Analyst: “HP – Das wird spannend”

HP-CEO Leo Apotheker hat am 18. August die im März verkündete “neuen Strategie” konkretisiert, mit der die Marktposition von HP deutlich verbessert werden soll. Sowohl HP-Kunden als auch Partner und Wettbewerber fragen seitdem beim Marktforscher Experton Group an, was von diesen Ankündigungen zu halten ist. Ein Artikel von Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group.

Wir sind durchaus überrascht über Zeitpunkt und Art dieser Kommunikation/Ankündigung, aber eigentlich ist es auch ganz einfach erklärbar. Leo Apotheker hat offensichtlich den Auftrag zum Umbau des Konzerns erhalten, den er jetzt aus seiner Sicht konsequent umzusetzen versucht. Sein Vorgänger Mark Hurd hat seine Aufgabe – massive Kostensenkung – jedenfalls sehr erfolgreich durchgeführt, obwohl das den Mitarbeitern natürlich sehr wenig gefallen hat und auch die Qualität gelitten hat. Die wesentlichen Punkte der aktuellen Ankündigung sind:

Aufgabe des Geschäftes mit Smartphones und Tablets

HP zieht sich aus diesem Geschäftsfeld zurück, obwohl der Markt boomt und einige Anbieter (u.a. Apple und Samsung) hier sehr erfolgreich agieren. Der Aufkauf von Palm (vor zwölf Monaten für 1,2 Milliarden Dollar) und die Ankündigungen zu WebOS sind damit obsolet. Ein nicht nachvollziehbares Eingeständnis der Schwäche von HP und Vernichtung von erst kurzfristig getätigten Investitionen.

Aufgabe des Privatkundengeschäftes

HP zieht sich aus dem Privatkundengeschäft mit PCs und Notebooks zurück, da das Wettbewerbsumfeld hier sehr stark ist und Größenmetriken keine positive Rolle mehr spielen. Für ein weiteres Engagement im Consumer-Markt spricht, dass aus diesem Bereich heute und in Zukunft die Innovationen getrieben werden. Allerdings sind die Business-Metriken in diesem Bereich extrem unterschiedlich zum B2B Geschäft. Insgesamt ein nachvollziehbarer Schritt.

Die PC-Sparte wird insgesamt zur Disposition gestellt

HP prüft die “Neuorientierung” (u.a. auch Verkauf oder Börsengang) der PC-Sparte (PSG), dieser Prozess soll innerhalb von 12-18 Monaten abgeschlossen sein. Explizit wird nicht angekündigt, den PC-Bereich zu verkaufen, sondern die Alternativen zu prüfen. HP ist Marktführer in diesem Bereich und insgesamt einer von höchstens drei bis vier ernstzunehmenden Anbietern im PC-Geschäft für Unternehmen. Auch wenn dieses Geschäft vermeintlich margenschwach ist, stellt es in vielfacher Hinsicht ein extrem wichtiges Standbein des HP-Gesamtgeschäftes dar. Der Vergleich mit IBM hinkt – IBM war nie so stark wie HP in diesem Segment und erreichte mit dem Lenovo-Deal auch den wichtigen Eintritt ins Servicegeschäft in China. In dieser Form ein nicht nachvollziehbarer Schritt von HP.

Akquisition der Autonomy Corp.

HP beabsichtigt die Übernahme von Autonomy für zirka 10 Milliarden Dollar. Die (sehr schnell wachsenden und sehr profitablen) Umsätze von Autonomie betragen ca. 1 Milliarde Dollar p.a., der Börsenwert vor der Bekanntgabe des HP-Interesses ca. 5 Milliarden Dollar. Autonomy ist sicher kein schlechtes Unternehmen, bringt HP aber kaum weiter und Enterprise Search ist aktuell auch nicht unbedingt das Hype-Thema am Markt. Im Rahmen der Software-Strategie nachvollziehbar, aber deutlich zu teuer.

Kommunikation der Strategie

Kann man die vorgehenden Ankündigungen noch in gewisser Weise nachvollziehen, so muss man die Kommunikation von HP/Apotheker als absolute Katastrophe bezeichnen. Vor fünf Monaten wurde WebOS als Baustein der Zukunftsstrategie ausgelobt, jetzt ohne jede Vorwarnung abgekündigt. Noch schlimmer ist die Disposition der PC-Sparte mit einem Volumen von immerhin 30 Milliarden Dollar. Wenn man diese verkaufen möchte, dann kündigt man das nicht in der Öffentlichkeit an, verunsichert Kunden und Partner und reduziert den Marktwert damit um mehrere Milliarden Dollar. Dass HP es wesentlich besser kann, haben sie z.B. bei der EDS-Übernahme gezeigt.

Insgesamt kann man diese Ankündigungen zwar als konsequent bezeichnen, keineswegs aber als intelligent. Die Akquisition von Autonomy brächte HP kaum voran und wäre viel zu teuer, der Verkauf des PC-Geschäftes würde HP ein Drittel des Gesamtumsatzes kosten und auch bei den Mitarbeitern zu massiven Protesten führen.

Die Anwender und Partner fragen uns nach der tatsächlichen strategischen Ausrichtung von HP und damit den Konsequenzen für die Geschäftsbeziehung und den sich daraus ergebenden eigenen Maßnahmen. Die Kernfrage ist dabei “Sollen wir überhaupt noch HP PCs und Notebooks kaufen/verkaufen oder müssen wir uns kurzfristig umorientieren?”

Die Experton Group-Antwort mag überraschen: “Warten Sie die nächsten drei bis sechs Monate ab und verfolgen Sie die Entwicklung bei HP genau. Geben Sie als Kunde HP auch ein offizielles Feedback, was Sie von dieser Strategie halten.”

Diese Ankündigungen passen in vielfältiger Hinsicht nicht zur Unternehmensstrategie und Business-Ethik von HP und werden daher sicher noch einer intensiven internen Diskussion und Entscheidungsfindung unterworfen. Es ist dabei auch zu wünschen, dass sich HP auf seine technologische Innovationskraft besinnt und diese auch für Clients und Tablets einsetzt. Wir sehen eine große Chance, dass wesentliche Teile der Ankündigung nicht in der derzeit diskutierten Form realisiert oder sogar zurückgenommen werden. Dies wäre gut für HP, die Kunden und Partner – würde aber sicher zu Veränderungen an der Unternehmensspitze führen.