“Mehr Geld, mehr Freiheit”

Jeder zehnte IT-Profi ist selbständig. Und es werden immer mehr, was nicht zuletzt am Trend zu Outsourcing liegt.

Dass das Rechenbeispiel nicht so weit von der Praxis abweicht, bestätigt Symanek: “Der durchschnittliche Jahresumsatz der Freiberufler lag 2006 bei über 100.000 Euro, ein Viertel erwirtschaftet deutlich über 140.000 Euro.” Deshalb kann er nicht nachvollziehen, warum sich eine so große Anzahl für unterbezahlt hält. Doch der reine Zahlenvergleich hinkt. Umsatz ist nicht gleich Gehalt.

Genaue Zahlen, wie viele IT-Freiberufler es in Deutschland gibt, existieren nicht. Symanek schätzt sie auf 60.000, Tendenz stark steigend. Ulrich Bode, Sprecher des Beirats für Selbständige in der Gesellschaft für Informatik (GI), geht von 50.000 aus. Die Hälfte davon hat seiner Einschätzung nach ein Informatik-Studium absolviert, andere haben einen IT-Beruf erlernt oder sind Quereinsteiger.

Auch Bode geht von einer steigenden Anzahl an IT-Freiberuflern aus. “Aber sie werden älter und sind zurzeit bereits um die 40, wenn sie den Sprung in die Selbständigkeit wagen”, stellt er fest. Demografischer Wandel und fehlender Nachwuchs zeigt sich eben auch bei den Selbständigen. Seine Faustformel für den Einkommensvergleich: “Der Umsatz des Freiberuflers sollte etwa doppelt so hoch liegen wie das Gehalt des Angestellten, damit beide am Ende in etwa das gleiche verdienen.”

Auf einem Bein steht es sich schlecht

“Jeder zehnte IT-Fachmann ist Freiberufler”, meint der GI-Mann. Der studierte Informatiker gehört selbst auch dazu. “Nicht selten wechseln Angestellte IT-Fachkräfte in die Selbständigkeit im Zuge von Outsourcing beim alten Arbeitgeber”, weiß er aus der Praxis. Das sei eine sehr bequeme Art, auf die eigenen Füße zu kommen. Allerdings dürften die Leute dann nicht vergessen, weitere Kunden an Land zu ziehen. “Auf einem Bein steht es sich nun mal schlecht”, mahnt Bode.

Mit dem Gründungszuschuss unterstützt die Arbeitsagentur den Aufbau einer selbständigen Existenz. Der Zuschuss wurde zum 1. August 2006 eingeführt und hat das Überbrückungsgeld sowie die Förderung der Ich-AG abgelöst. Er wird gewährt, wenn der Antragsteller Arbeitslosengeld bezieht und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit nachweisen kann.

“Ich spiele immer wieder mit dem Gedanken, mich selbständig zu machen”, verrät Tobias Rudolph. Der 33-jährige hat eine Ausbildung zum DV-Kaufmann, bereits in verschiedenen Unternehmen gearbeitet und ist vor kurzem zu einem großen Generika-Hersteller gewechselt. Hier ist er für den weltweiten Roll-out von SAP Exchange Infrastructure, einer Komponente von Netweaver, verantwortlich.

Was ihn bislang von der Freiberuflichkeit abhält, sind seine Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis: “Wenn die Leute krank sind oder nicht arbeiten, haben sie permanent ein schlechtes Gewissen, weil sie dann kein Geld verdienen.” Er empfindet das als eine “krasse Auswirkung in das Privatleben”.

Kollegen zu haben hat auch was für sich

Zuvor war er jahrelang als IT-Berater unterwegs. “Ich war immer ein Externer, ein Kollege auf Zeit, hatte oft den Status eines Freien”, begründet er seinen Entschluss, in einem festen Kreis zu arbeiten und das Beraterleben aufzugeben. Jetzt genießt er es, Kollegen um sich zu haben, Verantwortlichkeiten und Rollen wahrnehmen zu können, die er als Externer so nie bekommen hätte. Und natürlich die Sicherheit, als Angestellter, jeden Monat das Gehalt pünktlich überwiesen zu bekommen.

Das Standardargument ‘Sicherheit’ lässt IT-Consultant Peter Eckhardt nicht gelten. “Hat man tatsächlich eine höhere wirtschaftliche Sicherheit, wenn man angestellt ist?”, stellt er die rhetorische Frage. Er zweifelt daran – Massenentlassungen nach dem Absturz der New-Economy geben ihm Recht.

Zwar hat ein Angestellter das Recht auf Arbeitslosengeld, dafür kann er selbst Geld für schlechte Zeiten auf die Seite legen. “Wenn ich mein Erspartes aufgebraucht habe und beim Angestellten das Arbeitslosengeld abgelaufen ist, stehen wir ohnehin auf demselben Niveau als Hartz-IV-Empfänger”, sagt er knallhart und ergänzt: “Falls es jemals soweit kommen sollte, ging es mir bis dahin deutlich besser.”

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