Verfassungsbeschwerde soll Vorratsdatenspeicherung stoppen

Das zu Jahresbeginn in Kraft getretene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten stößt bei Opposition und Datenschützern auf verschärfte Kritik.

Mit der größten Verfassungsbeschwerde in der deutschen Geschichte wollen rund 30.000 Bürger das neue Gesetz zur massenhaften Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten zu Fall bringen. Initiiert hatte die Verfassungsbeschwerde der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Nachdem das von CDU, CSU und SPD beschlossene Gesetz zur Protokollierung der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist, hat der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik am 31. Dezember 2007 die Verfassungsbeschwerde gegen die Datensammlung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. In der über 150-seitigen langen Beschwerdeschrift wurde zudem beantragt, die Datensammlung wegen “offensichtlicher Verfassungswidrigkeit” durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen.

Starostik äußerte sich zuversichtlich, dass die Beschwerde Erfolg haben wird. “Die verdachtslose Überwachung, so wie sie der Gesetzgeber nun vorsieht, muss das Bundesverfassungsgericht eigentlich ablehnen”, so Starostik. Es wird erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht seine Vorgaben zur Online-Durchsuchung im ersten Quartal 2008 bekannt gibt. 

Das Gesetz zur Datenvorratsspeicherung wurde im November gegen den Widerstand der Opposition von der großen Koalition verabschiedet. Begründet wird die Neuregelung mit der Sorge vor neuen Terroranschlägen. Die Bundesregierung setzt damit eine Richtlinie der Europäischen Union (EU) um.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2008 werden von nun an die Telefon- und Internetdaten aller Bundesbürger für Ermittlungszwecke gespeichert. Die Telekommunikationsunternehmen seien verpflichtet die Verbindungsdaten von Mobil- und Festnetztelefonen und dem Internet zu sammeln und ein halbes Jahr lang zu speichern. Für die Abfrage der Verbindungsdaten von den Unternehmen ist jedoch eine richterliche Genehmigung erforderlich. Einen absoluten Schutz vor der Datenüberwachung haben nur Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete.

Auch die Politiker sind sich bei dem neuem Gesetz nicht einig. Der Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) hatte das Gesetz als verfassungswidrig kritisiert. Solm schloss sich der Klägergemeinschaft an. “Dieses Gesetz ist ein unzulässiger Eingriff in unsere Rechte. Es stellt alle Bürger des Landes unter Verdacht”, sagte Solms gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Auch der Justizminister von Baden-Württemberg Ulrich Groll (FDP) lehnt das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ab. Für ihn machen die Online-Durchsuchungen keinen Sinn, denn “Verbrecher müssen überhaupt nicht mehr ihre eigenen Computer nutzen, um sich auszutauschen. Sie wählen sich einfach über WLAN in fremde PCs ein”, so Groll gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Der SPD-Fraktionschef Peter Struck (SPD) sagte in einem Interview mit dem Magazin ‘Stern’, dass er für die Online-Durchsuchung ist, wenn rechtsstaatliche Bedingungen wie erhebliche Verdachtsmomente und Richtervorbehalt eingehalten würden. 

Am letzen Tag des Jahres fanden auch noch Demonstrationen gegen das neue Gesetz statt. In Hamburg wurde um die verlorene Privatsphäre der Bürger in Deutschland getrauert. Ein Trauerzug trug einen Sarg als Symbol für den Verlust von Privatsphäre, Grund- und Bürgerrechten durch die Innenstadt. In Hannover kam es sogar zu Ausschreitungen bei der elf Menschen wegen Landfriedensbruch festgenommen wurden. Die Teilnehmer hatten mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörper geworfen.