Hey, you, get off of my Cloud (1965)

Lena ist ja ein nettes Mädel. Aber wenn man das Wesen der IT erfassen will, dann muss man die alten Säcke von den Rolling Stones anhören.

Na also, geht doch! 28.716.847 ist der Clip von Lena Meyer-Landrut bei Youtube geklickt worden. Und dazu gab’s Werbung für Mobilfunkverträge – um das Voting zu simsen – für Schminke und für Kopfhörer. Man kann also mit Musik im Internet doch richtig Geld machen.

Ob die jetzt wohl Lizenzgebühren bekommen? Die stünden ihnen eigentlich ja zu. Denn sie haben die Sache mit den Songs im Netz schließlich erfunden – die Piraten.

Echte Likedeeler sind das: Stets bekommt jeder den gleichen Anteil an der Prise, also alles, weil Dateien sich besonders gut teilen lassen. Und so trabt das Muli denn auch jedes Mal schwer beladen mit wohlklingenden MP3s von der Wolke an Land.

Jetzt aber laufen die Flagschiffe der Internet-Pfeffersäcke aus, um die Cloud für den Musikhandel zu erobern, Google, Amazon und Apple. Die haben andere Vorstellungen vom Teilen. Da wird bald das Lied von der Knappheit erklingen, die Begleitmusik eines jeden lukrativen Handels.

Tja, was soll man dazu sagen? – Frau Meyer-Landrut möchte man zu so einem Thema eher nicht befragen. Aber die Antwort erklingt vom Plattenspieler analog, leicht zerkratzt, jedoch treffend formuliert: Hey, you, get off of my Cloud (1965). Ja, die alten Herren von der prächtigsten aller Rentner-Combos bringen auch das exakt auf den Punkt.

Überhaupt eignen sich die Stones ja ganz ausgezeichnet zur Analyse der IT-Branche. – Can you hear the music? (1973).

Nehmen wir etwa Microsoft. 1981 hat Bill Gates QDos gekauft und darauf ein Betriebssystem-, Utility- und Browsermonopol aufgebaut. Heute hingegen müht sich der Konzern vergeblich an Web-Applikationen, Suchmaschinen, MP3-Playern und Smartphone-Software ab. Wie wär’s mal mit Try a little harder (1975)?

Und jetzt probiert’s Microsoft mit der “Gefällt-mir”-Suche. Aber vor jedem neuen Versuch klingt’s einem schon im Ohr: This could be the last time (1965).

Oder Google, der Konzern, der vorgibt nach der Maxime zu handeln: “Don’t be evil!” Diese Woche haben Ulmer Informatiker herausgefunden, dass nicht nur der Konzern selbst sich in den Apps-Daten der Nutzer umschaut, sondern dass auch Hacker das können. Wenn man sich vergegenwärtigt, was Google so treibt, dann packt sie einen doch, die Sympathy for the devil (1968).

Von der deutschen Computerindustrie heißt es immer, in ihr dominierten die Ingenieure. An Verkäufern hingegen mangele es ihr. Das Gegenteil stimmt. Die Ingenieursfirmen Zuse und Nixdorf sind erst im Siemens-Konzern verschwunden und dann verkauft worden, so wie auch die Netzwerk-, Service- und die Chipsparte.

Das Problem der hiesigen ITK-Branche besteht nicht darin, dass sie keine Leute hätte, die verkaufen können, sondern darin, dass einige nur das können. Wegen Siemens wird wohl einmal das Instrument des Leerverkaufs auf dem Merger- und Acquisition-Markt eingeführt werden müssen.

All Sold out (1967). Treffender als die Stones kann man es doch nicht formulieren. Das Rolling Stones Songbook übersetzt diesen Titel übrigens mit “Verraten und verkauft”. Er würde also auch auf die Daten von Facebook-Nutzern passen.

Und auch über andere Technologien muss man eigentlich nur wissen, was der Jagger singt. Über die Kernenergie beispielsweise. Von Anfang an war es wie Dancing with Mr. D. (1973). Und dann wurden sogar noch die Laufzeiten der Meiler verlängert. Ein wahrer Silvertrain (1973) für die Betreiber. Und jetzt stellt sich heraus, dass einen abstürzenden Flieger keines der deutschen Atomkraftwerke aushält.

Das ist doch… Genau! Turd on the run (1972). (Dies lässt sich – dem Thema angemessen – nur schwer in gepflegtes Deutsch transferieren: Bei “Turd” handelt es sich um den vulgärsprachlichen Ausdruck für ein Stoffwechselprodukt.)

Ach ja, was einem halt so einfällt, wenn man beim Rückblick auf die Woche, Stones hört. I got the Blues (1971)? – Mitnichten! I know, it’s only Rock’n Roll. But I like it (1974).