Offene Formate oder Marktstandards?

“rOGG on!” – Berlin ist eine Microsoft-Festung, die nur zu gerne von Bundesländern mit Open-Source-Keulen gestürmt würde.

99 Prozent der Leser hier dürften nicht mitbekommen haben, dass gestern der “Document Freedom Day” war. Das war ein weltweiter Aktionstag, der auf die Notwendigkeit herstellerunabhängiger Dokumentenformate aufmerksam machen soll. Es gab dazu eine Reihe Aktionen von der Documentfreedom.org, die sich wiederum vor allem auf die Free Software Foundation Europe (FSFE) und ihr nahe stehende Gruppen stützt.

Oha, das ist doch die Gefolgschaft von diesem Software-Kommunisten Richard Stallman, erahne ich schon beim Schreiben dieser Zeilen das Aufstöhnen vieler, die diesen Beitrag erst demnächst lesen werden. Diese Typen, die missionarische Eiferer werden, wenn von “Open Source” statt “Free Software” die Rede ist, und die am liebsten ein Gnu vor jedem Rechenzentrum grasen sehen würden, in dem Linux läuft.

Was ist geschehen, das diesen Aktionstag berichtenswert macht? In Berlin und Köln hat das Deutschlandradio aus Anlass des Tages einen Preis “für die Nutzung und Förderung offener Standards in der Gesellschaft”, so schreibt die FSFE, bekommen. Überreicht wurde – zusammen mit dem Förderverein für eine freie informationelle Infrastruktur (FFII) – eine Torte. Auf der stand “rOGG on!” In Wien gab es übrigens eine parallele Veranstaltung, bei welcher der Sender Radio Orange in der gleichen Sache und Weise geehrt wurde.

Die Aufschrift auf den Torten bezieht sich auf Ogg, das beide Sender verwenden. Dies ist ein Kompressionsverfahren für Audiodateien, das die Xiph.org-Foundation als patentfreie Alternative zum MP3-Format entwickelt hat. Das Open-Source-System soll sicherstellen, dass Dateien nicht unlesbar, in diesem Fall unhörbar, werden, weil es Patenteignern gefällt, an ihren Verfahren ein klein wenig zu ändern, so dass die Anwender für neue Versionen des Programms wieder Geld in die Kassen spülen. Ein zeitliches Kuriosum hat diesen Background interessant gemacht.

Der Document Freedom Day findet seit 2008 am letzten Mittwoch im März statt. In diesem Jahr bildete er das Kontrastprogramm zum nächsten Tag. Denn heute, am 1. April, trat der IT-Staatsvertrag in Kraft. Auf seiner Grundlage entwickelt sich künftig die IT-Politik Deutschlands. In der Praxis wird das ein IT-Planungsrat machen, in dem Vertreter von Bund und Ländern sitzen. Dieses Gremium ist wiederum an Grundsätze gebunden, die der Bundestag vorgegeben hat. Darunter findet sich auch die Vorgabe, der Planungsrat habe die “vorrangige Verwendung bestehender Marktstandards” in der IT der öffentlichen Verwaltung zu fördern.