Handy-Software verfolgt Konsumenten durch die Medien

Das Medienforschungsunternehmen Integrated Media Measurement (IMMI) will jetzt den Spagat zwischen mehreren Kanälen auf einmal schaffen und verfolgt das Nutzungsverhalten gleichzeitig im TV, Kino, Radio, Internet und im Mobilfunkbereich. Dazu wurde eine spezielle Handy-Software entwickelt, die Audioaufnahmen macht, während eine Sendung oder ein Spot konsumiert wird. Diese werden kodiert und dann in einer Datenbank des Unternehmens gespeichert und ausgewertet. Die Datenbank umfasst Codes für diverse Medieninhalte wie TV-Shows, Werbespots, Filme und Songs, berichtet das Wall Street Journal.

Über den Einsatz des Handys wird eine Konsumenten-basierte Beobachtung unabhängig vom Aufenthaltsort und ohne Bindung an nur ein einzelnes Medium möglich. “Wir stehen vor einem Systemwechsel: Weg von der Geräte- und hin zur Konsumentenmessung”, meint Cordelia Wagner, Unternehmenssprecherin von IP Deutschland. In der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) würden derzeit auch verschiedene Methoden diskutiert, wie man die Fernsehnutzung über alle Geräte – auch die zukünftigen – hinweg messen könnte.

Das IMMI-System hält zum Beispiel fest, wenn ein Konsument einen bestimmten Filmtrailer sieht beziehungsweise ob der betreffende Streifen dann auch im Kino angeschaut wird. Ebenso wertet die Software das TV-Nutzungsverhalten aus: Die Daten zeigen, ob jemand, der eine Programmvorschau konsumiert hat, in weiterer Folge auch die jeweilige Sendung dazu anschaut. “Wir verfolgen die selbe Person von einem Ende bis zum anderen”, sagt IMMI-Chef Tom Zito. Beobachtet werden rund 4900 Nutzer, die dem Unternehmen freiwillig als Teilnehmer zur Verfügung stehen. Das Konzept, das auf Medieninhalte angewendet wird, soll in Zukunft auch auf Produkte wie Shampoo oder Zahnpasta ausgeweitet werden. Derzeit testet das Unternehmen seine Technologie mit einer US-Lebensmittelkette.

Der Einsatz des Handys vereinfache die Wirkungsforschung, weil die Konsumenten nicht extra in ein Labor kommen, Fragen beantworten oder Knöpfe drücken müssten, so Zitos Argument. Teilnehmer erhalten 50 Dollar pro Monat oder ein Gratis-Handy und den Erlass der Telefonkosten, wenn sie dafür nur noch das Mobiltelefon des Unternehmens benutzen und es ständig mit sich tragen. IMMI ist zwar im Vergleich mit anderen Medienforschungsunternehmen relativ klein, hat aber mittlerweile bereits bei dem US-Sender NBC Aufmerksamkeit erregt. Die Handy-Software helfe dem Sender dabei, genauer zu ergründen, wie die Nutzer das Programm konsumieren, sagt Alan Wurtzel, President of Research bei NBC.

Voraussetzung für den Einsatz des universellen Messinstruments ist eine Audio-Komponente. So können Print- und Außenwerbung auch bei IMMI nicht miteingeschlossen werden. Dennoch sind auch schon große Wettbewerber wie Nielsen auf das Unternehmen aufmerksam geworden und wollen nun gemeinsam mit IMMI einen Service anbieten, der die Werbewirkung in Bars, Hotels oder im Büro untersucht. Walt Disneys US-Sender ESPN sowie die Mediaagentur Zenith Media haben bereits Verträge zu einer Zusammenarbeit unterzeichnet.

Silicon-Redaktion

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  • Nix neues
    Vor mehr als einem Jahr hat Bruce Schneier diese Firma und deren System schon erwähnt, und auf die Gefahre aufmerksam gemacht.

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