Verbraucher können jetzt von ihrem Provider Schadensersatz einklagen, wenn der Internetanschluss ausfällt. Das Urteil (III ZR 98/12) des Bundesgerichtshofes bezieht sich jedoch nur auf Privatpersonen. So sei das Internet von zentraler Bedeutung für die Lebensführung, so der BGH in einer Urteilsverkündung am Donnerstag.

Damit stellen die Richter Internet und Telefon rechtlich auf eine Stufe mit Kraftfahrzeugen und Wohnhräumen. Verfügt der Kläger über ein Handy mit Internet-Support, wirkt sich das aber auf die Höhe des Anspruches aus.

Über die Höhe der Entschädigung befanden die Richter des III. Zivilsenats des BGHs ohnehin nicht. Diese müsse von Fall zu Fall individuell ermittelt werden. Im vorliegenden Fall, ein Nutzer hatte geklagt, weil er über zwei Monate keinen Internetanschluss hatte, muss das Landgericht Koblenz in einer weiteren Verhandlung über die Höhe des Schadenersatzes entscheiden.

Der Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts müsse laut BGH grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funktionsstörung typischerweise als solche auf die “materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt”, wie es in einer Pressemitteilung des BGH heißt.

Diese Einschränkung hat zur Folge, dass zum Beispiel für den Ausfall des Telefaxes kein Schadensersatzanspruch besteht. Denn “Dieses vermittelt lediglich die Möglichkeit, Texte oder Abbildungen bequemer und schneller als auf dem herkömmlichen Postweg zu versenden. Der Fortfall des Telefaxes wirkt sich zumindest in dem hier in Rede stehenden privaten Bereich nicht signifikant aus, zumal diese Art der Telekommunikation zunehmend durch die Versendung von Text- und Bilddateien mit elektronischer Post verdrängt wird.”

In den Vorinstanzen sind dem Kläger rund 450 Euro für das höhere, bei dem anderen Anbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt worden. Zum Vergleich: Nach einem Autounfall kann der Geschädigte 40 Prozent der Kosten für einen Mietwagen verlangen. Auch beim Ausfall des Internetzugangs müsse daher ein Prozentsatz des Tarifes zur Berechnung herangezogen werden, erklären die Richter.


Ein Privatmann hatte gegen Freenet und später 1&1 geklagt, weil es bei einer Tarifumstellung seines DSL-Internetanschlusses in der Zeit vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 zu einem Ausfall gekommen ist. Neben den Mehrkosten für ein Handy, das eigens angeschafft wurde, machte der Kläger darüber hinaus auch 50 Euro Schadenersatz täglich für den DSL-Ausfall geltend.

Redaktion

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  • Man kann ja viel gegen die Telekom sagen, aber zuverlässig sind sie! In den letzten 15 Jahren saß ich vielleicht insgesamt eine Stunde ohne Internet und Telefon da. Dafür gebe ich auch gerne ein paar Euro mehr aus.

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