Mit OpenPower gegen Intels Xeon?

Wenn man heute einen Server kauft, dann ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Intel-Prozessor mit x86-Architektur verbaut. Unter Leitung von IBM könnte das OpenPower-Consortium, aber auch Facebooks Open Compute Projekt ein Gegengewicht im Markt schaffen.

Auch wenn IBM die x86-Sparte an Lenovo verkauft hat, wird der Hersteller nicht müde zu betonen, dass man sich keineswegs vollständig aus dem Hardware-Bereich zurückziehen wird. “Der Markt will Alternativen zu x86”, erklärt Klaus Gottschalk, HPC Architect bei IBM, gegenüber silicon.de. Und die versucht IBM seit etwa 2013 mit der OpenPower-Initiative zu entwickeln.

IBM hat in diesem Projekt die Power-Architektur offen gelegt. Nach wie vor liefert IBM Server mit diesem Prozessor aus und hat, gemessen am Umsatz, damit noch immer einen Marktanteil von immerhin knapp 10 Prozent im ersten Quartal 2016. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist das aber ein Rückgang von über 32 Prozent. Allerdings sind diese 9,7 Prozent auch gleichzusetzen mit Nicht-Intel-Systemen und bescheren IBM den dritten Rang. Gemessen an den verkauften Stückzahlen hingegen taucht IBM nicht unter den ersten fünf auf. Hier haben natürlich klar die Hersteller aus der x86-Welt das Sagen.

Die Diskrepanz zwischen hohen Umsäten und niedrigen Stückzahlen zeigt aber auch, dass IBM vor allem hochkarätige Aufträge besetzt. Damit bleibt das Unternehmen auch seiner Philosophie treu, Bereiche mit Commodity-Technologien, wo nur noch über den Preis verkauft wird, abzustoßen, wie zum Beispiel einst die PC-Sparte. Dennoch, IBMs klassischer Hardware-Absatzmark für Power-Systeme gerät unter Druck. Nun versucht der Hersteller durch Partner-Initiativen um Power herum ein neues Ökosystem aufzubauen. Auf der Supercomputing-Konferenz in Frankfurt hat IBM unter anderem auch neue Features für OpenPower vorgestellt.

Die Architektur von NVlink, ein Ergebnis der Initiative OpenPower, integriert auf Prozessorebene die Kommunikation zwischen GPU-Acceleratoren. (Bild: IBM)
Die Architektur von NVlink, ein Ergebnis der Initiative OpenPower, integriert auf Prozessorebene die Kommunikation zwischen GPU-Acceleratoren, was eine Steigerung der Bandbreite von 16 auf durchschnittlich 40 GBit pro Sekunde ermöglicht. (Bild: IBM)

“Wir sehen jetzt die ersten Früchte der OpenPower-Initiative”, so Gottschalk weiter. Power9 wird zum Beispiel über NVlink verfügen. Diese Link-Technologie verbindet den Prozessor mit einem Grafik-Prozessor. Gegenüber herkömmlichen Acceleratoren-Technologien, die in der Regel über einen PCI-Bus angebunden werden, kommt diese gemeinsame Entwicklung jedoch mit deutlich geringeren Latenzzeiten aus. “Das ist vor allem bei der Kommunikation zwischen den Prozessoren entscheidend”, erläutert Gottschalk.

Dank der offenen Architektur – die inzwischen rund 220 Mitglieder der OpenPower-Initiative können auch die Hardware-Spezifikationen des Prozessors sehen – waren die beiden Hersteller nun in der Lage, NVlink auf Prozessorebene anzubinden. “Wir schätzen, dass wir so im Schnitt gegenüber PCI eine Performance-Steigerung von 30 Prozent bekommen”, so Gottschalk.

Ab September werden die neuen Systeme dann voraussichtlich verfügbar sein und Ende 2017 und Anfang 2018 soll diese Hardware die 2014 vom US-Department of Energy beauftragten 200-Petaflop-Supercomputer – Codename Coral – der Oak Ridge Labs und des Lawrence Livermore National Lab antreiben.

Durch die offene Architektur von IBM Power war es Nvidia möglich für NVLink auf Prozessorebene eine Verbindung zu schaffen. (Bild: Nvidia)
Durch die offene Architektur von IBM Power war es Nvidia möglich für NVLink auf Prozessorebene eine Verbindung zu schaffen. (Bild: Nvidia)

IBM strebt zudem weitere Kooperationen wie die mit Nvidia an, um abseits von GPUs auch programmierbare FPGAs oder andere Komponenten an die Prozessoren anzubinden. “Wir bei IBM gehen davon aus, dass künftig ein Großteil der Rechenleistungen über solche Co-Prozessoren und Acceleratoren erledigt werden wird”, so Gottschalk.

