Recht auf Vergessen: Erste Löschanfragen erreichen Google

Google muss sich bereits mit ersten Löschanfragen beschäftigen. Erst Anfang der Woche urteilte der Europäische Gerichtshof, dass der Konzern auf Antrag personenbezogene Suchergebnisse entfernen muss. Einem Bericht der BBC zufolge fordern ein Arzt, ein Politiker und ein Pädophiler, dass Google Links zu Online-Informationen über sie löscht.

Das am Dienstag bekannt gewordene Urteil bekräftigt das “Recht auf Vergessen”. Google und andere Internetfirmen müssen auf Antrag von Nutzern Links zu irrelevanten oder falschen Informationen über sie entfernen. Als “enttäuschend” hatte Google das Urteil bezeichnet. Man wolle nun die möglichen Konsequenzen prüfen.

Die BBC berichtet, dass ein Arzt von Google fordert, dass negative Berichte von Patienten über ihn aus den Suchergebnissen entfernt werden. Ein ehemaliger Politiker will sich einer Wiederwahl stellen und will, dass Links zu einem Artikel über sein Verhalten im Amt verschwinden. Ein Mann, der wegen des Besitzes von Kinderpornografie verurteilt wurde, hat eine Löschanfrage gestellt, um Berichte über seine Verurteilung entfernen zu lassen.

Wie viele Löschanfragen Google nach dem EuGH-Urteil erhalten hat, hat der Konzern bislang nicht öffentlich genannt. Eine Quelle von CNET hat die drei von BBC News gemeldeten Anträge jedoch bestätigt.

Selbst wenn Google Links zu bestimmten Inhalten entfernt hat, bleiben die Informationen im Netz erhalten. Sie können nur nicht mehr über die Suchmaschine gefunden werden. Der Internetkonzern muss jede Löschanfrage genau prüfen und entscheiden, ob sie berechtigt ist. Das Urteil ist für Google bindend und sieht vor, dass Nutzer gegen eine verweigerte Löschung eine Beschwerde bei den zuständigen Behörden einreichen können.

“Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf unseren Umgang mit Löschanfragen”, teilte ein Google-Sprecher auf Nachfrage von CNET mit. Das Urteil umzusetzen, sei schwer, denn jeder Nutzer könne eine Löschanfrage in seiner Sprache stellen. Zudem müsse Google jeden Antrag genauestens prüfen. “Sobald wir durchdacht haben, wie das funktioniert – was mehrere Wochen dauern kann – werden wir unsere Nutzer informieren.”

Bei einem Treffen mit Aktionären hat Google-Chairman Eric Schmidt Kritik an dem Urteil des EuGH geäußert. Er halte den eingeschlagenen Weg für “falsch”. Der Chefjurist des Konzerns David Drummond fügte hinzu: “Wir glauben, dass es zu weit geht und nicht ausreichend die Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit bedenkt, die unbedingt als Menschenrecht zu sehen ist.”

Zuvor hatte Wikipedia-Gründer Jimmy Wales in einem Interview mit der BBC von einem der “weitreichendsten Internet-Zensur-Urteile, das ich je gesehen habe”, gesprochen. Nun könne jeder Nutzer Beschwerde gegen irgendetwas einreichen und behaupten, es sei irrelevant. Google müsse dann entscheiden, ob dies zutreffe. “Wenn Google jedem gerecht werden muss, der über ein Foto jammert, das er eine Woche zuvor veröffentlicht hat, dann wird es sehr kompliziert für Google.”

[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]

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Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

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