Milliardenstrafe: EU zerschlägt Intels Rabattpolitik

Woran sich die Wettbewerbskommission besonders stößt, ist die Vertriebspraxis von Intel. Der Hersteller gewährt PC-Herstellern Rabatte auf Prozessoren, knüpfe dran jedoch bestimmte Bedingungen. Damit müsse jetzt Schluss sein, auch so genannte ‘Werbekostenzuschüsse’ dürfe Intel nicht mehr bezahlen, solange im Gegenzug ein exklusives Intel-Sortiment gefordert werde.

Jahrelang haben die Wettbewerbshüter in Brüssel Beweise für Intels unrechtmäßiges Verhalten gesammelt. Nun scheint genug Material beisammen zu sein, um damit gegen die dominante Marktstellung und vor allem die angeblich unfaire Vertriebspolitik von Intel vorzugehen.

Die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, so will die Financial Times Deutschland aus EU-Kreisen erfahren haben, solle sich bereits für ein Vorgehen gegen Intel entschieden haben. Eine offizielle Entscheidung zu diesem Fall soll dann im Spätsommer vorgestellt werden, heißt es weiter.

Inzwischen hat sich ein EU-Sprecher zu Wort gemeldet. Eine Entscheidung sei in dieser Frage bislang nocht nicht gefallen. Dennoch seien die Ermittlungen in vollem Gange und eine Entscheidung werde so bald als möglich getroffen, so der Sprecher weiter.

Mit unzulässigen Rabattbedingungen und Drohungen gegenüber PC-Herstellern, die Prozessoren anderer Hersteller verwenden, soll sich Intel bei PC-Prozessoren einen Marktanteil von rund 80 Prozent erkämpft haben.

Neben dem Verbot der Vertriebspraxis könnte sich Brüssel auch noch für eine Strafe in Milliardenhöhe entscheiden. Bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes sind als Strafmaß möglich. Sollte die EU Wettbewerbskommission diese Möglichkeit voll ausschöpfen, wären für den Halbleiterproduzenten bis zu 2,6 Milliarden Euro fällig.

Die Kommission untersucht derzeit neben anderen europäischen Einzelhandelsketten auch das Verhältnis der Media-Saturn-Holding zu Intel. So soll der Händler für den exklusiven Vertrieb von Intel-basierten PCs eine hohe zweistellige Millionensumme erhalten haben. Insgesamt soll Intel rund 360 Millionen Euro an “Werbekostenzuschüssen” gezahlt haben.

Experten gehen davon aus, dass Intel gegen eine Verurteilung aus Brüssel Einspruch erheben wird. “Wir haben nicht gegen die Regeln des fairen Wettbewerbs verstoßen”, erklärte Intel-Sprecher Hans-Jürgen Werner gegenüber silicon.de. Dennoch werde man mit den Ermittlungsbehörden der EU “vollständig kooperieren”.

Ein exklusives Abkommen mit der Saturn Media Holding bestreitet Intel Deutschland. Allerdings sucht man in Media-Märkten nach wie vor vergeblich nach Geräten mit AMD-Prozessoren. Laut Informationen der FTD soll ein entsprechendes Abkommen bereits seit 1999 bestehen. Unklar ist bislang jedoch, ob und in welchem Umfang die Mediamarkt Saturn Holding mit einer Strafe zu rechen hat.

Aber auch ein Berufungsverfahren Intels gegen ein Urteil der EU hat keine aufschiebende Wirkung für Intel. Genau wie Microsoft, dessen europäische Kartellstrafen sich inzwischen auf 1,7 Milliarden Euro summiert haben, wird Intel die geforderte Summe auf ein treuhänderisch verwaltetes Konto überweisen müssen.

Silicon-Redaktion

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