IBM will Server-Sparte angeblich an Lenovo verkaufen

Die Berichte über die Verhandlungen mit Lenovo kommen von der CRN USA. Das Channel-Fachblatt beruft sich dabei auf mehrere interne Quellen. Es sollen demnach bereits Verhandlungen mit Lenovo laufen. Als Kaufpreis wird eine Summe zwischen 5 und 6 Milliarden Dollar kolportiert. Der Börse in Hongkong sagte der chinesische Computerhersteller laut Wall Street Journal, es gebe “vorläufige Gespräche mit einem Dritten hinsichtlich einer möglichen Akquisition.”

Lenovo sei ein bevorzugter Kandidat, da IBM die Server-Sparte nur an Firmen verkaufe, die in anderen Geschäftsbereichen nicht in Konkurrenz mit IBMs Kerngeschäften konkurrieren, so der CRN-Bericht. Lenovo, das bereits vor einigen Jahren die PC-Sparte von IBM erfolgreich übernommen hat, erfülle diese Anforderung. Denn Lenovo habe selbst kaum Produkte in den Bereichen Storage, Networking oder Converged Infrastructures.  Auch in Rechenzentren sei Lenovo außerhalb Chinas bisher nur selten anzutreffen.

Eine weitere Quelle erklärte gegenüber CRN, IBM habe die Mitarbeiter seines Product Engineering Lab bereits darüber informiert, dass sie ab 1. Juni für Lenovo arbeiteten. Die Einrichtung ist Teil von IBMs Building 201 im Research Triangle Park im US-Bundesstaat North Carolina. Mitarbeiter von IBM beschäftigten sich dort mit Kundenproblemen, die IBMs Level-1- bis Level-3-Support nicht lösen könne, ergänzte die Quelle.

Nach dem Verkauf der zur System-x-Produktreihe gehörenden x86-Serversparte wird sich IBM laut CRN auf Konfiguration, Tests, Installation und Verwaltung von Servern konzentrieren, aber keine Hardware-Komponenten mehr herstellen. Der Konzern wollte den Bericht nicht kommentieren. Auch ein Lenovo-Sprecher lehnte es bislang ab, Stellung zu beziehen. Man äußere sich generell nicht zu Gerüchten oder Spekulationen, so die Begründung.

x86-Server liefern nach wie vor hohe Umsätze. Allerdings stehen die Margen der Anbieter auch hier unter Druck. Wie das Wall Street Journal berichtet, habe IBM bereits mehrfach unter Beweis gestellt, dass es die Unternehmensstruktur aggressiv anpasst, um höhere Margen zu erzielen. Das sieht auch der derzeit unabhängige Industrieanalyst und Patentanwalt Rüdiger Spies so, der in diesem noch nicht bestätigten Schritt IBM eine konsequente Fortführung der Strategie hin zu Produkten mit höheren Margen und auch eine Ausdünnung des Hardware-Geschäftes bei IBM sieht.

Als Beispiel für diese Strategie ist der Verkauf der PC-Sparte vor neun Jahren an Lenovo zu nennen. Danach hat IBM stärker als zuvor die Bereiche Software und Consulting stärker gewichtet, die daherhaft höhere Margen versprechen. Nach wie vor aber basiert IBMs Geschäftsmodell auch stark auf Hardware. Neben Mainframe- und Unix-Server versorgt IBM eben auch mit x86-Servern.

“Dieser Verkauf wäre natürlich auch eine Anerkennung von Lenovos Erfolgen im PC-Markt”, so Spies im Gespräch mit silicon.de. Lenovo sei im Konkurrenzkampf inzwischen sehr nahe an HP heran gerückt und habe durchaus das Potential HP in diesem Bereich zu überholen. Durch den Verkauf der Commodity-Server-Sparte könnte IBM, so Spies weiter, “HP das Wasser abgraben, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen”. Denn Lenovo könne x86 deutlich günstiger als HP produzieren und IBM würde aufgrund zahlreicher Patente und selbst entwickelter Technologien über Lizenzen dennoch weiter an den Servern verdienen.

Gleichzeitig würde IBM selbst ein Unternehmen mit Know-how bei x86-Servern bleiben. Denn mit den vor wenigen Monaten aktualisierten PureSystems betreibe IBM i- und p-Series, also Power-basierte Unix-Systeme gemeinsam auf einer Plattform. Auch die x86-basierten Erweiterungen für die Mainframes und das Geschäft mit den HANA-Appliances würden trotzt dieses Verkaufs bei IBM bleiben, erklärt Spies. Allerdings könne IBM hier schlicht höhere Margen einfahren.

Die Zahlen für IBMs erstes Fiskalquartal blieben der gestern veröffentlichten Bilanz zufolge überraschend hinter den Erwartungen zurück. Der Umsatz sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf Prozent auf 23,4 Milliarden Dollar. Der Gewinn schrumpfte um ein Prozent auf 3 Milliarden Dollar. Der Non-GAAP-Gewinn betrug 3 Dollar je Aktie. Analysten hatten 3,05 Dollar je Anteilsschein bei Einnahmen von 24,62 Milliarden Dollar vorausgesagt.

IBM-Zahlen für das erste Quartal 2013: Der Beitrag der Hardware zum Gesamtergebnis geht weiter zurück. Durch den Verkauf der Sparte für Commodity-Server würde IBM diesen Wert weiter zurückfahren, gleichzeitig aber die Marge verbessern. Quelle: IBM

[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]

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Redaktion

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