An der Ich-Erschöpfung wachsen

Ich bin erschöpft, sowas von erschöpft, seit Wochen. Zuerst dachte ich, die Grippe ist im Anmarsch. Sie wissen schon, die neue, nach einem essbaren Tier benannte. Ist es aber nicht, keine Erkältung, nur tiefe Mattigkeit.

Kernstück der Strategie ist ein proprietärer Software- und Hardware-Stack. Die Software ist kein Problem, die hat Oracle ja im Überfluss, auch dank Übernahmen wie der von Peoplesoft.

Um an die Hardware zu kommen will sich Ellison gerne Sun einverleiben. Zwar muckt noch die europäische Wettbewerbsbehörde und will sich dem Deal verweigern, aber Larry bekommt in der Regel das, was er möchte. Und dann kann es so richtig im Stil von Alt-IBM losgehen: Integrierte Gesamtpakete aus Hard- und Software für jede Branche. Die sind dann sehr teuer, aber für die Anwender einfach zu handhaben – und sie schaffen die Abhängigkeit von einem Hersteller. Und die Lizenzgebühren sprudeln bis in alle Ewigkeit…

Wenn sich Ellison da nur mal nicht verrechnet hat. Die IBM wäre mit diesem Geschäftsmodell fast pleite gegangen, als sich Client-Server-Computing durchzusetzen begann. Lou Gerstner, den branchenfremden Chef von IBM, kostete es damals viel Mühe und Überzeugungsarbeit, um mit neuer Offenheit die Kehrtwende zum Guten für den IT-Riesen zu bewerkstelligen. Nebenbei wurden noch unzählige Mitarbeiter entlassen, was an der Ostküste der USA zu dramatischen wirtschaftlichen Verhältnissen führte, man erinnere sich.

Und noch etwas sollte der Oracle-Chef nicht unterschätzen: Die Open-Source-Gemeinde, der sich Sun ja zum Teil schon verschrieben hatte. Vielleicht ist sie ja das, was Client-Server-Computing in den 90er Jahren des vergangenen Jahrtausends (!) war: Die Demokratisierung der IT, der Aufstand der Vielen gegen die Monopolisten, der Kampf von David gegen Goliath…

Übrigens fällt auf, dass Apple, everybodys Darling, ebenfalls diese Strategie der proprietären Hard- und Software aus einer Hand verfolgt. Ellison und Jobs die neue Achse des Bösen? Oder nur die Ich-Erschöpften der Zukunft? Mir geht’s jedenfalls schon viel besser.

“silicons sillycom” besteht aus den bekannten IT-Journalisten Kriemhilde Klippstätter, Hermann Gfaller, Ludger Schmitz und Bernd Seidel. Jeweils freitags lassen sie die vergangene Woche Revue passieren.