Wikileaks-Partei: Assange spricht von Anlaufschwierigkeiten

Julian Assange räumt jetzt eine Mitverantwortung dafür ein, das neben zahlreichen Kandidaten auch viele Freiwillige der jungen Organisation den Rücken zukehren, darunter auch ein Mitgründer von Wikileaks. Assange selbst ist der Spitzenkandidat bei der Parlamentswahl in Australien: “Ich habe versucht, das Leben eines jungen Mannes zu retten”, erklärte er gegenüber dem australischen TV-Sender ABC. Er nannte zwar keinen konkreten Namen, bezog sich damit offenbar auf den PRISM-Enthüller Edward Snowden, für dessen Unterstützung er laut eigenen Angaben viel Zeit aufwenden musste. “Ich gebe daher zu und akzeptiere die volle Verantwortung dafür, in der australischen Partei zu stark delegiert zu haben, während ich mich um diese Situationen gekümmert habe.” Dennoch sieht er in der Rücktrittsserie nur “Anfangsschwierigkeiten” der australischen Wikileaks-Partei.

Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft. Quelle: Charlie Osborne / News.com.

Rechtzeitig vor den Wahlen ließ sich die Whistleblower-Organisation Wikileaks in Australien offiziell als politische Partei registrieren. Wikileaks-Gründer Assange bewarb sich um einen Senatssitz in seinem Heimatland Australien. Allerdings ist nicht klar, ob er im Falle eines Wahlerfolges auch tatsächlich in Australien sein Amt ausüben kann, weil er nach wie vor in der Londoner Botschaft Ecuadors lebte.

Die designierte Vertreterin für diesen Fall ist Leslie Cannold. Diese hatte nun aber ihren Rückzug von der Kandidatur angekündigt, so wie eine Reihe weiterer prominenter Parteivertreter.

Der wichtigste Steitpunkt ergab sich aus taktischen Präferenzen, die die Rangfolgewahl im australischen Wahlrecht erfordert. Die Wähler geben dabei eine Rangfolge an, in der ihnen die Kandidaten genehm sind. Dadurch können sie ihre erste Stimme für relativ aussichtslose Kandidaten abgeben und verschenken dennoch nicht ihren Einfluss, wenn es letztlich um die Wahl zwischen den aussichtsreichsten Kandidaten geht.

Die australischen Parteien geben ihren Anhängern dazu taktische Empfehlungen für die auf dem Stimmzettel einzutragende Rangfolge. Der elfköpfige Parteirat der Wikileaks-Partei tendierte nach langen Debatten zur Empfehlung, Kandidaten der Grünen und der Piratenpartei zu präferieren.

Assange war an den Beratungen des Parteirats kaum beteiligt, hatte dann aber angeblich versucht zusammen mit einigen Ratsmitgliedern eigenmächtig Präferenzempfehlungen für andere kleine Parteien durchzusetzen. Und diese Empfehlungen haben es in sich, weil Assange in diesem Fall für die ultrarechte Australia First plädiert. Auch die Jäger und Fischer-Partei zählt zu den Empfehlungen. Die Grünen, die Assange in der Vergangenheit unterstützt hatten, sollten hier nicht zum Zug kommen. Damit hatte Assange nicht nur sich parteiintern unbeliebt gemacht, sondern hatte sich damit auch über Kernpunkte des Parteiprogramms hinweggesetzt.

Andere erklärten, solche wahltaktischen Spiele und Abmachungen stünden im Gegensatz zu den Parteizielen und führten zu einer Zerreißprobe zwischen der Partei und ihrer Basis. Mit dem schwer enttäuschten Daniel Mathews trat sogar ein Mitglied des Parteirats zurück, das eine lange Freundschaft mit Assange verbindet – und schon an der Gründung der Whistleblower-Plattform Wikileaks mit beteiligt war.

Julian Assange wies zu seiner Entschuldigung auch auf die neunstündige Zeitdifferenz zwischen London und Australien hin, durch die er bis Mittwochmorgen nicht von den internen Problemen gewusst habe. “Ich legte mich gestern schlafen, und während der Nacht ging dieser ganze Wirbel in Australien los”, sagte er.

Redaktion

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