Ein Kernsatz der FSF-Erklärungen lautet: “Wir wären glücklich, wenn Apple diese Programme unter den Bedingungen der GPL vertreiben würde.” Der Plural “Programme” sticht ins Auge. Es könnte durchaus ein dezenter Hinweis der FSF sein. Prompt geistern durch das Internet Spekulationen, viele Apps im Apple-Store könnten GPL-Teile enthalten.

Wenn dem so sein sollte, brächte es Apple ziemlich in die Bredouille. Die Firma müsste in irgendeiner Form dafür sorgen, dass diese Anwendungen aus dem App Store verschwinden. Apple kann nicht selbst den ganzen Code durchsuchen. Vielmehr dürfte das Unternehmen von den Entwicklern eine Erklärung verlangen, dass ihre Apps GPL-frei sind. Wer das nicht zusichert, fliegt raus – Apples Softwareangebot, würde weniger imposant aussehen als heute.

Oder die FSF traut sich zu, Apple zu einer Änderung seiner Store-Bedingungen in Richtung einer Zulassung von GNU-Software zwingen zu können. So wie man Apple einschätzen muss, wird das Unternehmen darauf kaum eingehen. Vielmehr dürfte eine heftige Gegenreaktion aus Cupertino kommen. Genau das könnte ebenfalls ein Ziel der FSF sein. Entweder lenkt Apple in irgendeiner Weise ein – unterlässt künftig beispielsweise seine Drohungen gegen Open Source und Freie Software – oder es droht eine weitere Image-Katastrophe.

Erst kürzlich hatte ein Vertreter der Free Software Foundation Europe den Apple-Chef Steve Jobs wegen des Streits mit Adobe angeschrieben und als Antwort (ausführlicher hier) eine E-Mail mit einer fatalen Formulierung erhalten: “Ein Patentpool tritt gerade zusammen, um Theora und andere ‘Open-Source’-Codecs zu verfolgen. Nur weil etwas Open Source ist, bedeutet oder garantiert das unglücklicherweise nicht, dass es nicht die Patente anderer verletzt.” Das hat über Kreise der Anhänger von Free Software hinaus den Ruf von Apple beschädigt: Die Firma nutze gern Open Source, drohe aber gleichzeitig dieser Entwicklungsmethode mit dem Patentrecht, sei mithin nicht akzeptabel.

Die als arrogant und aggressiv empfundene Antwort von Jobs, könnte die jüngste Aktion der FSF provoziert haben. Jetzt aber pokert die Organisation hoch gegen einen der unberechenbarsten Spieler im Markt. Im Übrigen dürften bei Google die Champagnerkorken knallen. Denn derlei ist Wasser auf die Android-Mühlen.

Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in München.

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Silicon-Redaktion

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