Schallbruch dürfte keine Open-Source-Gegner sein. Auf dem LinuxTag 2008 erklärte er: “Das Bekenntnis zur Nutzung von Open Source in der Verwaltung und zur Verwendung offener Standards wird auch weiterhin Bestandteil unserer Strategie sein.” Es folgte eine Einschränkung: “Das BMI will keine generelle Entweder-Oder-Entscheidung zwischen kommerziellen Herstellern und der Welt der Open-Source-Anbieter herbeiführen. Das wäre wohl praxisfern. Aber wir wollen, dass offene und freie Software einen starken Platz einnimmt und dass die Rahmenbedingungen daher so sind, dass proprietäre Software und offene Software im fairen Wettbewerb stehen.”

Aber Spötter bezeichnen solche Aussagen als “Sonntagsreden”, die “mit MS-Office geschrieben und mit Outlook/Exchange abgestimmt” würden. Um zu erfahren, welche Chancen Open Source im Rahmen der Konsolidierung noch hat, waren für diesen Artikel Interviews mit Schallbruch und dem BIT-Leiter Johannes Keusekotten erbeten worden. Telefonisch lehnte die BMI-Pressestelle das Interview mit Schallbruch ab: Das Projekt sei so groß und noch in einem zu frühen Diskussionsstadium, als dass es nennenswertes zu sagen gäbe. Die Verweigerung des BIT-Interviews kam per E-Mail und ebenfalls über die BMI-Pressestelle: “Derzeit laufen Gespräche über Art und Umfang der IT-Konsolidierung im BMI. Diese werden voraussichtlich noch bis zum Frühsommer andauern. Ich bitte daher um Verständnis, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Stellungnahme zu diesem Thema möglich ist…”

Der Linux-Verband (LIVE) hat die drohende Gefahr erkannt. In etlichen Ämtern, die dem BMI unterstehen, läuft Open Source. Aber diese raren Vorbilder an wirtschaftlicher IT könnten durch die Konsolidierung abgewürgt werden. Stattdessen Microsoft as a Service. Elmar Geese, der Vorsitzende des LIVE, sucht das Gespräch mit den IT-Verantwortlichen beim Bund. “Wir wollen aufzeigen, dass es Alternativen gibt und die Wertschöpfung in Deutschland stattfinden könnte.”

Ludger Schmitz ist freiberuflicher Redakteur in München.

Page: 1 2 3

Silicon-Redaktion

View Comments

  • OpenSource Pflicht?
    Für öffentliche, vom Steuerzahler finanzierte Einrichtungen müsste OpenSource eine selbstverständliche Pflicht sein, da dürften Lösungen mit Abhängikkeiten von proprietären Herstellern nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen!

  • OpenSource beim Bund
    Spielt doch keine Rolle was Software kostet. Sogar wenn unser Geld nach Übersee geht. Wir, die arbeitende Bevölkerung, bezahlt es doch.
    Viel Spaß beim Steuer zahlen

  • Aus für Open Source beim Bund.? Wenn mann Ploenzke und BearingPoint beauftragt ja!
    Ploenzke und BearingPoint als Berater für das Konsolidierungsprojekt zu beauftragen, bedeutet sicher nichts Gutes für die OpenSource-Bemühungen. Ebenso hätte man satt BearingPoint auch Microsoft beauftragen können. Nur es braucht hat ein Mäntelchen, um zu begründen, warum man sich nun wieder voll in die Abhängigkeit dieses einen Herstellers begibt. Der eigenen Softwarebranche wird damit ein Bärendienst erwiesen und zudem auf Dauer viel Geld verpulvert.

    Was soll man schon von dieser Regierung anderes erwarten. Ist sie doch bestens darin geübt, Geld zum Fenster heraus zu schmeißen.

  • Diagnose korrekt, Prognose eher nicht :-)
    Der OpenSource-Hype geht tatsächlich zu Ende und die Bevorzugung von OpenSource-Software um ihrer Selbst willen findet kaum mehr statt. Um so mehr ist von Bedeutung, dass die Verbreitung von OpenSource auch auf dem "long tail" des Hype-Cycles zunimmt!

    In vielen Fällen ist OpenSource-Software der proprietären Lösung überlegen und dort ist sie dann auch das System der Wahl. Manchmal geht aber auch an Microsoft oder anderen Anbietern proprietärer Software kein Weg vorbei.

    Als Vertreter eines OpenSource-Unternehmens muss einen das nicht freuen - aber Akzeptanz des Wettbewerbers ist ja nun eigentlich etwas, was die OpenSource-Community sich bisher erkämpfen musste und jetzt auch selber anwenden darf :-)

    Hier jetzt dem "Aus für OpenSource" das Wort zu reden ist eigentlich nicht sachgerecht und entspricht auch nicht den Erfahrungen vieler im Markt aktiver Firmen.

  • Deutsche Interessen des Mittelstands
    Der Bund hat es zugelassen, sich zur Marionette der Bitkom zu machen.

    Statt Herstellerneutralität zu fördern und damit den Marktzugang von deutschen Mittelständlern zu erhalten, liefert man deutsche Interessen, auch die der deutschen Steuerzahler, an den finanzstarken Monopolisten aus Übersee aus. Aber das ist eben Lobbying, keine vernünftige ordnungspolitische Linie.

    Mit anderen Worten, Deutschland verliert weitere 15 Jahre durch die Untätigkeit unserer deutschen Verwaltung, während die Spanier vorpreschen.

Recent Posts

Cyberabwehr mit KI und passivem Netzwerk-Monitoring

Schiffl IT: Anomalien im Netzwerkverkehr und in den Systemen in Echtzeit identifizieren.

2 Wochen ago

Zero Trust bei Kranich Solar

Absicherung der IT-Infrastruktur erfolgt über die Zero Trust Exchange-Plattform von Zscaler.

2 Wochen ago

KI in der Medizin: Mit Ursache und Wirkung rechnen

Maschinen können mit neuen Verfahren lernen, nicht nur Vorhersagen zu treffen, sondern auch mit kausalen…

2 Wochen ago

Sicherheit für vernetzte, medizinische Geräte

Medizingeräte Hersteller Tuttnauer schützt Gerätesoftware mit IoT-Sicherheitslösung.

2 Wochen ago

Blockchain bleibt Nischentechnologie

Unternehmen aus der DACH-Region sehen nur vereinzelt Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain-Technologie.

2 Wochen ago

Branchenspezifische KI-Modelle

SAS bietet einsatzfertige KI-Modelle für konkrete Herausforderungen wie Betrugserkennung und Lieferkettenoptimierung.

2 Wochen ago