Ein weiteres Beispiel für die Öffnung der Power-Plattform durch IBM ist die Mitgliedschaft im Open Compute Projekt, das Facebook zusammen mit einigen anderen Herstellern initiiert hat. Hier geht es vor allem darum, eine offene Architektur für Server und Rechenzentren zu entwickeln. Wie man es auf IBM-Seite vorsichtig formuliert, sieht man zwischen diesen beiden Initiativen “durchaus Berührungspunkte”.

Table 2
Worldwide: Server Vendor Shipments Estimates, 1Q16 (Units)

Company 1Q16 Shipments 1Q16 Market Share (%) 1Q15 Shipments 1Q15 Market Share (%) 1Q16-1Q15 Growth (%)
HPE 526,115 19.4 534,559 20.0 -1.6
Dell 464,292 17.1 507,433 19.0 -8.5
Lenovo 199,189 7.3 220,379 8.3 -9.6
Huawei 130,755 4.8 105,803 4.0 23.6
Inspur 109,390 4.0 91,847 3.4 19.1
Others 1,286,097 47.4 1,209,319 45.3 6.3
Total 2,715,838 100.0 2,669,340 100.0 1.7

Quelle: Gartner (Juni 2016)

Diese Berührungspunkte haben sich beispielsweise Anfang April dieses Jahres in dem gemeinsamen Projekt der OpenPower-Mitglieder Google und Rackspace namens Zaius mainifestiert. Die beiden Hersteller haben auf Basis von Open Compute Spezifiakitionen einen Zwei-Wege-Server auf Basis des für Herbst angekündigten Power9 vorgestellt. Ein Kernbereich dieses Servers ist auch in diesem Fall der NVlink, über den zwei GPUs angesteuert werden können.

Zaius ist ein Power9-basierter Server, den Google und Rackspace gemeinsam vorgestellt haben. Der Power9 wird ab September auf den Markt kommen. (Bild: Google)
Zaius ist ein Power9-basierter Server, den Google und Rackspace gemeinsam vorgestellt haben. Der Power9 wird ab September auf den Markt kommen. (Bild: Google)

Warum aber sollten sich die Konkurrenten Google und Rackspace zusammentun, um eine gemeinsame Serverplattform zu entwickeln? Vielleicht liegt auch hier die Antwort weniger bei Google, das seit der Gründung auf eigene Server-Entwicklungen setzt, sondern vielmehr bei der marktbeherrschenden Position von Intel: Die Innovationskurve im Prozessorbereich für Server flacht zunhemend ab. AMD versucht seit Jahren vergeblich, wieder ein relevantes Gegengewicht im Markt zu werden. Die ARM-Architektur ist meilenweit davon entfernt, einen signifikanten Anteil am Servermarkt zu erobern.

Auch wenn Intels Prozessoren großartige Leistung bringen, wären neue Impulse im Servermarkt sicherlich wünschenswert. Abseits von Power8 bleibt aber nicht mehr viel übrig. Und wo keine Konkurrenz in Sicht ist, lassen sich natürlich auch Preise durchsetzen, die in einem kompetitivem Marktumfeld niemand zu zahlen bereit wäre. Auch deswegen will, wie eingangs erwänt, “der Markt will eine Alternative zu x86”.

Worldwide: Server Vendor Revenue Estimates, 1Q16 (U.S. Dollars)

Company 1Q16 Revenue 1Q16 Market Share (%) 1Q15 Revenue 1Q15 Market Share (%) 1Q16-1Q15 Growth (%)
HPE 3,296,591,967 25.2 3,191,694,948 23.8 3.3
Dell 2,265,272,258 17.3 2,296,473,026 17.1 -1.4
IBM 1,270,901,371 9.7 1,887,939,141 14.1 -32.7
Lenovo 871,335,542 6.7 970,254,659 7.2 -10.2
Cisco 850,230,000 6.5 890,179,930 6.6 -4.5
Others 4,537,261,457 34.7 4,157,871,705 31.0 9.1
Total 13,091,592,596 100.0 13,394,413,410 100.0 -2.3

Quelle: Gartner (Juni 2016)