IBMs Projekt Liberate – Volle Kraft voraus gegen Microsoft

Um es gleich vorweg zu nehmen: IBMs Projekt Liberate ist nicht taufrisch. Das Projektteam von IBM arbeitet daran schon seit einigen Quartalen. Es hilft Unternehmen dabei, bei notwendigen Neuabschlüssen Enterprise Lizenzen zu verstehen und dabei Lizenzkosten für Microsoft-Produkte zu sparen. IBM bietet diese Dienstleistung sogar ohne Kosten an und stellt Anwendern Einsparungen bis zu 40 Prozent der Lizenzkosten in Aussicht.

Mit diesem Angebot wird klar, auf wen sich IBM wirklich konkurrenzmäßig konzentriert. Nach dem Verkauf der PC-Sparte an Lenovo gibt es aus IBM-Sicht auch keinen wirklichen Grund mehr eine “Co-Opetition-Strategie” mit Microsoft zu verfolgen. Die gemeinsamen Interessen haben ein derartig geringes Niveau erreicht, dass IBM Microsoft offen angreift, ohne befürchten zu müssen, dass Microsoft wirklich die technischen Mittel hat, sich effektiv zur Wehr zu setzen. Auf diesen Moment hat eine ganze Generation von IBMlern gewartet, nachdem sich IBM Mitte/Ende der 80iger Jahre gegenüber Microsoft im Kampf OS/2 gegen Windows so unsäglich blamiert hatte.

20 Jahre später fängt das Blatt sich an zu wenden. IBM versucht mit einer Reihe weiterer Initiativen, Microsoft zu bedrängen. Sicher zu nennen sind in diesem Zusammenhang das starke Linux-Engagement und die massiv verstärkten Aktivitäten in Bezug auf Lotus Notes sowie Open Office. IBM gelingt es zunehmend besser, Anwendern Alternativen zu Microsofts Produkten aufzuzeigen.

Weiteres Engagement in Social Software und Web-2.0-Technologien runden das Bild ab. Darüber hinaus engangiert sich IBM stark bei einer Initiative beim US-Patentamt, die die Regeln für Patente auf Geschäftsmethoden und Software zu verschärfen versucht. Auch das trifft Microsoft, da das Unternehmen praktisch nur in diesem Bereich (Software und Geschäftsprozesse) aktiv ist. IBM wird anderseits durch sein starkes Engagement in der Grundlagentechnologieforschung und der Hardware-nahen Entwicklung die Nase bei Patentneuanmeldungen weiterhin vorn behalten können.

Fazit: IBM greift Microsoft aus einer Position der Stärke in Zeiten knapper Budgets an, in denen Unternehmen für jeden Kosteneinsparungs-Vorschlag bei vermeintlichen Commodity-Produkten wie Betriebssystemen und Office-Anwendungen voll empfänglich sind.