Ralf Paschen

Ralf Paschen ist Business Automation Executive bei Automic Software GmbH. Der leidenschaftliche Motorradfahrer lebt nach dem Motto "Was nicht passt, wird passend gemacht - und was dann immer noch nicht passt, wird auch nicht gemacht".

“57 – 80 – 48” oder: Das Automatisierungsdilemma

Ralf Paschen, silicon.de-Blogger und Fachman für Business-Automatisierung, stellt fest, dass in der IT-Landschaft heute häufig Geld für Infrastruktur ausgegeben wird, ohne, dass dabei das Unternehmen am Ende finanziell profitiert. Aber wie er eindrucksvoll darlegen kann, ist das offenbar nicht das Problem einer Minderheit, sondern bei einem Großteil der Unternehmen der Fall.

Traummaße hören sich anders an, soviel ist klar. Auch in der IT. “57 – 80 – 48” ist heute aber in vielen Unternehmen der Grund, wieso die vorhandenen Ressourcen und Mittel gerade einmal ausreichen, den Betrieb am Laufen zu halten. 57 – 80 – 48 ist die Erklärung, wieso heute kaum eine IT-Abteilung mehr in der Lage ist, innovative Technologie einzuführen, mit der die Organisation wirtschaftlicher agieren und ihre Position verbessern kann. Und das behaupte nicht ich als Blogger oder mein Arbeitgeber Automic, das ist das Ergebnis aufwendiger Analysen von Gartner, Forbes und Forrester.

Gartner und die 57

In einem 2013 veröffentlichten CIO Agenda Report mit dem Titel “Hunting and Harvesting in a Digital World” stellen die Analysten von Gartner fest, dass in den letzten zehn Jahren in vor allem knappe Budgets, begrenzte Innovationen, Kosteneinsparungen, Outsourcing und Kontrollmöglichkeiten die IT-Ausgaben der CIOs bestimmt haben. Aber mittlerweile haben digitale Technologien wie Mobile, Big Data, Cloud oder Social einen Punkt erreicht, an dem sie das IT-Geschäft und den technischen Kontext verändern. Das hat zur Folge, dass 57 Prozent der Ausgaben für IT heute praktisch keinen Mehrwert für ein Unternehmen bringen.

Forbes und die 80

Die Webseite des amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes hat kürzlich einen Beitrag veröffentlicht, der CIOs vor einer Zeitbombe in ihren IT-Budgets warnt. Erkenntnissen von Forbes zufolge werden bis zu 80 Prozent des gesamten IT-Budgets für “Old Stuff” aufgewendet, der wenig bis keine wichtigen Erkenntnisse liefert und den Kunden nichts bringt.

Forrester und die 48

Forrester hat im Auftrag von Automic im vergangenen Jahr eine Studie über den Stand der Automatisierung in Unternehmen erstellt und kam dabei zu erstaunlichen bis erschreckenden Resultaten: Nahezu alle IT-Abteilungen haben heute mit ineffizienten Prozessen zu kämpfen. Gleichzeitig wächst die Komplexität der Technik und die Budgets und Teamstärke nehmen ab. Als Reaktion auf diese Entwicklung wurde immer wieder versucht, einzelne Probleme mit verschiedenen Tools zu lösen – mit begrenztem Erfolg. Eher stellten sich diese Einzelmaßnahmen im Nachhinein sogar als kontraproduktiv heraus, da die Verwaltung der zahlreichen Managementwerkzeuge die Komplexität wiederum vergrößert anstatt sie zu reduzieren. Auf die Frage “Wie viele Managementtools werden benötigt, um den gesamten IT-Stack für den wichtigsten Geschäftsprozess zu unterstützen?” kam heraus, dass 48 Prozent elf oder mehr Managementtools im Einsatz haben.

Mit Automatisierung aus dem Dilemma

Fassen wir die Ergebnisse einmal zusammen: 80 Prozent der IT-Budgets werden für “Old Stuff” ausgegeben, auf Deutsch heißt das, um die Technik am Laufen zu halten. 57 Prozent der Ausgaben bringen den Unternehmen keinen Mehrwert. Und 48 Prozent der Unternehmen bekämpfen ihre Hilflosigkeit punktuell mit Tools – das erinnert doch stark an den Kampf von Don Quichotte gegen die Windmühlen.

Automatisierung ist die richtige Antwort, aber nur ein zentraler Ansatz, der Anwendungen, Infrastruktur und Geschäftsprozesse abdeckt, kann die Probleme der CIOs und IT-Abteilungen wirklich lösen. Automatische Prozesse entlasten die Mitarbeiter von Routineaufgaben, schonen das Budget und sorgen für erheblich weniger Fehler. Und sie schaffen Freiräume für Kreativität und bringen dadurch Innovationen zurück ins Unternehmen.



  1. Interessante Zahlen – aber ist die Lösung tatsächlich noch mehr Automatisierung?
    Insbesondere wenn dazu nur ein zentraler Ansatz die Lösung bringt.
    Häufig bringt weniger mehr.
    Also aufräumen und entmisten, vielleicht sogar mehr dezentrale Autonomie zulassen statt alles zu zentralieren.
    Schlankere Prozesse und weniger Automatismen lassen Unternehmen besser atmen.
    Zugegeben, gewisse Automatisierungen helfen, aber nur wenn vorher aufgeräumt wird und alte Zöpfe abgeschnitten werden.

    1. Vielen Dank für den Kommentar und tatsächlich ist nicht noch mehr Automatisierung die Lösung sondern die richtige Automatisierung.

      Diese sollte zentral erfolgen da Geschäftsprozesse in seltenen Fällen dezentral ablaufen. D.h. Die Unternehmen setzen verschiedene Tools ein um eine Automatisierung zu erreichen (dezentraler Ansatz), aus Gründen von Politik (alte Zöpfe), Historie, Legacy Applikationen, M&A, etc. Letztendlich hat der Verantwortliche im Business oder der CxO keine Kontrolle und keine Sicht darüber wie denn nun der Prozess wirklich abläuft.

      Diese Personen tragen aber trotzdem die Verantwortung. Das zeigen mehrere Beispiele in 2012 wie Knight Capital, Royal Bank of Scotland oder vor kurzem Goldman Sachs. Zentrale Prozessteuerung für kritische Geschäftsprozesse (Business), Releaseprozesse (Applikation), oder auch Infrastrukturprozesse (Infrastruktur) sollten zentral automatisiert werden.

      Dezentrale Automation macht in den Bereichen Sinn wo ein zentralistischer Ansatz keinen Mehrwert bringt. Wir reden hier noch nicht von neuen Technologien die vom Business gefordert werden und umgesetzt werden muss von der IT. Im Regelfall wieder als Insellösung und damit ausserhalb der Kontrolle und Sichtbarkeit des Unternehmensprozesses. Diese müssen aber ebenfalls in einen zentralen Unternehmensprozess integriert werden.

      Meine Erfahrung zeigt auch dass bei Konsolidierungsprojekten bzw. Migrationsprojekten genug Volumen für Optimierung für Verschlankung der Prozesse vorhanden sind. Ob der Kunde tatsächlich das Optimierungspotential nutzen kann und möchte, ist abhängig von der Grösse des Kunden und die vorhandene Bereitschaft für so ein langes und grosses Projekt.