei unterstützt, Fortschritte bei der Untersuchung und Behandlung von Krebs, HIV-Infektionen, Depressionen sowie seltenen und noch nicht diagnostizierten Krankheiten zu erzielen (Precision medicine and pharmacogenomics, MayoClinic, September 2018). Mit der Verbesserung der Biotechnologie und den rasch zunehmenden Investitionen von Zeit und Geld in die Datenanalyse, spielt die Verbreitung genomischer Informationen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der personalisierten Medizin.

Der Übergang zur personalisierten Medizin

Dieser Schritt wird durch den schnellen Datenwachstum der vergangenen Jahre gestützt. Das Datenwachstum wuchs jährlich um satte 48 Prozent (Harnessing the Power of Data in Health, Stanford Medicine 2017 Health Trends Report). Darüber hinaus sind die Patienten oder Verbraucher von heute bereit, sich selbst mehr in ihre Behandlung einzubringen und stehen Gesundheitsüberwachungsgeräten, Fernversorgung und anderen derartigen Fortschritten offener gegenüber. Der neuartige Ansatz mit Wearables, Sensoren und Genomik trägt dazu bei, künftig den besten Behandlungsverlauf sowie Prävention zu bestimmen.

Ganzheitliche Patientendaten kombiniert mit neuen Technologien wie Analytik, künstlicher Intelligenz (KI), Internet of Things (IoT) und Blockchain ebnen den Weg zur Weiterentwicklung der personalisierten Medizin. Infrastrukturen, die detaillierte Gesundheitsdaten großer Bevölkerungsgruppen einschließlich genomischer Informationen und Bioproben aufrechterhalten, sind jedoch von größter Bedeutung für die Ausweitung der personalisierten Medizin.

Personalisierte Medizin ermöglicht nicht nur bessere Patientenergebnisse, sondern eröffnet auch Pharmaunternehmen neue Wege. Um das zu erreichen, müssen die Grenzen zwischen den verschiedenen Einheiten des Gesundheitssystems – Patienten, Gesundheitsdienstleister und Pharmahersteller – aufgebrochen werden. Zum anderen müssen Pharmaunternehmen damit beginnen, die Massenproduktion von Medikamenten auf individuelle Produktion für einen Patienten nach dem anderen umzustellen. Die Einbeziehung des Lebenszyklus der individuellen Patientenbehandlung von der Aufnahme bis zur Terminplanung usw. macht andere kritische Bereiche wie das Patientenmanagement, die Lieferkette sowie der wichtigen Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften deutlich.

Der Weg vor uns

Mit der zunehmenden Vernetzung der Welt könnte vermutlich bald jeder Patient sein eigenes Daten-Ökosystem haben: Eine Informations-Blase, die Forschern, die kollektiv nach medizinischen Innovationen streben, ständig neue Erkenntnisse liefert.

Mehrere Anbieter von Medizinprodukten und Pharmazeutika beginnen, das System der personalisierten Medizin zu nutzen, um bestehende Geschäftsmodelle zu stärken. Einige andere versuchen, drängende Fragen wie die Datenaggregation und die Abrechnung zu lösen. Der Markt wird mit Möglichkeiten für eine nahtlose Integration zwischen Lieferkettenlösungen, Pharmaherstellern und anwenderorientierten Anwendungen überschwemmt.

Pharmazeutische Hersteller können und müssen dabei unterstützt werden, die Gesundheitsbranche zu revolutionieren. Gemeinsam mit führenden Industriepartnern können einzigartige, skalierbare End-to-End-Lösungen entwickelt werden, um die wichtigsten Probleme von Pharma-, Biotech- und Medizinunternehmen zu lösen. Dabei kann es sich um Datenmanagement, Transparenz der Lieferkette oder Benutzerfreundlichkeit handeln.



Mohit Joshi ist President von Infosys Ltd und leitet die Bereiche Banking, Financial Services & Insurance (BFSI), Healthcare und Life Sciences. Darüber hinaus fallen die unternehmensweiten Sales Operations und Reporting-Prozesse in seinen Verantwortungsbereich sowie das Management von Großprojekten und der Ausbau der wichtigsten Kunden des Unternehmens. Mohit Joshi hat in seiner Zeit bei Infosys unter anderem in den USA, Indien, Mexiko und Europa gearbeitet. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit den Schnittstellen von Financial Services und Technologie und wurde darüber hinaus bei dem World Economic Forum 2019 in Davos als Young Global Leader (YGL) ausgezeichnet.