Seit 12 Jahren gewährt Deutsche Telekom FBI Zugriff auf Daten von US-Kunden

Die Wochenzeitung “Die Zeit” hat jetzt das 27 Seiten starke, 2001 unterzeichnete Vertragswerk (PDF) veröffentlicht. Für die Telekom unterzeichnete es der damalige Leiter der Abteilung für Ordnungs- und Wettbewerbspolitik, Hans-Willi Hefekäuser.

Laut Vertrag sollen jedoch keine Deutschen Kunden überwacht werden, sondern die des US-Anbieters Voicestream Wireless, dessen Übernahme durch die Telekom damals noch lief und das später in T-Mobile USA aufging. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Unterzeichnung noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 statt fand. Die verschärften Sicherheitsvorschriften durch den USA Patriot Act gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die Zeitung zitiert einen Telekom-Sprecher, dass die Unterschrift unter den Vertrag sei eine Bedingung für die Übernahme von Voicestream gewesen. Er betonte, es sei in dem Vertrag nur um US-Kunden gegangen. Mit einem solchen Vertrag werde sichergestellt, dass sich ausländische Investoren an US-Recht halten. Der Vertrag sei auch noch für die Telekom bindend.

Wie weit die Tätigkeiten des FBI schon damals gingen, offenbart insbesondere eine Klausel, die der Polizei rund um die Uhr und sieben Tage einen Ansprechpartner bei VoiceStream zusichert. Außerdem verpflichtete sich die Telekom für die US-Tochter, nicht nur Verbindungsdaten, sondern auch Kommunikationsinhalte zu speichern.

Die durch die Zeit offen gelegte Überwachungspraxis hatte die Washington Post in Grundzügen schon vor zwei Wochen geschildert. Sie bezog sich etwa auf ein Network Security Agreement aus dem Jahr 2003 mit dem Unternehmen Global Crossing. Ein eigens gegründetes “Team Telecom” aus Anwälten handelte demnach Deals mit den Providern aus und platziert bei ihnen Mitarbeiter des FBI oder des Department of Homeland Security.

Der Bericht zeigt eine weitere Facette der umfassenden Überwachung, die der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden vor einigen Wochen aufdeckte. Snowden berichtete auch über das britische Überwachungsprogramm Tempora, das sämtliche Daten, die über das britische Hoheitsgebiet laufen, für drei Tage speichert. Und auch Snowden wies darauf hin, dass deutsche Behörden und Telekomfirmen mit der NSA zusammenarbeiten. Inzwischen warnt die EU bereits vor wirtschaftlichen Nachteilen, die den Providern durch diese Überwachungsprogramme entstünden. Deutsche CIOs hingegen sehen durch die Enthüllungen keine Veranlassung, ihre Cloud- und IT-Strategien zu ändern.

Update 18:20 Uhr

In einer schriftlichen Stellungnahme teilt die Telekom gegenüber silicon.de mit, dass es sich nicht um eine freiwillige Zusammenarbeit zwischen der Telekom im Allgemeinen und dem FBI handelt. “Die Vereinbarung verpflichtet T-Mobile USA, sich an amerikanisches Recht zu halten und die Deutsche Telekom, nicht zu intervenieren. Zu diesem CFIUS-Abkommen sind alle Unternehmen verpflichtet, die in den USA investieren möchten – und mehr tun auch wir nicht. Das Abkommen bezieht sich ausschließlich auf die USA und die dortigen Tochterunternehmen” sagt Telekom-Sprecher Philipp Blank.

[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]

Redaktion

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  • Der Vertrag liest sich doch gar nicht so übel. Immerhin ist es verständlich daß es hier um einen ausländischen Anbieter geht, der Zugang zu diffizilen Daten hat. Daß ein Staat sich gegen die Weitergabe der Daten vertraglich absichert, ist doch OK. Wenn der deutsche Staat das mal täte!

    Was die Telekom möglicherweise verschweigt sind zusätzliche Verträge geschlossen nach 9/11, aber darüber dürfen sie wohl, wie alle anderen auch, nicht sprechen. Und auch nicht über die Schnittstellen, die vorgehalten werden müssen. Möglicherweise.

    Alles stinkt nach Verschwörung, und wer den Finger in die Wunde legt, wird gleich als Verschwörungstheoretiker diffamiert.

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