And the Foggy goes to…

Die Bilanz von knapp einer Woche CeBIT sieht üblicher Weise so aus: ein halbes Dutzend hochkompetenter Leute getroffen; ein, zwei interessante Technologien kennengelernt; ein lesenswertes White-Paper mitgenommen.

Desweiteren: sich von viel zu vielen Dampfplauderern die Zeit stehlen lassen; darin bestätigt worden, dass alle irgendwie machen, was gerade hype ist; unzählige Flyer weggeworfen.

Und in den Flyern ging es immer um hochinnovative Produkte, die allesamt leistungsstark sind, intuitiv zu bedienen und vor allem vielfach ausgezeichnet (highly awarded). Vergeben werden jene Auszeichnungen in der Regel von schwindsüchtigen IT-Verlagen an ihre Anzeigenkunden.

Da ist es doch eigentlich mal an der Zeit, ein paar andere Awards zu verteilen, solche, bei denen man sicher sein kann, dass bei ihrer Verleihung kein Schmu getrieben wird, weil die Preisträger für jeden erkennbar preiswürdig sind. Beispielsweise: The Golden Bug.

Der geht an ein Unternehmen, das zu Unrecht fast in Vergessenheit geraten ist. Innovative Software hat es zwar schon lange nicht mehr auf den Markt gebracht. Aber es überrascht seine User-Gemeinde doch stets aufs Neue mit noch nie da gewesenen Bugs.

And the Golden Bug goes to… Microsoft Corporation – für die phantastische Lnk-Lücke.

Begründung: Microsoft liebt seine Kunden und lässt sie spüren, dass sie etwas ganz Besonderes sind. Und dank der Lnk-Lücke konnten sich Consumer sogar einmal fühlen wie richtige Administratoren.

Sicherheitsprobleme wie ein Profi! Damit könnte Microsoft jetzt werben. Durch die Lnk-Lücke ist Stuxnet in die Urananreicherungsanlage in Nathans gekrochen. Aber Microsoft machte sie selbst Home-Usern der Starter Edition zugänglich.

Überhaupt hat das Unternehmen damit bewiesen, dass es mit der vermeintlich innovativeren Konkurrenz mithalten kann. Google wirbt zwar mit: “Don’t be evil.” Aber nur Microsoft garantiert dafür, dass seine Kunden das gar nicht können, böse sein. Jedenfalls kann man erwiesener Maßen keine Bomben bauen, wenn man seine Steuerungsrechner unter Windows fährt.

Einen anderen Preis könnte man ja für Unternehmen ausloben, die dem zeitgeistigen Ruf nach Offenheit trotzen und Systeme vertreiben, die proprietärer sind als weiland IBMs S/390: And the Proppy goes to… Apple.

Aus der Laudatio: Dem Unternehmen ist es als erstes gelungen, die Proprietäts-Kette (proprietary chain) zu schließen. I-Programmierer entwickeln mit konzerneigenen Werkzeugen und verkaufen ihre Software in Apples App Store. Zeitschriften fürs iPad werden über iTunes abgerechnet. Und der Leser liest, was Apple für schicklich hält.

Trotz seiner Erfolge kommt Apple mit Standard-Bauelementen aus und braucht keine eigenen Prozessoren mit abseitigen Instruction-Sets und irgendwelchen speziellen Features. Vielmehr ruht die ganze proprietäre iWelt auf Design, Marketing und der weit verbreiteten Schafsnaturen in seiner Kundschaft.

Und so fährt Apple auch höhere Gewinne ein als seinerzeit IBM. Das Unternehmen wäre deswegen auch eines anderen Preises würdig: des Big Monetisers.

Aber so richtig Geld machen kann man nicht mit dem Verkauf von Schmuckstücken mit IT-Features, sondern nur mit der Unternehmensfinanzierung. Also: The Big Monetiser goes to… Zynga, Facebooks virtuellen Hühner- und Schweinestall.

Das Monetising von matten Ideen sollte eigentlich ein schwieriges Geschäft geworden sein. Gilt es doch, die Klugheit von Anlegern zu überwinden, die jene durch den Schaden der Jahre 2000/2001 erlangt haben könnten. Aber diese Hürde scheint niedriger, als gedacht. Und so soll Zynga nach seiner jüngsten Finanzierungsrunde 9 Milliarden Dollar wert sein. Eine Summe, die unwirklicher ist als die ungezählten landwirtschaftlichen Betriebe minderjähriger sozialer Netzwerker.

Und dann ist da noch der ultimative Preis: The Foggy Fog goes to… the IT-industry as a whole. Heuer ist es der Branche mit der Cloud geglückt, wirklich alles einzunebeln. Ein Rechenzentrum gilt inzwischen als Cloud und ein Server auch, wenigstens als private.

Eine Wolke ist in den Himmel gehobener Nebel. Und der hat sich diese Woche über Hannover herabgesenkt, so dass man die Hand vorm Auge nicht mehr sehen konnte, geschweige denn irgendwelche Technik. Mit der Cloud haben die Dampfplauderer wohl ihr endgültiges Buzz-Word gefunden.

Aber Nebel und Wolken schlagen aufs Gemüt. Der Schreiber geht deswegen jetzt zum Franz in die Wirtschaft, Wolken vertreiben und zwei Halbe Bier trinken. Und außerdem sind die Leute in einem bayerischen Wirtshaus viel angenehmer als jene in norddeutschen Messehallen. Die in der Wirtschaft haben einen viel klareren Kopf.