Die Organisation Freedom House erkennt einen weltweiten Trend zu mehr Überwachung im Internet. Quelle: Freedom House.

In die Wertung wurden unter anderem Hindernisse gewertet, die es erschwerten, dass Bürger sich online informieren. Auch Beschränkungen von Inhalten und verletzte Nutzerrechte hatte die Non-Profit-Organisation ausgewertet. Es scheint zudem einen allgemeinen globalen Trend zu geben, dass Regierungsorganisationen bestimmte Inhalte blockieren, auch ein starker Zuwachs bei Überwachungs-Infrastruktur sowie rechtliche und auch gewalttätige Maßnahmen gegen Kritiker, die das Web für ihre Kritik nutzen.

Als das Land mit der höchsten Internet-Freiheit gilt Island. Estland folgt auf dem zweiten Rang. Auf Platz drei kommt Deutschland vor den Vereinigten Staaten und Australien auf Platz fünf. Frankreich, Ungarn, Italien und Großbritannien belegen in dieser Reihenfolge die Top 10. Die Staaten mit der geringsten Freiheit im Netz sind Syrien, China, Cuba und Iran.

Die Autoren der Studie geben an, dass die USA in ihrer Wertung signifikant abgestiegen sind. Auf einem Freiheitsindex, der von 0=völlig frei bis 100 reicht, bekommen die USA 17 Punkte und das sind fünf mehr als in früheren Untersuchungen. Dafür sind natürlich die bekannt gewordenen Überwachungspraktiken der NSA und anderer Geheimdienste verantwortlich. Freedom House hebt aber auch hervor, dass es in den USA keine Hinweise darauf gibt, dass die USA ihre Überwachungsprogramme dafür missbrauchen, die politische Debatte zu unterdrücken. Dennoch hätten die USA heftige Kritik einstecken müssen: “Weil viele große Technologie-Unternehmen mit Millionen Nutzern weltweit in den USA beheimatet sind, ist die NSA in der Lage, Informationen über Ausländer zu sammeln ohne dabei die rechtmäßigen Kanäle der einzelnen Länder zu nutzen, in denen die Zielnutzer lokalisiert sind.”

Doch die USA befinden sich in guter Gesellschaft, wie Freedom House feststellt. 35 von 60 Ländern bauen die Überwachungsstruktur aus, weiten die Überwachung und auch die zielpersonen aus. Auch die entsprechende Gesetzgebung sei in vielen dieser Länder angepasst worden.

Als Beispiel nennt der Report Russland, das im Zuge des arabischen Frühlings seit 2010 angefangen hat, die Rechte der Überwachungsorgane auszuweiten. Inzwischen ist es dort auch rechtmäßig, oppositionelle Parteien auszuspionieren.

Zudem geben sich die Autoren der Studie auch keinen Illusionen hin: “Es existiert der Starke Verdacht, dass die restlichen 25 Ländern ebenfalls ihre Überwachungsaktivitäten verstärkt haben, dennoch scheinen einige Länder besser als andere darin zu sein, ihre Spuren zu verwischen.”

Besonders besorgniserregend nennen die Autoren aber die Tatsache, dass Nationen immer stärker dazu übergehen, Malware einzusetzen, wenn die traditionellen Überwachungsmechanismen nicht greifen. So seien etwa politische Aktivisten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Bahrein und in vielen anderen Ländern im vergangenen Jahr Opfer von Malware-Spähattacken geworden. Auch Denial-of-Service und andere Angriffe werden häufig eingesetzt um politische Konkurrenten auszuschalten. So wurden etwa die Web-Auftritte von Präsidentschaftskandidaten in Venezuela auf diese Weise angegriffen.

Es gebe zwar meist keine Beweise, jedoch starke Indizien, dass Regierungen hinter solchen Attacken stehen. Diese könnten dann E-Mails, Tasteneingaben oder auch Sprachkommunikation abhören. “Auch einige demokratische Staaten haben inzwischen Malware auf diese Weise eingesetzt – darunter auch die USA und Deutschland. Dennoch muss in solchen Fällen der Einsatz von einem Gericht genehmigt werden und der Umfang der Überwachung wird stark begrenzt.”

Redaktion

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  • Die Zeit des echten Internets - also des Netzes, das gerade WEGEN seiner Unabhängigkeit von staatlichen Zugriffen und Regulierungen den Erfolg und Fortschritt für die Menschheit brachte - dürfte mehr und mehr vorüber sein.

    Unter dem Deckmantel der "Anwendersicherheit" aber auch der angeblichen "Vergemeinschaftung" im antikapitalistisch-sozialistischen Sinne über staatlichen Zugriff auf die Netzneutralität schaffen wir es selbst ab.

    Nicht große Konzerne oder böse Hacker - der Verlust seiner politischen wie staatlichen Unabhängigkeit brigt die nachhaltigsten Gefahren für das Netz wie seine Anwender.

    Der Staat als "Wächter der Netzneutralität" - das ist aktuelle Lobby und Ziel der allermeisten Staaten der Erde - Deutschland inklusive und teils sogar ganz vorn.

    Unter dem Deckmantel der "Demonopolisierung" wollen Staaten DNS Infrastrukturen übernehmen oder gar die IP Adressvergabe der ITU zuschustern, die selbst für korrupteste, monopolisierte Strukturen in den Telefonienetzen weltweit führten. Staatsnahe Lobbyisten und staatliche Sicherheitsfanatiker, die das Internet für ein "unkalkulierbares Risiko" halten, während sie ihre Emails die Sekretärin ausdrucken lassen, sehen hier enormes Potential für Macht, Geld und neuen Staatsklüngel oder einfach nur ihre bisherigen Felle wegschwimmen, die ihnen nie zustanden, weil auf korrupte, intransparente Weise erschlichen.

    Den "rechtsfreien Raum Internet" hat es - obgleich immer wieder hochbeschworen - nie gegeben. Es war lediglich ein nahezu staatsfreier Raum.

    Die Freiheit des Internets wird wesentlich von der klaren Trennung von Staat und Internetinfrastruktur gewährleistet, wie sie bisher der Fall war und ist auch in den Diktaturen durchzusetzen, in denen sie noch nicht der Fall ist. Es kann doch nicht angehen, das wir uns Länder wie den Iran, China oder Saudi Arabien, Cuba oder Brasilien zum Vorbild staatlicher "Regulierung" und "Kontrolle" des Internets machen und das auch noch für erstrebenswert halten?

    Das es sich hierbei lange nicht um rein "theoretische" Ueberlegungen irgendwelcher "IT Idealisten" handelt, bekommt man doch heute schon zu spüren, wo Geheimdienste tagtäglich mit Hilfe der Staaten und stets neuen Gesetzen unmittelbar wie mittelbar die Macht über das ehem. freie Netz zuschustern, währenddessen diese Institutionen selbst in Intrasparenz dahindümpeln und uns wie blöde Schaafe verkohlen, indem sie uns eine Sicherheit vorgaukeln, die weder erreichbar noch in ihrem Interesse scheint.

    Schon heute ist die anonyme Teilnahme am Netz in Deutschland illegal - mich wundert sehr, wie Deutschland es damit auf die ersten Plätze schaffen konnte und spätestens, wenn (Dank Abtritt der FDP) nun auch die Vorratsdatenspeicherung u.a. Pläne Einzug halten, ist ein Platz 3 keinesfalls mehr zu rechtfertigen.
    Allein die Bestrebungen, DNS Infrastrukturen oder gar IP Adressraumverwaltung künftig der staatsnahen ITU zu überschreiben (obgleich RIPE

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