EU-Richtlinie gegen illegale Online-Inhalte wälzt Verantwortung auf Unternehmen ab

EU (Bild: Shutterstock/artjazz)

Hetze, Gewalt und Fake News sollen künftig vermehrt durch die Provider ausgefiltert werden. Die Wirtschaft dagegen sieht den Staat bei der Bekämpfung von Verbrechen dieser Art in der Verantwortung.

De Europäische Kommission will mit einer neuen Richtlinie verstärkt gegen illegale Internetinhalte vorgehen. Die Orientierungshilfe und Grundsätze für Online-Plattformen verlangen ein proaktiveres Vorgehen gegen Inhalte, die zu Hass, Gewalt und Terrorismus aufstacheln. Gemeinsame Instrumente sollen für ihre rasche Erkennung und Entfernung sorgen. Außerdem will Brüssel damit verhindern, dass solche Inhalte erneut auftauchen. Es gehe darum, illegale Inhalte proaktiv und wirksam auszumerzen.

Typischer Aufbau einer Fake-News bei Facebook: Aktuelles Thema, nichtssagende aber vielversprechende Überschrift, und gezielte Anspracher einer Lesergruppe mit einer bestimmten Orientierung. (Screenshot: Trend Micro)
Typischer Aufbau einer Fake-News bei Facebook: Aktuelles Thema, nichtssagende aber vielversprechende Überschrift, und gezielte Anspracher einer Lesergruppe mit einer bestimmten Orientierung. (Screenshot: Trend Micro)

“Internetunternehmen spielen eine zentrale Rolle bei der Beseitigung terroristischer Online-Inhalte, indem sie ihre Bemühungen verstärken und als Unternehmen soziale Verantwortung für das digitale Zeitalter übernehmen”, erklärte dazu Julian King, der für die Sicherheitsunion zuständige Kommissar. “Die Situation ist nicht weiter tragbar: In mehr als 28 Prozent aller Fälle brauchen Online-Plattformen mehr als eine Woche zur Entfernung illegaler Inhalte”, ließ sich Mariya Gabriel zitieren, Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft. “Heute haben wir ein klares Signal gesetzt, um die Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen.” Laut Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip umfasst die Orientierungshilfe aber auch Sicherheitsvorkehrungen gegen die überzogene Entfernung von Inhalten (“over-removal”).

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Diese Leitlinien seien laut EU ein erster Schritt. Weitere Maßnahmen sollen folgen, die aber von der Umsetzung durch die Online-Plattformen zur proaktiven Umsetzung der Orientierungshilfe abhängig sind. So sollen die Online-Plattformen in den nächsten Monaten überwacht und bewertet werden. Sollten zusätzliche Schritte angebracht sein, könnten dazu auch gesetzliche Maßnahmen gehören, um den bestehenden Rechtsrahmen zu ergänzen, warnt Brüssel.

Der Verband der Deutschen Internetwirtschaft (eco) sieht die neuen Leitlinien kritisch und warnt ausdrücklich davor, das bestehende Haftungsgefüge der eCommerce-Richtlinie auszuhöhlen. Dieses habe sich als ausgewogen und funktionsfähig erwiesen. Schon heute unterstützten Plattformbetreiber und Internetprovider die Strafverfolgungsbehörden effizient bei der Rechtsdurchsetzung.

“Der geltende Rechtsrahmen der eCommerce-Richtlinie ist ausgewogen und bietet schon heute alle Möglichkeiten für die wirksame Bekämpfung illegaler Internetinhalte”, kontert Oliver Süme, eco-Vorstand Politik und Recht. “Die eigentliche Herausforderung ist die Rechtsdurchsetzung.” Und an dieser Stelle sieht Süme die Verantwortung des Staates. Eine gezielte Strafverfolgung der Täter soll die Ursachen des Problems bekämpfen. Gleichzeitig sollen die Öffentlichkeit für hetzerische, hasserfüllte Äußerungen und illegale Inhalte sensibilisiert werden. “Ein Abwälzen der Verantwortung bei der Rechtsdurchsetzung auf die Provider sowie die Einführung von automatischen Filtersystemen sind nicht akzeptabel.”

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Unterschiedliche Inhalte erfordern unterschiedliche Bearbeitungszeiten, appelliert eco erneut an die EU-Kommission. Radikale Versuche der Beschleunigung oder starre Fristen, wie sie etwa mit dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz verfolgt werden, seien wenig effizient oder sogar kontraproduktiv.

Als Antwort auf illegale Online-Inhalte sieht die Europäische Union auch die vorgeschlagenen Reformen des Urheberrechts. In diesem Zusammenhang fragt Julia Reda, Europaabgeordnete der Piraten, ob die EU-Kommission überraschende Erkenntnisse über die Auswirkungen von “Raubkopien” bewusst zurückhielt. Sie moniert, dass eine 2014 bestellte Studie zu diesem Thema mit einem Auftragswert von 360.000 Euro der Kommission im Mai 2015 übergeben, dann aber nicht veröffentlicht wurde. Erst rund zwei Jahre später – die Abgeordnete stellte einen Antrag nach dem EU-Informationsfreiheitsgesetz – rückte die Kommission die 300-seitige Studie heraus.

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Die gestellte Frage aber, ob Urheberrechtsverletzungen die Verkaufszahlen von Werken beeinträchtigen, sieht Julia Reda als entscheidend für die politische Gestaltung des Urheberrechts und seine Durchsetzung an. Außer bei neuen Blockbuster-Filmen gebe es jedoch keinen Beleg dafür, dass illegale Downloads im Netz zu einem Rückgang der Verkaufszahlen führen. Reda fordert die Kommission dazu auf, die Debatte um die Urheberrechtsreform “auf ein sachlicheres Niveau zu bringen, indem sie relevante Zahlen und Fakten zeitnah veröffentlicht”.

[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]

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