Microsofts Patentstreit mit AT&T zieht weite Kreise

Microsoft hatte sich selbst in einem Patentstreit mit AT&T für schuldig befunden, Patente von AT&T verletzt zu haben. Das Bundesgericht verurteilte Microsoft jedoch auch wegen der Verletzung von Patenten in Übersee. So sei der Code, der gegen die Urheberrechte AT&Ts verstößt, auch an Partner ausgeliefert und außerhalb der USA installiert worden. Um diese Vorwürfe jetzt zu klären, hat Microsoft den obersten Gerichtshof in den USA angerufen.

Hat dieses Urteil Bestand, könnte es für die amerikanische Softwareindustrie weitreichende Folgen haben. Neben der Frage, ob die Verletzung eines Patentes außerhalb der USA mit in die Strafzahlung einfließen soll, steht in der Software-Industrie jetzt auch die Befürchtung im Raum, dass US-Unternehmen durch diese Auslegung des Patentgesetzes gegenüber ausländischer Firmen benachteiligt werden könnten.

Die Sektion 271 des Patentgesetzes verbietet amerikanischen Firmen, Maschinenteile an ausländische Hersteller zu schicken, die diese dafür verwenden können, US-Patente zu verletzen. Das Gesetz verbietet aber nicht die Versendung von “Blaupausen”, die ein ausländisches Unternehmen theoretisch dafür verwenden könnte, ein solches Gerät zu bauen. Die Microsoft-Seite argumentiert, dass die Golden-Master-Scheiben mit Software, die ins Ausland geschickt wurden, “Blaupausen” sind. Damit würden sie das Gesetz nicht verletzen.

In Branchenkreisen wird nun befürchtet, dass eine Entscheidung in diesem Fall gegen Microsoft der amerikanischen Software-Industrie Schäden in Milliardenhöhe zufügen könnte. Kritiker des Urteils des Bundesgerichtes erklärten, dass amerikanische Unternehmen in diesem Fall für Patentverletzungen in den USA und im Ausland aufkommen müssten, während ausländische Firmen nur für Schäden in den Vereinigten Staaten bezahlten. Das sei nicht im Sinne des Kongresses, der das Gesetz erlassen hätte.

“Im besten Fall läuft das auf eine Steuer oder einen Zuschlag für amerikanische Software hinaus. Das benachteiligt möglicherweise US-Firmen gegenüber ihren Mitbewerbern aus Übersee,” erklärte Dick Turner, ein Anwalt für Patentrecht in Washington, gegenüber dem Branchendienst Cnet.

Unterstützer von freier und von Open-Source-Software hoffen, dass die Entscheidung in diesem Fall nicht nur die Software-Hersteller vor Schadenersatzforderung in Übersee schützt. Sie soll den Richtern die Tür für eine viel weiter reichendere Erklärung öffnen: Der Kongress habe niemals die Absicht gehabt, Patentrecht auf Software anzuwenden. “Das könnte eine Grundsatzentscheidung werden. Das Supreme Court hat sich bislang noch nie dazu geäußert, ob Software per se ein Anwendungsgebiet ist,” erklärte Daniel Ravicher, Legal Director des Software Freedom Law Center, das die Rechtsberatung von Entwicklern übernimmt, die Freie und Open-Source-Software herstellen.

Silicon-Redaktion

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